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Ich wusste nicht genau, wie ich in den Raum gekommen war. Aber als ich mir meiner Umgebung erst wieder richtig bewusst war, saß ich in einem abgedunkelten Raum. Ich sah mich hektisch um, auf der Suche nach Anhaltspunkten wo ich war und ob ich in Sicherheit war, aber ich kannte den Raum und meine Umgebung nicht.

Mein hektischer Atem überschlug sich, als ich von dem Stuhl aufstehen wollte, auf dem ich saß, konnte aber meine Hand und Fußgelenke nicht bewegen. Jemand oder besser gesagt die Wache musste mich hier angekettet haben, nachdem ich mich zu sehr gewehrt hatte.

Da traf mich der Gedanke wieder, wie ein Blitz schlugen die Erinnerungen und der Schmerz wieder auf mich ein. Serkan. Er war tot. Ich hatte ihn umgebracht.

Mir war zum Weinen zumute, aber ich brachte keine einzige Träne mehr aus meinen schmerzenden Augen hervor. Mein Zittern schwächte ab, aber meine Gedanken rasten, diesmal konnte ich klar denken.

Angst war in letzter Zeit mein ständiger Begleiter gewesen, hatte mich nie richtig losgelassen und doch kam sie jetzt stärker als je zuvor zurück. Ich wusste nicht was mit Serkan geschehen war, warum er so krank gewesen war. Woher der andere verletzte Mann gekommen war. War er vor Serkan zu uns geflüchtet?

Ich schloss meine überanstrengten Augen. Nichts zermürbte mich so sehr, wie nicht zu wissen was da draußen hinter der Tür gerade geschah. Dann durchzuckte mich ein weiterer Gedanke: der Mann den die drei Leute an mir vorbei in unser Lager geschleift hatten, war einer aus Alenas Gruppe. Serkan und Alena waren mit ihm unterwegs gewesen.

Ich versuchte mich verzweifelt zu beruhigen, schaffte es aber einfach nicht. Ich musste verdammt nochmal wissen was hier los war. War Alena zurück?

Bilder von ihr durchzuckten mich, Leichen die ihr Gesicht trugen, Alena wie sie verwirrt und alleine im Wald durch die Gegend streunte wie Serkan in unserem Gang zum Lager. Ich ertrug meine eigenen Gedanken nicht. Erneut spannte sich mein Körper an.

Ich hatte seit sechs Monaten keinen Moment Ruhe mehr gefunden, es mir nicht erlaubt. Meine Gedanken durften mich jetzt nicht einholen.

„Hallo?" Schrie ich ich gegen die Tür. Mein Herz hämmerte und langsam machte ich mir Sorgen, weil es sich nicht beruhigte. „Bitte, hallo!" Schrie ich nochmal, es klang komisch in meinen Ohren. Anders.

Ich lauschte, ob ich schwere Schritte von Stiefeln wahrnehmen konnte aber... nichts. Die Stille machte mir mehr Angst als jedes Stimmen Gewirr was man sonst immer um sich hatte.

Hektisch rieb ich meine Handgelenke gegen den Stuhl, erneut suchten mich schlimme Szenarien heim. Hatten sie mich irgendwo zurück gelassen? War ich alleine?

Ich hasste mich in diesem Moment, dass ich so unkontrolliert reagiert hatte, als mein Pfeil Serkan getroffen hatte. War das ihre Strafe an mich? Nichts brachte etwas, denn wenn diese Menschen gut in etwas waren, dann im sichern von Gefangenen.

Meine Lieder flatterten und ich zählte bis zehn, in der Hoffnung mein Herz und meine Atmung zu beruhigen, als ich auch endlich Schritte wahrnehmen konnte die direkt vor meiner Tür hielten. Sofort riss ich meine Augen auf und blieb still.

Ein kurzes klapperndes Geräusch als Schlüssel ein Schloss entriegelten und dann wieder Stille. Die Tür ging mit einem leisen Ächzen auf und ich atmete erleichtert aus, als ich das Gesicht von Ayaz sah, der durch die Tür hindurch trat. Hinter ihm konnte ich leise Stimmen vernehmen, und einen erleuchteten Gang sehen.

„Wo bin ich?" flüsterte ich. Aber Ayaz antwortete nicht. Nach kurzem Zögern kniete er sich dann vor mich und zog ein kleines Messer aus seinem Stiefel, womit er das Seil von meinen Füßen und Händen vorsichtig löste. Erleichtert stand ich aus dem Stuhl auf und rieb mir sogleich meine aufgeriebenen Handgelenke.

The chosenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt