Ankunft

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"Nola!", rief ihre Mutter energisch. Nola war eine junge Hexe, die heute ihren 6. Geburtstag feiern würde. In einem pechschwarzen Kleid, schwarzen Stiefeln und einem zu großen Hut gekleidet, durchdrang die aufdringliche und strenge Stimme ihrer Mutter das Zimmer.

Eingeschüchtert zuckte sie zusammen. Eigentlich war alles gepackt. Ihr Koffer stand bereits in der Ecke.

Müde streckte sich die kleine Hexe, strich sich ihre lila farbenen Haare hinter die Ohren und rannte gehetzt die Treppe hinunter. Moon, ihr kleiner Begleiter, ein Wolf-Welpe, begrüßte sie aufgeregt.

Sie streckte die Hand aus, streichelte den Welpen und lächelte. "JETZT KOMM ENDLICH, DU VERZOGENE GÖRE! DU KOMMST NOCH ZU SPÄT!!!" Die Schreie von Nolas Mutter waren jetzt noch durchdringender und schroffer.

Nola hob ihren Wolf hoch, setzte ihn auf ihren Koffer und eilte zum Auto.

Im Auto, während Moon auf ihrem Schoß ruhte, durchdrangen die vorwurfsvollen Worte ihrer Mutter den Raum. "Nola, du hättest wirklich pünktlicher sein müssen! Diese Unzuverlässigkeit ist unerträglich", schimpfte ihre Mutter, während sie den Blick starr auf die Straße richtete.

Nola, mit einem traurigen Blick aus dem Fenster gerichtet, antwortete leise: "Es tut mir leid, Mutter. Ich wollte wirklich pünktlich da sein."

"Pünktlich? Du wirst auf ein Internat geschickt, das deine Schwester besucht hat. Sie hat sich immer perfekt benommen. Warum kannst du nicht genauso sein?" Ihre Mutter seufzte und fuhr fort: "Ich bin froh, dass du endlich auf dieses Internat gehst. Hoffentlich lernst du dort etwas über Disziplin und kehrst wieder, wenn du dir einen Job gesucht hast und aus dir etwas vernünftiges geworden ist. Du kannst froh sein, dass du dort überhaupt angenommen wurdest!"

Nola wandte den Blick von der Fensterscheibe ab, um ihre Mutter anzusehen. "Aber Mutter, ich..."

Ihre Mutter rollte mit den Augen. "Weißt du was? Ich hab die Hoffnung in dich schon lange aufgegeben. Sieh zu, dass du leise bist und deinen Mund hälst.. das gilt auch für die Autofahrt!", nach einer kurzen Pause fügte sie noch schnell: "Deine Schwester war immer so viel vernünftiger.", hinzu.

Während Nola schwieg, spürte sie eine Mischung aus Nervosität und Aufregung für das, was vor ihr lag. //Ich werde dir schon beweisen, dass ich besser bin als du und gut auf dich verzichten kann!!//, dachte sie und tätschelte den Kopf ihres Welpen.

Die Mutter seufzte erneut und sagte schließlich: "Deine Schwester konnte wenigstens auf sich selbst aufpassen. Vielleicht wirst du auf dem Internat lernen mal ein Blatt vor deinen Mund zu nehmen und deine Gedanken zu kontrollieren!"

In angespanntem Schweigen setzten sie die Fahrt fort. Der Nebel draußen vor dem Auto schien dichter zu werden, und die Umgebung verschwamm in einer undurchdringlichen Dunkelheit. Die Mutter, nachdenklich, fixierte die Straße, während Nola den Atem anhielt, als ob sie erwartete, dass die Schwere des Nebels sie erdrücken würde.

Plötzlich, als ob der Nebel selbst eine eigene Dramaturgie hätte, verdichtete er sich zu einer fast undurchsichtigen Dunkelheit. Die Sicht wurde minimal, und die Silhouetten der Bäume und Hügel verschwammen zu bedrohlichen Formen.

Doch dann, ebenso unerwartet wie zuvor, lichtete sich der Nebel wieder. Nicht, dass er verschwand, aber er legte sich zu einer gespenstischen Klarheit, die die Umrisse der Landschaft vor ihnen wieder erkennen ließ.

Und dort, vor ihren Augen, hob sich aus dem Nebel eine alte, fast zerfallene, doch majestätische Burg empor. Ihre düsteren Türme und verwitterten Mauern trugen die Spuren vergangener Jahrhunderte. Ein Ort von Geschichten und Geheimnissen, der das Internat beherbergte. Nola blickte fasziniert auf die imposante Erscheinung, während ihre Mutter die Augen zusammenkniff und die Hand fester am Lenkrad hielt. Ein neues Kapitel begann vor den Toren dieser alten Burg.

Von ihrer Mutter zurück gelassen stolzierte Nola, gefolgt von ihrem Begleiter durch die Tür. Es war kühl und unheimlich. Vor ihr befand sich eine Tür mit der Aufschrift "Direktoriat". Es fühlte sich falsch an hier zu sein, hatte die Hexe noch gedacht und drückte die Türklinke nach unten. Sie war sehr nervös und aufgeregt. War das etwa ihre neue Schule? Natürlich hatte sie sich alles, nur kein Geisterhaus vorgestellt.

Als Nola die Tür öffnete, stolperte sie in ein Büro, das eher nach dem hektischen Treiben einer chaotischen Papierschlacht aussah. Inmitten des Papierstapels und der Aktenberge stand ein Vampir mit einem leicht genervten Gesichtsausdruck. Seine bleiche Haut schien einen Hauch von Bürolicht zu reflektieren.

"Verflixte Büroarbeit! Jeden Tag dasselbe!", murrte der Vampir, während er Akten sortierte und Tinte verschüttete. Seine spitzen Eckzähne schimmerten bei jedem Seufzer auf, als ob sie ebenfalls genug von der administrativen Vampirroutine hätten.

Nola starrte den Vampir verblüfft an und fragte schließlich: "B-bin ich hier richtig?" Der Vampir, der sich anscheinend in der Büroarbeit verfangen hatte, richtete sich auf und strich sich durch die zerzausten Haare.

"Ah, du musst Nola sein, richtig? Ich bin Vladimir, der Direktor. Willkommen im Internat Nebel", verkündete er mit einer formellen Verbeugung. Sein dunkles Haar umrahmte sein bleiches Gesicht, und seine Augen hatten einen intensiven Glanz.

Vladimir überreichte Nola einen uralten Zimmerschlüssel, der aussah als hätte man ihn jahrhunderte nicht mehr geöffnet und Schulbücher, die eher nach verzauberten Geschichten aussahen als nach trockener Theorie. "Möge dein Abenteuer im Nebel beginnen, Nola. Hier lernst du nicht nur das Übliche, sondern auch die feine Kunst der Magie", fügte er mit einem leicht ironischen Lächeln hinzu.

Nola konnte nicht anders als Vladimir einfach stumm anzuschauen, während Moon den Direktor mit neugierigen Augen betrachtete. //Der Typ hat doch einen Vogel//, hörte sie Moon denken, da Nola die Fähigkeit besaß Gedanken zu lesen und sie auf verschiedene Art zu manipulieren.

Nola und das Internat im NebelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt