Asche

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Grauer Schnee fiel vom Himmel. Kein Sonnenlicht drang durch die finsteren Wolken. Jedoch ließen sie etwas Licht durch und ich wusste, dass sich dahinter die Sonne irgendwo verbarg. Bloß war diese zu schwach, um gegen das Böse anzukämpfen. 

Genau so schwach schien auch meine Hoffnung, als ich erblickte, wozu die Menschheit verkommen war. Wie Domino-Steine fielen sie. Einen nach dem anderen, als würden seelenlose Übungspuppen beim Training zerstochen und zerhackt werden.

Aber das sind Menschen, die geschlachtet werden. Mit Seelen, Ängsten und Gefühlen...

Ich habe viel gesehen in meinem Leben, dachte ich wüsste wann die Grenzen der Menschlichkeit und Vernunft erreicht wären, wüsste wann Schluss ist mit sinnloser Grausamkeit. Doch nach dem heutigen Tag, kann ich es einfach nicht verstehen. 

Wie konnte es nur soweit kommen...

Ich blickte unter meine Füße auf den Boden. Zumindest auf das, was vom Boden noch zu sehen war.

All die jungen Leben...weggeworfen...ersetzbar wie eine Übungspuppe

Jeden Befehl von meinen Offizieren damals und vom Imperator heute, hab ich bedingungslos und ohne zu fragen Folge geleistet. Wirklich. Jeden.

Aber das hier? Sollte ich zu meinem Trupp gelangen, muss ich denen den Befehl erteilen weiter vorzurücken. Das sind ausschließlich gute Soldaten. Männer mit denen ich durch den halben Kontinent geritten bin, um Siege zu erringen. Bei Einbruch der heutigen finalen Schlacht, war nur noch ein Viertel von meinem ehemaligen Heer übrig geblieben. Wer weiß wie viele es jetzt sind...

Nein, es hat kein Sinn nach denen zu suchen. Ich nehme es selbst in die Hand. Die verbliebenen Türme sind nicht all zu weit entfernt. Tatsächlich bin ich näher dran als die allermeisten von unseren Heerführern, wie mir scheint. 

Noch immer sah ich abertausende Soldaten mit Schwertern und Äxten schwingend in das Geschehen des Gefechts involviert. Der Feind hat seine Truppenanzahl verstärkt, nachdem der erste Turm gefallen war und verbissen hielten sie ihre neu errichtete Front. 

Wir kämpfen um zu siegen, sie um zu überleben. Ein hungriger Wolf mag gefährlicher sein, als einer der schon gesättigt ist. 

Ich blickte nochmal in Richtung der Türme. Es steht also fest, ich gelange so schnell es geht zu den Türmen, erledige die Mission, kehre hoffentlich überlebt zurück und...und...was dann eigentlich? Gibt es weitere Länder zu erobern? Gilt es weiterhin Schmerz und Leid durch die Welt zu tragen, wie als würden man eine giftige Saat in all den Landen dieser Welt streuen? Denn das machen wir hier gerade. Wir zerstören den nährbaren Boden, die Natur und alles Schöne der Welt gleich noch mit. 

Das sind verräterische Gedanken...aber dieses Ausmaß kann ich nicht mehr hinnehmen...

Der Krieg muss ein für alle Mal beendet werden. Und dann leg ich meinen Dienst ab und gehe, ob sie wollen oder nicht. Vielleicht schaffe ich dann eine Mission zu beenden, die selbst ich bisher nicht vollbracht habe...

Ein Mensch zu sein, der mit Freude am Leben teilhaben kann... der auch die andere Seite der Medaille zu erblicken gegönnt bekommt, was nicht Trauer und Hoffnungslosigkeit ist...sondern Liebe und Wertschätzung. Respekt entgegen gebracht zu bekommen, aber nicht von militärischen Größen, auf Grund der erledigten Dienste dem Imperator gegenüber, sondern von Menschen, die es anerkennen, wenn du gute Taten vollbringst und den Menschen um dich herum ein besseres Leben bescherst...

Ohh, ich hatte dieses Leben sogar einst. Es ist nur so lange her und ich kann mich kaum noch ein mein altes Ich erinnern. Obwohl es vielleicht nur eine Dekade her sein mag, fühlt es sich an, als wäre ein ganzes Zeitalter vergangen. Ich trat damals in das Heer ein, mit viel Potenzial im Gepäck, aber auch grün hinter den Ohren.

Ich gab alles auf, um ein Teil davon zu sein...Voller Euphorie und Tatendrang, die noch sehr lange anhielt, selbst nach den ersten Jahren. 

Und jetzt? 

Jetzt wünschte ich...

Ich wünschte ich wäre zuhause...bei meiner Mutter, die frische Blumen an das offene Fenster stellt und der Wind den Duft in die Holzhütte treibt. Bei meinem Vater, der gerade dabei ist, sein Tauschgeschäft in der Nähe des Marktplatzes aufzubauen, der aber wahrscheinlich den Hammer auf sein Finger haut...

Ein kleines Schmunzeln entwich mir dabei. Ein Lächeln sah man auf meinem Gesicht schon lange nicht mehr. Außer bei dem Zwilling. Seines strahlte aber keine Wärme aus. Mein Lächeln sah nie so aus.

Mein Vater war nie handwerklich begabt gewesen, hat sich aber nie unter kriegen lassen. Darum bewundere ich ihn und auch meine Mutter. Sie tolerierte viel als ich klein war, selbst dann als ich 14 oder 15 war und abhauen wollte, um die Welt zu sehen und Ruhm und Ehre zu erringen, um sie stolz zu machen. Doch mit dem Eintritt bewirkte ich das Gegenteil...

Sie begegneten mir mit Entsetzten. Selbst als ich mich durch die Konkurrenz an die Spitze gearbeitet (und gemordet) habe, blickten sie mich mit Abscheu an. Ich konnte es nie verstehen...

Ich tat es, um einen besseren Status für unsere Familie zu sorgen, um unser Wohlergehen zu gewährleisten. Ich versprach ihnen zurückzukommen, wenn alles vorbei ist.

Sie glaubten mir nicht...und ich mir ehrlich gesagt auch nicht. 

Wenn ich so dastehe, regungslos, die Asche auf mein Haar fallend, realisiere ich, dass ich das Ganze nicht nur für sie tat, sondern auch für jemand anderen...

Mich

Ich genieße es...ich bin gut darin...ich fühle mich durch den Tod um mich herum lebendiger...

Dies weiß ich eigentlich schon seit vielen Jahren, wollte es aber nicht wahrhaben...bis jetzt.

Vielleicht wird es ja an der Zeit zurückzukehren, den das Gefühl was mich gerade beschleicht, ist nicht Angst oder der unstillbare Drang noch mehr zu erreichen, sondern Müdigkeit. Ich bin es so leid geworden...

Soll ich abhauen? Alles was ich in den letzten zehn Jahren aufgebaut hatte, auf den blutigen Boden liegen lassen? Nein, ich kann nicht noch einmal mal fliehen. Ich habe Menschen, die auf mich zählen, Soldaten, die zu Brüdern geworden sind, welche Hoffnung in mich setzen. Ich muss das hier zu Ende bringen. Erst dann kann ich wieder zurück.

Und wenn ich bei dem Versuch sterbe? Nun, dann wurde es vielleicht ja auch Zeit...

So langsam kam ich wieder in die Realität zurück. Der Plan ist gefasst. Kein Denken mehr, nur Handeln. Kein Zurückblicken, denn das Ziel liegt vor mir. Ich trat ein paar Schritte nach vorne, da erkannte aber ich es sofort...

Wo ist Astabar?




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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 17 ⏰

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