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»Tut mir echt leid, dass ich dich so früh angerufen habe ...« Sascha schaut mich entschuldigend an, doch ich winke ab.

»Schon okay«, antworte ich und lächle ihn an. »Freunde sind füreinander da – das hast du selbst gesagt.« Außerdem bin ich ihm wirklich dankbar für seinen Anruf; er hat keine Ahnung, wie sehr er mir damit geholfen hat. Aber darüber will ich aktuell nicht nachdenken. »Wie gehts deiner Oma denn jetzt?«

»Besser ...«, murmelt er und schlägt fast auf das Fleisch ein, das er eigentlich nur klopfen soll. »So gut, dass sie wieder genug Luft hat, um zu schimpfen.«

»Das klingt ganz nach ihr.«

»Ja ... sie ist total sauer, dass ich sie ins Krankenhaus gebracht habe.«

Seine Stimme klingt niedergeschlagen und als ich ihn anschaue, sehe ich seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst und seine Schultern hängen tief. Ich kann verstehen, dass er mit sich hadert, besonders nach unserem letzten Gespräch. Aber jetzt ist die Situation ganz anders.

»Hey ...« Ich gehe zu ihm und lege eine Hand auf seine Schulter. »Du hast das Richtige getan. Du bist kein Arzt und hast dir Sorgen gemacht. Da ist der Weg ins Krankenhaus völlig normal. Deine Oma wird das verstehen.«

Ohne Vorwarnung ziehe ich ihn in eine Umarmung und hoffe, dass es ihm genauso guttut wie mir, wenn er mich in den Arm nimmt. Mir ist klar, dass er eigentlich gar nicht hier sein will. Er ist es nur, weil Manja über Nacht im Krankenhaus bleiben muss.

Sascha umarmt mich zurück und drückt mich kurz, aber fest an sich. »Hoffentlich ...«, murmelt er leise. »Und danke.« Sein Lächeln sieht zwar immer noch gequält aus, aber es ist ein kleines bisschen besser als vorher.

»Kein Ding.« Erst als ich das sage, merke ich, dass ich die Worte von David übernommen habe. Irritiert schüttele ich den Kopf und bin erleichtert, dass Sascha es nicht bemerkt hat.

»Ich bin nur froh, dass ich nicht mit Vero getauscht habe ...« Er geht zum Waschbecken und lässt Wasser laufen. »Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich nicht da gewesen wäre ...« Während er sich die Hände wäscht, schnaubt er ungeduldig. »Auch wenn Vero echt sauer auf mich ist ...«

»Weißt du denn inzwischen, warum sie tauschen wollte? Vielleicht hatte sie einen ... wichtigen Grund?« Das würde mich zwar wundern, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Wieder schnaubt er und dreht den Wasserhahn zu. Als er sich zu mir umdreht, seufzt er leise. »Ein Date.«

»Oh ...« Mehr kann ich nicht sagen. Was sollte ich auch? Man sieht Sascha an, dass ihn das trifft, auch wenn er versucht, es zu überspielen. Ehrlich gesagt wünsche ich ihm, dass er endlich über sie hinwegkommt. Aber Vero macht es ihm mit ihrem Hin und Her auch nicht gerade leicht. Wie soll man da durchblicken?

Brummend kehrt Sascha an seinen Arbeitsplatz zurück und schlägt wieder auf das Fleisch ein – so heftig, dass ich bei jedem Schlag zusammenzucke.

»Sachte, Sascha«, murmele ich. »Die meisten unserer Gäste haben noch Zähne.«

Er hält inne, schaut runter und schürzt die Lippen. »So ein Mist ...«, flucht er leise und schüttelt dann den Kopf. »Kannst du mir einen Gefallen tun, Pchela?«

»Klar! Was brauchst du?«

»Lenk mich ab. Erzähl mir irgendwas ...«

»Ähm ... was willst du wissen?«

»Hm ...« Er hebt den Kopf und sieht mich an. In seinen Augen blitzt etwas auf und zeigt mir, dass ich mit meiner Frage einen Fehler gemacht habe. »Was hast du so früh im Park gemacht?«

Because you always meet twiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt