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Ruhig beobachtete Thranduil Elwe und Saeros, wie sie ins Schloss schritten. Sein alter Freund war wirklich schlecht zu Fuß unterwegs. Er musste sich beim Gehen so stark auf seinen Stock stützen, dass es eigentlich ein Wunder war, dass er bei dieser Schieflage noch nicht gefallen war. Der König des Düsterwaldes verweilte noch eine Weile, bis sich die große Flügeltür hinter den beiden geschlossen hatte. Erst dann konnte man eine leichte Emotion auf seinem Gesicht erkennen. Er biss wütend seine Zähne zusammen, sodass seine Wangenknochen deutlich hervortraten. Der Ärger war vorhersehbar. Elwe hatte seine Tochter dem schlimmsten Elb in ganz Mittelerde versprochen. Kein Wunder, dass sie geflohen war. Saeros' Verhalten hatte sich seit Thranduils letztem Gespräch mit ihm verschlechtert, was der König des Düsterwaldes eigentlich für unmöglich gehalten hatte.

Langsam strich der König des Düsterwaldes über den Griff seines Schwertes, das er immer an seiner Hüfte trug. Jetzt war es erst mal an der Zeit, Lúthien zu finden. Er hatte es Elwe versprochen.

Die Tür zum Schloss fiel langsam hinter ihm ins Schloss, als er den Stall betrat. Hier herrschte eine ganz eigene Ruhe. Eine lange Gasse voller Pferde, die in aller Ruhe auf ihrem Heu kauten. Langsam schritt Thranduil die Stallgasse entlang und stoppte nur kurz, als er an der Box seines Hirsches ankam. Das Tier hatte die Präsenz seines Reiters sofort wahrgenommen und präsentierte sich von seiner besten Seite. Er hob stolz seinen Kopf und schnaubte freundlich, als Thranduil ihm sanft über die Nase strich. In letzter Zeit war sein treues Reittier leider etwas zu kurz gekommen.

Er wandte sich langsam ab und lief weiter die Stallgasse entlang, aber außer den typischen Geräuschen eines Pferdestalles konnte er kein weiteres Geräusch hören. Lúthien war nicht hier. Etwas ratlos blieb er vor einer leeren Pferdebox stehen und starrte dann auf das Schild direkt neben der Boxentür.

Gildor

Das Pferd von Prinzessin Lúthien

Natürlich hatte sie sich ihr Pferd geschnappt und war damit verschwunden. Diese Närrin! Zornig drehte sich Thranduil zu einem Bediensteten um und starrte ihn wütend an: »Du! Sattel Estel für mich. Ich breche in zehn Minuten auf. « Wesentlich ruhiger räusperte er sich und sah den verschreckten Bediensteten etwas freundlicher an; »Gibt es einen weiteren Ausgang aus diesem Stall? «

Es musste einen geben, sonst wäre allen aufgefallen, dass Lúthien das Schloss verlassen hatte.

Der Elb mit der braunen Lederschürze und den langen schwarzen Haaren nickte knapp. »Ja, Herr... Dort hinten gibt es eine Tür, aber sie ist immer verschlossen. Sie führt direkt in den Wald, der Pfad ist jedoch so eng, dass er schon lange nicht mehr genutzt wird. Wenn ihr also ausreiten wollt, rate ich euch den Weg über den Hof zu nehmen. « Er verbeugte sich leicht und lief dann schnell zur Sattelkammer, um den Hirsch für den anstehenden Ausritt vorzubereiten.

»Ich werde mir selbst ein Bild von diesem schmalen Pfad machen.« Der Diener hatte dies bereits nicht mehr gehört. Während Thranduil noch anderen Elben den Befehl gab, weitere Pferde zu satteln, ging er selbst zu drei seiner Soldaten und bat sie, mit ihm zu reiten.

Zehn Minuten später saßen alle drei bereits auf ihren Pferden und warteten darauf, dass ihr König weitere Anweisungen gab. Langsam stieg Thranduil auf seinen Hirsch, der aufgeregt auf seinem Zaumzeug kaute. Sobald er im Sattel saß, blickte der König des Düsterwaldes erhaben auf den Bediensteten herab: »Öffnet uns die Tür!«

Der Elb mit den schwarzen Haaren wollte gerade widersprechen, wurde jedoch durch einen einzigen vernichtenden Blick von Thranduil zum Schweigen gebracht und huschte schnell zur Tür im hinteren Teil des Stalls.

»Seltsam...« Nachdenklich ließ er seine Hand auf der Klinke ruhen, während er auf den Boden starrte. Die Tür war vor Kurzem geöffnet und nicht wieder verschlossen worden. Langsam öffnete er die Tür und wartete, bis Thranduil mit seinen Männern hindurchgeritten war. Erst dann schloss er die Tür wieder. Erst die Ankunft dieses merkwürdigen Königs und jetzt ein anderer Elbenkönig, der das Königreich durch die Hintertür verlässt? Merkwürdig...

Thranduil || Ein silbernes BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt