Im Supermarkt

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Am Samstag lief uns der Typ im Supermarkt übern Weg. Hätte wirklich ihr Vater sein können, auch vom Aussehen her: kultiviert aber nicht overdressed, gepflegt aber nicht eitel. Er sah uns seltsam, fast ein wenig melancholisch an. Liz stand vorm Milchregal und suchte grad ihr Lieblingsjoghurt. Ich nahm sie um die Hüfte, und küsste sie auf den Mund. Und hielt dabei Blickkontakt mit dem Nachbarn, der nebenan an der Brottheke stand. Er nickte zum Gruß und lächelte. 

„Was auf dem Plakat in Ihrem Schlafzimmer steht, stimmt zwar", sprach er uns an und setzte sein freundliches Lächeln fort, „aber ein Hirn zu besitzen heißt noch lange nicht, es auch zu benutzen. Vorhänge wären vielleicht doch besser gewesen."

„Vielleicht wollen wir das ja so?" gab ich zurück

„Okay", schmunzelte er, „dann bedanke ich mich sehr für das Vergnügen, dass Sie mir damit bereiten."

„Fick dich, du Spanner", bellte ihn Liz an. Ich hatte Lust ihr eine Ohrfeige zu geben, hob mir das aber für nachher auf.

Später stand er hinter uns an der Kasse. Ich suchte nach meinem Geldbeutel, aber der war wieder nicht von alleine mitgekommen. Auch der von Liz nicht. Verdammt, dachte ich, hatten wir uns jetzt endgültig die Gehirne rausgevögelt?

„Sorry", entschuldigte ich mich bei der Kassierin, „wir haben das Geld vergessen. Wir kommen später wieder."

„Darf ich das übernehmen?", schlug unser Nachbar vor und hatte auch schon seine Bankkarte gezückt.

Ich sah Liz an, sie mich, beide zuckten wir mit den Schultern.

„Okay", sagte ich, „wenn es ihnen Spaß macht."

„Tut es", behauptete er. Und bezahlte unseren Einkauf.

Liz stopfte alles in eine Papiertüte. Hafermilch, fettfreies Joghurt, Knäckebrot, Zucchini, Orangen. Und Baileys, den sie mir später über den Bauch gießen wollte. Als sie die Papiertüte anhob, riss diese durch und der Inhalt kullerte auf den Boden, gerade noch, dass ich die Flasche Baileys fangen konnte.

Liz sammelte den Rest ein und der Alte half ihr dabei. Schließlich hielt er mir eine der runtergefallenen Zucchini und eine Orange hin und sagte: „Viel Vergnügen!" 

Jana und Liz - Teil 3: Der NachbarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt