Der letzte Funke

Freigeist

„ich habe das jetzt lange genug mitgemacht!" schrie die junge Frau durch die Wohnung. Schon wieder ein Streit, schon wieder Meinungsverschiedenheiten. Schon wieder diese Selbstzweifel! „Du musst dich einfach mal auf die wesentlichen Dinge konzentrieren! Was ist dir wirklich wichtig?" fragte der erboste Partner und richtete seinen Finger auf das eingeschüchterte Mädchen. Sie schüttelte nur mit dem Kopf und verließ den Raum. Von allem überfordert, stürmte sie in das Nebenzimmer und schloss die Türe hinter sich. „Einfach mal alles vergessen. Nur für einen Moment!" murmelte sie und ließ sich an der Wand auf den Boden sacken. Er hatte schon lange das Interesse an ihrer mentalen Gesundheit verloren und das ließ er sie auch regelmäßig spüren. Kaum war sie aus dem Zimmer verschwunden, ging er seinen Dingen wieder nach, so als würde seine Freundin nicht existieren. Hauptsache seine Ruhe haben, der Rest war egal. So stand die am Boden zerstörte Frau auf und lief noch etwas im Raum umher. „Es reicht jetzt... ich kann nicht." Murmelte sie wieder. Sie verließ das Zimmer und ging zu ihrem Partner zurück. Sie setzte sich einfach neben ihn und beobachtete sein egoistisches Verhalten. Seit Wochen musterte sie ihn, um mit jeder Sekunde festzustellen, wie selbst bezogen er eigentlich war. Langsam wieder gefasst, setzte sich die junge Frau ihre Kopfhörer auf, schaltete ihre Lieblingsmusik ein und schloss ihre Augen. Für einen kurzen Moment konnte sie das denken, sich das vorstellen, was sie wollte. Sie konnte ihren Fantasien freien Lauf lassen, ohne dass jemand dazwischenstand. Es wurde mit der Zeit wie ein Bann, diese kurzen Momente gaben dem Mädchen wieder Kraft, wieder Hoffnung, vielleicht doch irgendwann wieder wunschlos glücklich zu sein. Als sie ihre Augen wieder öffnete, wurde sie schnell aus ihrer Trance gerissen. Sie setzte einen Kopfhörer ab und blickte ihren Partner an. „alles okay?" fragte er mit ruhiger Stimme. Die junge Frau lächelte ihn an. „na klar." Gab sie als Antwort. Sichtlich verunsichert schaute sie der Kerl an und wand mit einem leicht genervten „okay" seinen Blick von ihr ab. Unbeeindruckt von der Situation setzte die Frau ihren Kopfhörer wieder auf und nahm ihr Handy in die Hand. Sie lächelte und legte es wieder beiseite. „es wird alles gut, das weiß ich." Sagte sie zu sich selbst. Einige Zeit später lagen die beiden im Bett und alles war wie immer, aufeinander Acht gab man schon lange nicht mehr. Außer das nebeneinander einschlafen verband die beiden rein gar nichts mehr. Von dem Alltag gelangweilt, sank die junge Frau nach einiger Zeit in den Schlaf, mit dem Gedanken, dass am nächsten Tag alles wie immer sein wird. Am nächsten Tag sollte sich aber alles ändern. Das war der Morgen, an dem sich die junge Frau endlich wieder für sich selbst entschied. „dann hat das doch hier eh keinen Sinn mehr." Das war der Satz, mit dem sie alles brach. Mit dem sie die Bindung brach, unter der sie seit so vielen Monaten gelitten hatte. Ab diesem Moment gehörte sie wieder sich selbst. Man konnte es in ihren Augen sehen.

Freiheit. Was ist Freiheit? Jeder definiert Freiheit anders. Manchmal ist es die Ungebundenheit, das Gefühl sich nichts und niemandem anpassen zu müssen, man selbst sein zu können und auch Menschen an seiner Seite zu haben, die einen vollkommen unterstützen. Egal, wie viele Fehler man gemacht hat. Aber oft ist es auch eine Form des allein seins, ein ich sitze hier und mache das, was ich will, Ding. Jeder definiert seine Art von Freiheit selbst. Und ihre war es unabhängig zu sein, sich als Frau nie wieder unterkriegen zu lassen. Manchmal ist es dieser eine Schritt, der uns hilft, dass ganze Leben zu ändern. Geh ihn! Besser früher als später!

Erleichterung machte dich in der jungen Frau breit und sie hatte schon lange nicht mehr das Gefühl so durchatmen zu können, wie in diesem Moment. Alles hatte sich verändert, ganz plötzlich, schlagartig. Aber so schnell musste es auch gehen. Mit Blick nach vorn, stieg sie in ihr Auto und wusste, dass jetzt der Zeitpunkt kam, weiterzumachen.