Von Damen und Momenten

76 7 16
                                    

Arthur wusste nicht, was er erwartet hatte, als er die Tür öffnete. Er wusste es wirklich nicht. Er wusste auch nicht, was er sich dabei gedacht hatte, als er dem verrückten Plan Morganas zustimmte, Merlin für die kommenden fünf Tage als seinen Verlobten zu verkleiden. 

Zwei Dinge ereigneten sich, als er die Tür öffnete. Erstens schimpfte Morgana ihn aus: "Betritt man so das Gemach einer Dame? Ohne anzuklopfen?" und warf eine Art Schal in seine Richtung, der den halben Weg flog und zwischen ihnen auf dem Boden landete. Zum zweiten saß Merlin in der Mitte des Raumes, seine Gestalt war in eine Art goldenes Sonnenlicht getaucht, das durch das halb geöffnete Fenster fiel, ganz sanft und sehr klischeehaft.

Arthur würde nicht sagen, dass sein Herz in diesem Moment stehen blieb (das tat es). Er verhielt sich ganz ruhig und entspannt (das tat er nicht), so dass Morgana und Guinevere nicht einmal bemerkten, dass er durch den Anblick seines Dieners ein wenig aus der Fassung geraten war ( das taten sie allerdings). 

"Mir war nicht bewusst, dass ich die Gemächer einer Dame betrete", sagte er.

"Nun denn", Morgana winkte mit der Hand, "lass mich dir Lady Merylin vorstellen."

 Arthur fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. " Oh mein Gott." 

Merlin sah tatsächlich wie eine Dame aus. Sie hatten ihn in ein Kleid gesteckt, vermutlich eines von Morgana, und ihm ... irgendetwas ins Gesicht geschmiert, und sein schwarzes Haar reichte ihm jetzt fast bis zu den Hüften. Er sah eigentlich ganz... hübsch aus. 

Wie auch immer sie das geschafft hatten. 

"Und das ist definitiv die beste Art, deine Verlobte zu begrüßen, Darling, aber du kannst mich immer noch Merylin nennen", sagte Merlin - Merylin.

"Was ist das für eine Stimme?" Arthur hob skeptisch eine Braue. 

"Welche Stimme?" 

"Du verstellst deine Stimme." Er klang etwas weiblicher. 

"Ich mache keine - irgendeine Stimme."

"Doch, tust du."

"Tue ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst..."

"Schluss damit!"

"Ich verstelle die Stimme nicht!"

"Du sprichst anders!"

"Nein, das tue ich nicht..."

"Doch, das tust du!"

Morgana klatschte mit einem breiten Grinsen in die Hände. Sie hörten auf zu kabbeln und sahen sie an. 

"Na los, weitermachen! Das wird großartig funktionieren!"

Arthur war zu verblüfft, um etwas zu sagen. Er tauschte einen verwirrten Blick mit Merlin aus, als Gwen dankenswerterweise die unbehagliche Stille durchbrach und ein Paar hochhackige Schuhe vor Merlin stellte. "Hier sind deine Schuhe!"

Arthur beäugte sie kritisch, als Merlin sie anzog, denn diese Schuhe waren offensichtlich für Frauen gemacht. "Weißt du überhaupt, wie man darin läuft?" 

Merlin schaute ihm direkt in die Augen, stand auf und lief. Und wie er lief. Er stolzierte, die Hüften schwingend, der Stoff seines Kleides wallte und erzeugte die Illusion einer zarten Taille. Arthur fühlte sich ein wenig komisch in der Magengegend, was wohl daher rührte, dass er heute Morgen außer einem einzigen Apfel nichts gefrühstückt hatte (Merlin war anderweitig beschäftigt gewesen).

 "Also gut", sagte er mit trockener Zunge. "Ladys, lasst uns hinuntergehen, um unsere Gäste für diese Woche zu begrüßen. Sie werden nicht mehr weit weg sein. "

Da hatte er sich geirrt. Offenbar waren sie zu diesem Zeitpunkt noch ziemlich weit weg und Arthur und sein Hofstaat, alle in ihren roten Gewändern, warteten noch etwas mehr als eine Stunde.

"Kein Wort", hatte er zu Merlin gesagt, nachdem dieser sich heruntergebeugt hatte, um ihn - ja, heruntergebeugt, denn in diesen Schuhen war Merlin größer als Arthur, was ihn mehr ärgerte, als es wahrscheinlich sollte (oder sollte es? Denn er war der König, und nicht nur das, sondern auch der Allergrößte. Sollte er deshalb nicht auch der Größte sein? Oder zumindest größer sein als seine angebliche zukünftige Königin? - etwas zu fragen (Arthur wusste nicht, was er fragen wollte, denn er ließ ihn nicht ausreden. Pass auf, werter Leser.)

In dem Moment, in dem sie einen Fuß vor das Schloss gesetzt hatten, hatte es zu regnen begonnen. Jetzt regnete es in Strömen und ließ Arthur bis auf die Knochen durchnässt und mit der Attitüde einer angepissten, nassen Katze zurück. Wenn diese Lady Amara nicht bald auftauchte, würde er die Schlosstür hinter sich schließen und nicht mehr öffnen, egal wie sehr sie auch dagegen hämmern würde. 

Aber dazu kam es nicht, denn die Dame kam nicht lange nachdem der Regen fast wieder nachgelassen hatte. Da sie anscheinend alle trocken geblieben waren, hatten sie wohl vor dem Schauer angehalten und gewartet, bis das Wetter vorbeigezogen war. 

In dem Moment, in dem Arthur sie tatsächlich sehen konnte, bereute er den Plan, den sie im Begriff waren, durchzuziehen.

Lady Amara war hinreißend. Eine hochgewachsene Figur mit Kurven an den richtigen Stellen, mahagonifarbene Haut, dunkle Locken, die ihr über die Schultern fielen, geschickt aus ihrem weichen Gesicht zurückgesteckt, die ihr fast bis zu den Hüften reichten. Arthur nahm ihre Hand und küsste sie nach ihrer Begrüßung (was für einen König ungewöhnlich war, aber er vergaß sich hier für einen Moment), bevor er in ihre smaragdgrünen Augen blickte. Vielleicht konnte er diesen Wahnsinn noch stoppen, bevor er überhaupt begonnen hatte. 

Aber Lady Amara grüßte Merlin bereits lächelnd an seiner Seite. "Ich glaube nicht, dass wir uns schon einmal begegnet sind?"

"Sind wir nicht", Merlin - Merylin nahm Amaras Hand zwischen ihre. "Ich bin Lady Merylin."

 Arthur wollte gerade das Wort ergreifen, aber Morgana auf Merylins anderer Seite war schneller als er. "Die zukünftige Königin des Königs. "

Verdammt, Morgana.

 "Und die Lady Morgana", sagte Amara, "ich bin so froh, dass wir uns endlich kennenlernen."

"Das bin ich auch. "

Amara wandte sich wieder an Merylin und Arthur. "Nun, ich wusste nicht, dass der König heiraten wird."

"Unsere Verlobung wurde noch nicht offiziell bekannt gegeben", versuchte Arthur es so aussehen zu lassen, als ob er immer noch für andere Optionen offen wäre, aber er wusste, dass es ein aussichtsloses Unterfangen war, als Merylin eine Hand auf seinen Arm legte und sagte: "Ist sie nicht? Mir war nicht bewusst, dass du noch länger warten wolltest. Als du mir ... dieses Arrangement vorgeschlagen hast, wirktest du so ... eilig, mein Liebster."

Arthur sah Merylin an. Auch Amara sah Merylin an, und Morgana ebenfalls. Um ehrlich zu sein, sahen in diesem Moment alle Merylin an. Aber Arthur sah nur Merylin. Sie hatte ihn "mein Liebster" genannt, so wie Merlin ihn "mein Lord" nannte, wenn er sich über ihn lustig machen wollte ( um ehrlich zu sein, nannte er ihn nie so, wenn er sich nicht über ihn lustig machte). Aber das tat sie nicht. Sie hatte ihn mein Liebster genannt, und Arthur wusste nicht, was er damit anfangen sollte. Er hatte keinen blassen Schimmer. Und er wusste nicht, was er davon halten sollte, aber er fühlte etwas. Aber er wusste auch nicht, was er damit anfangen sollte, also sah er Merylin einfach an. Und die schaute ihn genauso verwirrt an, wie Arthur sich in diesem Moment fühlte. Und da gab einen Moment

Und dieser Moment war schnell vorbei, als Morgana sagte: "Ihr müsst verstehen, Lady Amara, mein lieber Bruder ist ein ziemlicher Romantiker. Ich wette, er plant etwas Großes für seine liebste Dame. Kommt jetzt, lasst uns hineingehen, bevor es wieder anfängt zu schütten."

Merylin von CamelotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt