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Wir schauten uns stumm an. Minutenlang. Ihre Augen bewegten sich unentwegt, in ihrem Kopf mussten sich ihre Gedanken einen wilden Tanz geben, aber aus ihrem Mund kam kein Ton heraus. Doch ich nahm wahr, dass ihr Blick weicher, zärtlicher geworden war.

„Wir sollten etwas essen", unterbrach ich die Stille.

„Gute Idee!", kam ein Strahlen auf ihr Gesicht.

Ich holte die Speisekarte eines Lieferdienstes aus der Küche. Sie grübelte kurz, dann wählte sie ein Salat mit einem unaussprechbaren Namen aus.

„Was nimmst du?", fragte sie prüfend.

Oh, ich kannte diesen Ton bei Frauen! Sie erwarteten eine ganz bestimmte Äußerung oder führten etwas anderes im Schilde.

„Eine kleine Salamipizza", kam meine vorsichtige Antwort.

„Gut, aber bitte nimm noch einen Bananenshake dazu", kam die prompte Reaktion.

„Bin nicht so der Fan solcher Drinks."

„Ist gut für die Bildung der Spermien und des Ejakulats."

Sie brachte mich zum Lächeln. Da ich mich bereits früher über solche Dinge schlaugemacht hatte, wusste ich, dass dies nicht bewiesen war und man(n) eigentlich nur viel Flüssigkeit trinken sollte. Aber ich beugte mich ihrem Wunsch, daran sollte es nicht scheitern.

„Na gut."

Ich rief an und musste den Namen des Salats dreimal in die Leitung stottern, bis ich verstanden wurde. Dann merkte ich, wie verklebt und verschwitzt ich war.

„Ich wasche mich mal ein bisschen", sagte ich ihr und deutete auf meinen Unterkörper.

Im Bad musste ich feststellen, dass ich fast bis zum Bauchnabel mit Gabys Liebessaft verschmiert war. Es gefiel mir. Ich fand es schon immer erregend, die Zeichen eines Beischlafs auf meinem Körper zu tragen, seien es kleine Kratzer an meinem Rücken, Knutschflecken am Hals oder eben der langsam trocknende Schleim einer Frau. So wurde aus dem bisschen Waschen ein kompletter Duschvorgang. Ich musste wohl lange gebraucht haben, denn kaum trat ich aus der Kabine heraus, da klingelte es schon. Schnell zog ich mir Boxershorts und Bademantel an und öffnete die Tür. Ich nahm das Essenspaket entgegen und prüfte in der Küche, ob alles der Bestellung entsprach. Gaby aber machte keine Anstalten aus dem Bett zu steigen, so trug ich alles ins Schlafzimmer.

Wir begannen unser verspätetes Mittagessen zu verzehren. Wir blickten uns dabei immer wieder an. Erneut musste ich feststellen, dass ihr Gesichtsausdruck weicher war, ihre Einstellung zu mir offener, ihre Bewegungen lockerer.

„Wann ist dir das erste Mal in den Sinn gekommen, von jemandem anderen als Thomas schwanger zu werden?", fragte ich mit dem Ziel, ein Gespräch zu entfachen.

„Vor ungefähr einem halben Jahr. Nachdem ich begriffen habe, dass ich diese OPs nicht mitmachen kann."

Sie blickte mich an und sah, dass ich ihr weiterhin interessiert zuhörte. Sie fuhr dankbar fort.

„Da kreisten zuerst alle möglichen Gedanken in meinem Kopf. Dass alles vorbei ist. Dass ich keine richtige Frau bin. Wertlos. Unbrauchbar. Dann, nach einer kleinen depressiven Phase, wollte ich nochmals alles probieren. Selbst wenn es unkonventionell war. Ich las nochmals alle Befunde, auch den, wo erörtert wurde, dass Thomas' Spermien quasi unbeweglich sind. Das machte mich stutzig. Ich fing an, mit dem Gedanken zu spielen, die Spermien von einem anderen Mann zu erhalten. Zuerst war das nur ein Fantasieren."

Gaby blickte nachdenklich an die Wand und aß ein wenig von ihrem Salat.

„Dann suchte ich im Internet, wie man das denn macht, welche Möglichkeiten es gibt. Es gibt ja Spermabanken. Das wird aufgetaut und man muss sich das einspritzen. Brrr! So kalt, gefühlslos. Und dann es gibt sogenannte private Spermaspender, die auf natürliche Weise befruchten. Aber einen wildfremden Mann an mich lassen? Neeein!"

Liebe, Beziehung, Ehe - zu drittWo Geschichten leben. Entdecke jetzt