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Willkommen!

Für diese Novelle gibt es keine Inhaltswarnungen auszusprechen. :)

Die Geschichte liegt bereits vollendet auf meiner Festplatte. Updates folgen regelmäßig.

Enjoy.


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In einem Geflecht aus Kabeln, die sich wie Flügel zu beiden Seiten auffächerten, hing ein mechanisches Herz. Jung und unerfahren verharrte es in der Schwebe, auf seinen Einsatz wartend. Doch kein Schlag war ihm abzuringen, es blieb antriebslos, fast als würde es seine Bestimmung noch nicht kennen. Egal wie sehr Stearl an den Ventilen schraubte, die Zahnräder fettete oder zuletzt sogar die miniaturhaften Kolben flehentlich beschwor - die Pumpe schwieg. Als der Schraubendreher ihr schließlich bei ihren Verzweiflungstaten aus der nassen Hand rutschte und klimpernd auf den Boden aufschlug, stieß sie sich mit einem lauten Fluch von der Werkbank ab.

„Ich kann es nicht!"

Sie riss den Hocker um, auf dem sie schon seit einer Weile nicht mehr hatte sitzen können, verlor auf ihrem eineinhalb Beinen fast das Gleichgewicht dabei und sank nur noch frustrierter auf den Boden hinab, wo sie die Hände in die metallstaubblonden Haare vergrub. Vom Lärm erschrocken hob ihr Partner den strubbeligen Kopf aus dem Papierwald seiner Konstruktionszeichnungen, über denen er gegrübelt hatte, und der Dampf, der ihm förmlich aus den Ohren gestiegen war und seinen Blick für die Außenwelt verklärte, lichtete sich zusehends.

Stöhnend raufte Stearl sich den ohnehin schief sitzenden Haarknoten. „Ich dachte, ich kann es, aber ich kann es nicht. Ich bin nicht helle genug dafür, verstehst du? Ich hab's nicht in mir, so sehr ich auch will, ich kann es nicht!"

Mit schief gelegtem Kopf blinzelte Kopper auf sie hinab. Der Anblick vonStearl am Boden musste befremdlich auf ihn wirken, und das nicht nur, weil sie größer war als er. Sie umklammerte ihre Schenkel und lehnte die Stirn an die Knie, das rechte Bein angewinkelt, das linke in der Luft festhaltend, und stieß ein heiseres Schnauben aus wie ein verstopftes Abzugsrohr. Da ließ das Rascheln von Papier sie matt den Blick heben. Ein bekanntes Gesicht grinste ihr entgegen - es war ein Foto auf dem Titelblatt der Londoner Tageszeitung, das auf der letzten MOBILITA geschossen wurde, der Messe für die neusten mechanischen Innovationen. Eine siegessichere Frau mit schief sitzendem Haarknoten und einer unüblich fleckenfreien Hose reichte dem Vorstandsmitglied der Messe die Hand. Daneben, sich an den Rand des Fotos drückend, stand Kopper und hütete das Herz in seinen Armen. Das junge Glück bringt Ihnen Ihr Herzklopfen zurück! - Mechanisches Herz schon jetzt Sensation des Jahres! Einst hatten die preisenden Titelworte so weich und warm geklungen wie der Anfang eines angenehmen Traums beim Dösen im goldenen Nachtmittagslicht. Doch nun verformten die Buchstaben sich scharfkantig, bohrten sich wie Nägel in sie hinein. Die nächste Messe war in ein paar Tagen. Dann würde sie vor den Augen der Welt vortreten müssen und präsentieren, was sie vorzuweisen hatte.

Leere Hände.

Beschämt von dem Bild, dem sie nicht gerecht werden konnte, schob sie die Zeitung von sich weg. Doch der vor ihr hockende Kopper verharrte auf seinem Standpunkt. „Na hör mal, du warst es, die diesen Motor gebaut und alle Erwartungen übertroffen hat, es war deine Idee!"

Sie lachte bitter auf. „Ein Motor, der nicht läuft."

„Aber du wirst ihn zum Laufen bringen, ich weiß es. Alle glauben, dass du Großes vollbringen wirst!"

Ihm die Zeitung aus der Hand nehmend warf sie einen schweren Blick darauf. Es war das Abbild eines erlebten Moments, doch es wirkte verzerrt aus gegenwärtige Perspektive. „Das war mein Debüt. Mein erstes Projekt in der Öffentlichkeit." Grob überflog sie die Zeilen des Artikels. „Eine Wende, ein Wunder, eine Weltneuheit... Leute nennen mich eine Inspiration, wo ich gehe und stehe... Ich wusste, dass ich gut bin, ich wusste, dass meine Idee gut ist, aber verdammt, ich hätte nie gedacht, dass meine blindlings zusammengeschraubte Arbeit so hohe Erwartungen wecken würde!"

Kleine GlücksschmiedeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt