1 - Drei Punkte Linie [1]

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Ich tippte ungeduldig auf dem Lenkrad meines Autos herum. Es konnte nicht so lange dauern, aus einer Turnhalle rauszukommen, aber ich wartete schon seit 15 Minuten auf meinen Bruder, der sich wie immer alle Zeit der Welt nahm.

Direkt nachdem ich auf dem Parkplatz angekommen war, hatte ich ihm geschrieben. Mein Bruder hatte es sogar gelesen und mich ignoriert.

Im Rückspiegel sah ich endlich zwei Personen aus dem Haupteingang kommen. Einer davon mein kleiner Bruder - groß, dünn, in den goldenen Jahren seiner Pubertät, patzig und großkotzig - und der andere sein Basketballtrainer. Ich kannte ihn nicht wirklich und hatte auch nur von ihm gehört. Von den Geschichten zu urteilen, hatte er ein ähnliches Gemüt wie mein Bruder, nur war er 6 Jahre älter, Student für Lehramt und trainierte ehrenamtlich die Jungen-Basketball-Mannschaft.

Die beiden näherten sich ekelhaft langsam meinem Auto. Ich hasste es, wenn Leute schlenderten, als hätten sie nichts anderes im Leben zu tun außer Spazierengehen.

Ich sah im Rückspiegel, wie sie miteinander redeten. Um meine Ungelduld deutlich zu machen, startete ich das Auto. Daraufhin sahen beide zu mir und mein Bruder öffnete die Beifahrertür, während sein Trainer an das Fenster der Fahrertür klopfte.

Ich rollte mit den Augen und ließ das Fenster herunter, blickte ihn an und zischte ein genervtes "Was?".

"Danke, dass du auf uns gewartet hast", säuselte er mit einem charmanten Lächeln auf dem Gesicht.

Ich wollte nicht oberflächlich sein. Ich wusste, dass ich dazu neigte, Leute in Schubladen zu stecken, und ich hatte mir fest vorgenommen, daran zu arbeiten, aber bei diesem Gesicht warf ich alle Vorsätze über Bord.

Er sah aus wie ein Bilderbuchbadboy, der eben versucht, sein nächstes Opfer um die Finger zu wickeln.

Und ich dachte ernsthaft, diese viel zu selbstbewussten Jungs gibts nur in der Schule.

Zugegeben, er sah - rein objektiv - gut aus. Drei-Tage-Bart, gerade weiße Zähne, sympathische Augen, top gestylte, dunkle Haare, obwohl er gerade vom Sport kam, grüne Augen, muskulös, groß.

"Ich hab erstens nicht auf dich gewartet", ich setzte eine Pause, um seinen Blick zu analysieren, aber der bleib unverändert charmant, "und zweitens, hab ich es nicht freiwillig gemacht."

Er lachte kurz auf. "Tut mir leid für die Umstände. Wir mussten noch aufräumen. Nächstes Mal gehts schneller. Versprochen!"

"Nächstes Mal hole ich ihn vielleicht nicht mehr ab", wandte ich ein, "Es war nett geplaudert zu haben, aber ich muss jetzt echt los."

"Tschau tschau!", er zwinkerte mir zu und wank meinem Bruder, der nur flüchtig von seinem Handy aufsah und "Tschüss" murmelte.

Ich legte den Rückwärtsgang ein, während das Fenster hochfuhr, und fuhr los. Vielleicht etwas zu eilig. Alles die Schuld des blöden, selbstsüchtigen Trainer. Okay, nein. Das Losfahren war meine Schuld. Trotzdem nervte er mich mit dieser selbstverliebten Art.

"Kai hat mich nach deiner Nummer gefragt." Mein Bruder sah mich nicht einmal an, als er es sagte.

"Wer?", fragte ich verwirrt nach.

"Du hast gerade mit ihm geredet."

Verwirrt sah ich ihn an. "Dein Trainer?"

"Ja."

"Und warum?"

"Keine Ahnung."

Typisch. Er hatte mal wieder null Plan. "Hast du sie ihm gegeben?"

"Ne, ich wollte dich erst fragen, obs ok ist."

"Oh, wie aufmerk-"

"Dafür hab ich dein Insta gegeben."

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