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»Was war das gerade?«

Sascha, der etwa zehn Minuten nach mir in die Küche kommt, mustert mich neugierig. Ich werfe ihm nur einen flüchtigen Blick zu und konzentriere mich wieder auf das Gemüse, das ich schneide.

»Komm schon, Pchela. Rede mit mir.«

Er tritt näher, doch ich schüttele den Kopf. »Lass mich in Ruhe.« Anstatt meinen Wunsch zu respektieren, greift er nach meinen Schultern und dreht mich zu sich um. Wütend schaue ich ihn an. »Dir ist klar, dass ich ein Messer in der Hand habe?« Leider scheint das seine Wirkung zu verfehlen.

Sascha grinst und nickt. »Schon, aber ich glaube nicht, dass du mir etwas tust.«

»Sei dir da mal nicht so sicher ...«

»Dafür bist du viel zu lieb. Du bellst, aber beißt nicht.« Wieder macht er deutlich, dass ich viel zu schwach bin – doch das stimmt nicht!

»Ich kann mich sehr wohl wehren! Nur zur Info: Ich habe Felix rausgeworfen, nicht umgekehrt!« Als mir bewusst wird, was mir da rausgerutscht ist, senke ich den Blick und presse die Lippen zusammen. So ein Mist! Ehrlichkeit währt zwar am längsten, aber Sascha denkt eh schon schlecht von Felix.

Und wie denke ich eigentlich über ihn? Das ist schwer zu definieren. Jedes Mal, wenn ich an ihn denke, fühlt es sich an wie eine klaffende Wunde – sie wird mit jedem Tag größer und entzündet sich bei jedem Treffen mehr.

»Hast du dich wieder mit ihm gestritten?«, flüstert Sascha leise, als hätte er Sorge, mich zu verschrecken. Ich nicke langsam, obwohl ›Streit‹ nicht mal ansatzweise der richtige Ausdruck dafür ist. Er zieht mich in seine Arme. »Ich sag's ja: Du bist viel zu lieb.«

»Mir das immer wieder um die Ohren zu hauen, hilft nicht wirklich ...«

»Vielleicht.« Er lacht leise und ich spüre die Vibration seines Körpers. »Aber es zeigt dir deine Schwächen, damit du daran arbeiten kannst.« Darauf weiß ich nichts zu sagen. Wie soll man an etwas arbeiten, das scheinbar Teil von einem selbst ist? Soll ich zum gefühlskalten Arschloch mutieren oder was?

»Willst du darüber reden, was passiert ist?«

»Nein ...«

»Sicher?«

»Ja ...« Zumindest erstmal nicht.

»Okay.« Sascha lässt mich los und lächelt weiterhin. »Verrätst du mir denn, was D damit zu tun hatte?«

Eigentlich möchte ich auch das nicht erzählen. Immerhin weiß ich nicht, warum David sich plötzlich so merkwürdig benommen hat. Ist er jetzt sauer oder nicht? Verdammt! Sein Verhalten verwirrt und verunsichert mich nur noch mehr. Einen Moment lang betrachte ich die grauen Augen, die mich aufmerksam mustern. Schließlich gebe ich nach, allein schon aus dem Grund, dass es mir leidtut, Sascha belogen zu haben. Verdammt, ich bin wirklich zu weich ...

»Er hat mir geholfen, Felix zu mir zu bringen.«

»Hat das Felix nicht gestört?« Mein Kollege hebt überrascht eine Augenbraue – was ich ihm nicht verübeln kann.

»Der war zu betrunken, um sich zu beschweren.«

»Oha ... aber zumindest ergibt das Sinn.« Sascha reibt sich nachdenklich das Kinn und geht zurück an seinen Arbeitsplatz. »Deshalb hatte D die Jacke im Auto?«

»Genau. Wo ist sie eigentlich geblieben?«

»Ich habe sie zu unseren Sachen gehängt.«

»Danke.«

»Kein Problem.« Er lächelt mich an und widmet sich dann wieder still seiner Arbeit.

Ich nehme ebenfalls das Schneiden wieder auf und wir schweigen eine ganze Weile. Nur die leise Musik und das Gluckern des Gastrogeschirrspülers sind zu hören. Irgendwann kommt Kim in die Küche geeilt, holt Crushed Ice und verschwindet ebenso schnell wieder. Sie sieht ein wenig gestresst aus und schnauft leise. Als die Schwingtür sich öffnet, höre ich neben vielen anderen Stimmen auch Trevor, der klagend nach Mandy ruft.

Because you always meet twiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt