Mariona Caldentey

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Mariona Caldentay

„Schau mal, wie findest du das? Sieht doch gut aus, oder?", Mariona hielt mir ihr Handy vor die Nase.

Ich schüttelte den Kopf und verzog meinen Mund unzufrieden.

Es war ein Bild von Pinterest. Sie durchsuchte schon seit knapp 2 Stunden die Seite und hatte immer noch nicht das Richtige gefunden.

Wir kennen uns schon seit unserer Kindheit. Ich kam noch im Säuglingsalter zu meinen Großeltern nach Felanitx. Ich kannte weder meinen Vater, noch kannte er mich. Ich fragte mich manchmal, ob meine Mutter seinen Namen überhaupt kannte. Was meine Mutter betrifft... sie war nicht in der Lage, sich um mich zu kümmern. So gerne sie es auch getan hätte. Sie liebte mich, das hatte sie mir in ihren Briefen immer wieder beteuert. Gesehen hatte ich sie trotzdem seit meinem 5. Geburtstag nicht mehr. Sie hatte selbst einige Probleme und mich damals, nach einer Auseinandersetzung mit ihrem damaligen Freund (mittlerweile natürlich Exfreund), zu ihren Eltern gebracht. Sie war einfach noch nicht reif genug, um ein Kind zu versorgen.

Im Großen und Ganzen konnte ich behaupten, ich hatte eine glückliche Kindheit gehabt. Trotz der gesundheitlichen Probleme meines Großvaters und den langen Arbeitstagen meiner Oma, versuchten sie mir alles zu ermöglichen, was nur irgendwie ging. Später, als meine Oma auch nicht mehr so viel arbeiten konnte wie vorher, fing ich an, neben der Schule und meinem Training zu jobben. Ich hatte sogar angeboten, das Training ausfallen zu lassen, um mehr arbeiten zu gehen.

Als ich das beim Abendessen sagte, fielen meine Großeltern aus allen Wolken. „Kind, wenn du das ernst meinst, dann werde ich mir morgen noch eine Arbeit suchen. Wage es ja nicht, deine Zukunft dafür zu opfern. Ich sehe einen großen Star vor mir. Wenn ich mit dem Gewissen gehen muss, dir deinen Traum zerstört zu haben, dann gehe ich freiwillig in die Hölle", meinte mein schwerkranker Opa aufgebracht. Wir konnten uns schon immer nicht viel leisten. Aber ein Geschenk, das ich zu meinem 6. Geburtstag bekam, werde ich nie vergessen.

Einen Fußball eingewickelt in einem weihnachtlichen Geschenkpapier (wie passend, wenn man bedenkt, dass ich mitten im Hochsommer Geburtstag habe). Ich habe Tage und Nächte damit verbracht, ihn im Hinterhof unseres kleinen Häuschens gegen die Wand zu kicken. Mir Tricks, die ich im Fernseher gesehen hatte, beizubringen oder blöderweise die Fenster unserer Nachbarn zu zerschießen.

Meine Großeltern sparten von dem ohnehin schon wenigen Geld, um mir Tickets für ein Fußballspiel zu kaufen. Auch wenn sie nichts damit am Hut hatte, begleitete mich meine Oma und unterstützte mich bei meinem Hobby, wo es nur ging. Als die Spieler das Feld betraten und das erste Tor viel – damals war es mir egal, wer das Tor schoss, ich hätte bei jedem mitgejubelt – wusste ich, was ich später einmal werden wollte.

Als ich eines Tages meinen schon echt abgenutzten Ball ein wenig vor mich her kickte (ich war auf dem Weg zum kleinen Dorfladen, um ein paar Besorgungen zu machen) und ihn versehentlich zu doll schoss, flog er im hohen Bogen über die Straße und rollte in eine der unzähligen Nebenstraßen rein. Flink hüpfte ich hinterher, doch als ich in die Straße einbog, hielt schon ein kleines Mädchen meinen Ball in den Armen.

„Ich bin Mariona. Kann ich vielleicht mitspielen?", fragte sie mich schüchtern.

Von da an waren wir beide unzertrennlich. Mein Opa sagte einmal „Jetzt habe ich zwei Enkeltöchter."

Das wir nun gemeinsam bei Barça spielten und ich mir mein jetziges Leben niemals hätte erträumen können, haben wir nur meinen Großeltern zu verdanken. Hätten sie mir damals nicht den Ball geschenkt, müsste ich jetzt wahrscheinlich Eis am Strand verteilen und ich hätte Mariona niemals kennengelernt. Das erste Tor, was ich für Barça schoss, war für sie. Ich hoffe, sie haben mir von oben zugesehen.

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