Friesin - Kapitel 05

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Alle an Bord griffen nach ihren Waffen und brachten sich in Stellung. 

Lautlos glitten die Schiffe zum Hafen. Ein paar Einheimischen, die dort standen, musterten sie erst einmal irritiert. Doch als die Boote nah genug herangekommen waren, schlugen sie wie die Hasen Haken und rannten schreiend davon.

Aber nun war es zu spät! Weder das Geschrei, noch das Davonlaufen würde den Friesen nun irgendetwas bringen, um ihnen zu entgehen!

Als die Kirchenglocken gleich darauf Alarm schlugen, begann Sverrir aufgeregt zum stürmischen Takt der Glockenschläge auf seinen Fersen auf und ab zu wippen.

„Das fängt ja schon mal gut an!", meinte er, „Hoffentlich versuchen sich einige nicht so schnell kampflos zu ergeben!"

Ein leichtes Lächeln umspielte Hákons Lippen. 

Er sah sich noch einmal nach Ivar um. Sein Vetter stand ein paar Meter weiter links von ihm an der Reling und hielt seine Axt so fest umklammert, dass seine Fingerknöchel weiß hervor traten. 

Es war Ivars erster Raubzug, mit siebzehn, genau wie bei Hákon damals. Jedoch im Gegensatz zu ihm, hatte Ivar dafür nicht erst tagelang mit seinem Vater Erik darüber diskutieren und darum betteln müssen. 

Sein Onkel hatte seinen Sohn sogar selber ausdrücklich dazu aufgefordert, diesen Frühling mit auf Wiking zu fahren. Und er hatte kurz vor der Abfahrt auch nicht Hákon zur Seite genommen und ihn eingeschärft auf Ivar aufzupassen. 

Hákon schnaubte leise und wandte den Blick von Ivar wieder ab.

Die Götter konnten ja so ungerecht sein!

Endlich stießen die Schiffe dumpf am Hafen an. 

Die ersten Männer fingen an mit ihren Äxten gegen ihre Schilde zu schlagen, bis sich ihnen ein Krieger nach dem anderen damit anschloss und schließlich alle Wikinger mit ihren Äxten und Schwertern mitmachten und die Luft um sich herum mit einem mächtigen Trommeln erfüllten, welches dem Donnergott Thor alle Ehre machte.

Hákon kostete diesen letzten Moment aus, wo er noch einmal bewusst spüren konnte, wie sein Blut als reißender Fluss durch seine Adern schoss. Wie ihn dieses wunderbare aufregende Gefühl ergriff, welches ihm bei jeden seiner Raubzüge überkam, und sein Herz wie ein wildes Tier, brüllend nach dem Kampf, gegen seinen Brustkorb schlagen ließ. 

Sein Kopf blieb dagegen aber kühl und klar, bereit, um jedes Detail in seiner Umgebung wahrzunehmen.

Sogar Sverrir hatte neben ihm mit dem Herumgehoppse aufgehört. Er stand nun unglaublich ruhig und in leicht geduckter Haltung, wie eine Raubkatze, an der Reling und wartete nur darauf, jeden Moment auf seine Beute losgelassen zu werden. 

In seinen, sowie in Hákons Augen glomm ein gefährliches Funkeln. 

Der Glanz der Jagd.

Alle warteten auf das Signal des Kapitäns.

Der stieß schließlich seine Axt in die Luft und brüllte lauthals: „Odin!"

„Odin!", antworteten Hákon, Sverrir und der Rest in einem Chor aus tiefen, rauen Männerstimmen, die von den Hauswänden der Siedlung als dunkles Echo zurückgeworfen wurden.


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