"10.000 WON"

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Mein Oneshot aus einem Gemeinschaftsprojekt auf dem Account von Taelirium namens "WONderful".

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Ich reiße den Kleiderschrank in meiner Studentenbutze auf und durchwühle alle Taschen. Hosentaschen. Jackentaschen. Hoodietaschen. Taschentaschen. ALLE Taschen. Dann die Schreibtischschubladen, die Nachttischschublade, die Schublade am Regal. ALLE Schubladen. Am Schluss bin ich so verzweifelt, dass ich mich bremsen muss, nicht auch noch ALLE Socken in diesem Raum umzustülpen. Mit einem resignierten Aufseufzen wende ich mich zum Schreibtisch. Da liegt mein komplett restentleertes Portemonnaie und daneben der klägliche Rest meiner Barschaft. Ich besitze noch genau 1339,- Won (1,-€).
Riesig.

Ich mein' ... das ist ja bei einem Studenten am letzten Tag eines Monats nicht weiter verwunderlich. Aber grade HEUTE - echt blöd. Das bedeutet nämlich, dass ich vier akute Probleme habe.
Problem Nr. 1: Ich muss bis HEUTE Mittag 12.00 Uhr den Restbetrag für die Studienfahrt einzahlen - oder das Semester wiederholen, weil mir sonst ein Schein fehlt.
Problem Nr. 2: Ich muss genau HEUTE noch einkaufen, weil mein Kühlschrank so leer ist, dass ein halber Streichelzoo drin Platz hätte. Also GANZ leer. Wenn ich morgen noch aufstehen will, weil ich heute nicht verhungert bin, dann ... ja, dann sollte ich einkaufen gehen können.
Problem Nr. 3: Ich MUSS für Jeongguk sein Geburtstagsgeschenk kaufen. Er hat sich ein ganz bestimmtes Buch gewünscht, und das kostet alleine mal eben schlappe 19.900 Won. Ich hab' das bestellt. Ich muss das nur abholen! Aber dann sollte ich es auch bezahlen können.
Problem Nr. 4: Ich habe kein Geld. Also - KEIN Geld. Außer den 1339,- Won (1,-€), die nicht mal für'ne Pommes reichen würden. Die zählen nicht. GAR nicht.

Und deshalb bin ich ein kleines Bisschen nervös. Nur so ein ganz KLITZEKLEINES Bisschen.

Draußen bricht ein warmer, sonniger Augusttag an. Hier drinnen ist Gewitter. Durch meinen Kopf zucken Blitze. Leider keine Geistesblitze, wo ich so schnell so viel Geld auftreiben soll. Eher so Chaosblitze. Ich höre förmlich den nachfolgenden Donner aus meinen Ohren dröhnen. mistMistMIstMIStMIST!
Obwohl - wie viel Uhr ist es? 5.45 Uhr. Absolut untypische Zeit für einen Studenten während der Semesterferien - es sei denn, er hat vier klitzekleine Probleme. Ich springe in eine leichte Jeans und ein T-Shirt, das auch schmutzig werden darf, flitze runter in den Fahrradkeller und sause los. Gleich um die Ecke gibts 'nen Wochenmarkt, wo die meisten Bauern froh sind, wenn ihnen ein paar Studenten beim Abladen helfen. In den Semesterferien ist da nicht so'n Andrang.
Also müsste doch eigentlich ...

Ich arbeite normalerweise gleich am ersten Stand mit, aber da wuseln schon drei Kommilitonen rum. Also schließe ich mein Fahrrad an der nächsten Laterne an und steuere den zweiten Stand an. Najaaa - das ist der „Preisboxer" aus Hong Kong. Der braucht normalerweise keine Hilfe. Egal, ich versuchs trotzdem.
Und da kommt es auch schon. Mit dem Mut der Verzweiflung trete ich an seinen LKW, aus dem er grade seine Standbretter hievt. Er schaut einmal an meiner zierlichen Figur runter. Dann wieder rauf. Dann in mein Gesicht.
„Soll ich dich raufheben?"
„Ähm, äh ... nö. Eigentlich dachte ich, ich ... könnte helfen, das alles runter zu heben."

Seine Augenbrauen zucken ruckartig nach oben. Ich erwarte schon sein schallendes Gelächter.
„Jackson. Steig rauf und stell mir einfach alles hier an die Rampe, ich bau währenddessen meinen Stand auf."
„Jimin. Wird gemacht. Bestimmte Reihenfolge?"
Mühelos schwinge ich mich auf die Rampe und sichte die Kisten auf der Ladefläche.
„Hei, du kannst ja denken. Erst die ganzen Kartoffeln."
Jei, ich freue mich. Nicht.
Die Kartoffeln sind nämlich immer das Schwerste, weil sie in großen Säcken transportiert werden. Keine Ahnung, warum. Aber ALLE Bauern hier fangen mit den Kartoffeln an.

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