OS 7 - Reflection

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Leise klappert Geschirr hinter dem Tresen. Ein Angestellter räumt pfeifend Getränke in die Kühlschränke, ein anderer verteilt Aschenbecher auf den Tischen. Das Aroma von Kaffee weht ab und zu an mir vorbei und verschwindet durch das gekippte Fenster neben mir. Ich zähle meine wenigen Kröten und gönne mir eine erste Tasse.

Es ist später Nachmittag, noch nicht viel los in der Hotelkneipe. Aber in meinem Kopf leider auch nicht. Ich habe noch eine verdammte Woche Zeit, um den Plot und einen erstes Manuskript abzuliefern. Jetzt habe ich sogar zum allerletzten Hilfsmittel gegriffen und mich für drei Tage in einem kleinen Hotel am Stadtrand einquartiert. Normalerweise finde ich an solchen Orten schnell die schönsten, steilsten, absurdesten Inspirationen. Aber schreib mal einen satirischen Krimi, wenn dir nicht mal ein normaler Toter einfallen will. Ganz zu schweigen
von einem, der durch skurrile Umstände ums Leben gekommen ist, die sich komisch verwursten lassen. Hmpf.

Ich schaue hoch, weil die Tür aufschwingt. Zwei Leute kommen rein, lachen, bestellen am Tresen ein Bier. Meine Augen schweifen durch den urgemütlichen, etwas abgeranzten Raum, auf der Suche nach Ablenkung von meinem Dilemma. Von dem ich mich aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ablenken lassen sollte, wenn ich im nächsten Monat meine Stromrechnung bezahlen will.
Mühsam reiße ich mich los von den ausgeblichenen Plastikblumen auf den Tischen, der antiken Zapfanlage, dem ziemlich abgeliebten Klavier in der Ecke hinter mir, das aussieht, als wäre als letztes in "Casablanca" darauf gespielt worden. Nur, dass keine schicke Lady daneben steht und "Spiels noch einmal, Sam." sagt. Und kein Humphrey Bogart aus dem Hinterzimmer kommt und meckert. Und ... ich mich schon wieder total ablenken lasse.

Also zwinge ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das berühmte 'leere Blatt Papier' in Form meines einsam vor sich hin blinkenden Cursers auf der virtuellen weißen Fläche meines Notebooks. Also los!

- Setting
- Toter
- Mörder
- Motiv
- ein paar Verdächtige
- der selbe Kommissar-Clown wie immer
- ein absurder Plottwist

Wenn ich wenigstens das Genre wechseln könnte! Ich hätte mal sooo Lust auf Utopia. Oder Dystopia. Oder Fantasy. Im Moment würde ich sogar lieber ein Sachbuch für Kinder schreiben, als hier ohne Toten da zu hocken. Aber nein - als Autor eines satirischen Krimis entdeckt - für immer auf satirische Krimis festgelegt.
Nicht, dass ich mich nicht mehr auf die Straße trauen könnte, weil jetzt jeder mein Gesicht kennt. Ganz zu schweigen vom vollen Kühlschrank. Ich kann ohne Probleme meinen Namen in ein Formular schreiben, ohne dass mein Gegenüber dabei zusammenzuckt und in Ekstase verfälllt. Und auch mit einem Blick erfassen, was ich noch zu essen im Haus habe.

Ein viel beachteter Überraschungserfolg und zwei mittelmäßige Nachfolger machen weder satt noch einen Bestsellerautor aus mir. Ich hätte nie gedacht, dass ich so hartes Brot würde kauen müssen, und dass es so lange dauern würde, bis ich davon leben kann. Hoffentlich. Irgendwann mal. Jetzt jedenfalls noch nicht. Im Moment reicht es nicht mal für ein paar Kippen, die den klebrigen Mief aus meinem Hirn räuchern könnten.
Also los!

- Setting
- Toter
- Mörder
- Motiv
- ein paar Verdächtige
- der selbe Kommissar-Clown wie immer
- ein absurder Plottwist

Nach und nach betreten ein paar Leute die Kneipe, lassen sich an den Tischen nieder, trinken was, unterhalten sich. Bei dem einen ist die Frau weggelaufen, dem zweiten wurde sein Auto geklaut, der dritte würde am liebsten seine Schwiegermutter erschlagen, der vierte spielt Lotto, gewinnt aber nicht. Angenehm neutrales Hintergrundsummen untermalt meine Gedanken, ich mache erste Notizen. Der zweite Kaffee.

- Setting auf dem Land
- Toter Jüngling
- Mörder Dorfherr
- Motiv Neid und Macht
- Kernkompetenz Glaube ans Gute
- Hindernis Resignation der Leute, Machtstreben des Dorfherrn

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 14 ⏰

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