Dort liegt das Wesen, Kalliope genannt, auf einem samtigen Kanapee.
Selbstbewusst. Voller Achtung vor ihr selbst.
Sie liegt und sieht dabei wunderschön aus, umhüllt von einem golden schimmernden Stoff. Sie ist perfekt, wie könnte sie auch nicht? Schließlich kann ein Wesen, von allen Göttern des Universums erschaffen, gar nicht anders, als wunderschön zu sein.
Die Perfektion umgibt sie regelrecht, nichts vergleichbares könnte es gegen diese schöpferische Schönheit aufnehmen und doch, tief in ihrem Innern, verzerrt sich ein Stück dieser absoluten Schönheit und verspürt den Drang nach mehr.
Genau definieren kann sie es nicht, doch sie weiß, dass es mehr gibt, als ihr zur Offenbarung zusteht. Sie empfindet mehr, als für sie vorbestimmt ist.
Ihr hauchzarter Blick wandert durch den großen, weiß-goldenen Raum. Betrachtet die hohen römischen Säulen, die zarten Gewänder anderer Wesen, die ihrer ähnlich sind. Jedes dieser unbeschreiblich einzigartigen Wesen beginnt in diesem Moment sein Leben, mit der einzigen Bestimmung, einen gewünschten Zweck zu erfüllen.
Kalliope versucht sich zu erheben, denn etwas in ihr möchte diesen samtigen Sessel verlassen und von hier verschwinden, doch es sind unsichtbare Ketten, die sie davon abhalten. Sie versteht nicht , was das alles zu bedeuten hat, weder weiß sie, was als Nächstes mit ihr geschieht.
Sie schaut sich hilfesuchend um, doch keines der anderen Wesen versucht aufzustehen oder macht den Anschein, fliehen zu wollen.
Wieso also verspürt ausgerechnet sie den Drang zu fliehen?
Wieso fühlt sich dieser helle, fröhliche Tempel nicht wie eine warme Heimat an? Die Sonnenstrahlen fallen in die große, geschmückte Halle und doch ist ihr kalt. Eiskalt sogar.
Kalliope versucht sich erneut loszureißen und das sorgt für Aufmerksamkeit. Alle anderen Anwesenden schweigen ganz plötzlich und eine ungewohnte Stille breitet sich wie eine Sintflut in dem uralten Gemäuer aus.
Auf einmal beginnen die Säulen zu wackeln, der Boden zu beben, ein schneller dunkler Schatten huscht durch den großen Tempel und verwandelt sich geschwind in eine Frau, die in ein mächtiges, rotes Gewand gehüllt ist. Ihr langes, rabenschwarzes Haar, könnte man selbst mit der dunkelsten Nacht nicht messen.
Sie schreitet geradewegs auf Kalliope zu, mit festem Schritt und ebenso fester Miene.
„Was wird das? Verrate mir, was versuchst du damit zu bezwecken?!" Ein böser Blick, gerichtet an ein friedliches Wesen, das bis vor ein paar Augenblicken, nicht mal wusste, was man unter einem ˋbösen Blick' versteht. Nun ist es Kalliope klar und ihr Mund wird staubtrocken.
„Ich-...", sie bringt kein weiteres Wort über die rosaroten Lippen und spürt ein schmerzliches Ziehen in ihrem Brustkorb. Sie möchte sich die Hand dagegenhalten, doch diese verharrt an Ort und Stelle.
„Spürst du diesen sanften, lieblichen Schmerz?" Fragt die finstere Dame und umfasst rau Kalliopes taube Hand. Der Schmerz ist wie ein feines Messer, das sich langsam durch die Haut arbeitet und dem Herzen einen tiefen Schnitt verpassen will.
„Ja, doch verraten Sie mir, was ist das für ein Schmerz?" Kalliope, gerade erst im Zentrum des Universums erschaffen, kannte solch ein bedrückendes Empfinden noch gar nicht und jetzt wünscht sie sich, dass es dabei geblieben wäre.
„Dieser Schmerz soll dich daran erinnern, wem du gehörst und was dir widerfährt, solltest du noch einmal versuchen, die unsichtbaren Ketten deiner unausweichlichen Pflichten brechen zu wollen." Diese blutroten Augen brennen voller Zorn, noch ein Gefühl, dem Kalliope zum ersten Mal begegnet und auf das sie gerne verzichten könnte.
„Was meinen Sie damit?" Fragt sie schüchtern diese fremde Frau und ehe sie sich versieht, fallen ihre Augen zu und ihr Körper verfällt in eine unbeschreiblich durch und durch kalte Dunkelheit.
/Was sagt ihr zum Kapitel? Gerne voten 🪷
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passione oscura
Chick-Lit❗️18+ forced marriage/ Die Hure eines Fanatikers. Wir schreiben das Jahr 1056 nach Christus, Kalliope, die Muse der epischen Dichtung, wurde erschaffen für den einzigen Mann, dessen Seele noch dunkler als der Tod ist. Adriano Agostino, der unehelic...