Mary
Es waren viele, viele Jahrezehnte vergangen, seitdem Peter mich nach Nimmerland gebracht hat. Vor mir waren schon drei weitere Jungen auf der Insel: Jamie, Nick und Nebel. Ich war das einzige Mädchen auf Nimmerland. Peter meinte, die Insel brauche eine Frau, die sich um jeden kümmert. Deswegen brachte er mich, er wusste aber nicht, dass ich eine bessere Kämpferin als Erzieherin war.
"Mary." Ich schreckte hoch vom meinem Schlaf. Neben meiner Hängematte stand Charlie. Peter brachte ihn vom letzten Besuch von Andernorts. Charlie hatte hellblondes Haar, wie Entenflaum, und war um die 5 Jahre. Viel zu jung. Abgesehen von Charlie war ich vom Aussehen die jüngste auf der Insel, 12 Jahre. Jamie und ich haben bereits versucht Peter klar zu machen, Charlie sei zu jung, aber er interessierte sich nicht dafür. Er interessierte sich nur für sich selbst.
"Komm mit, Charlie." Ich hob ihn auf und er legte seinen Kopf in meine Halsbeuge. "Wo sind die anderen?" fragte ich ihn. "Draußen."
Ich ging aus unseren Baum, unser Unterschupf, und als Nick mich erblickte, hörte er sofort auf mit Nebel, seinen Zwillingsbruder, zu streiten und lief zu mir. Beide hatten die selben dunkelblonden Haare. Wenn Nebel nicht die Ohren eines Wolfes trug und Nick nicht die einer gelben Raubkatze, könnte man sie schlecht auseinander scheiden. Beide waren um die 13 Jahre und süchtig nach blutrünstigen Kriegen, trotzdem waren sie meine besten Freunde.
"Hey, Mary. Hallo, Charlie." begrüßte uns Nick, als er bei ankam. "Hi, Nick."
"Peter hat gerade eine Ankündigung gemacht. Heute gibts 'nen Überfall bei den Piraten!" freute er sich.
"Was, wieso das denn?" fragte ich ihn verärgert. "Was ist mit den Neulingen?" Peter kann noch keinen Überfall machen. Noch nicht jetzt. Die Neulinge waren erst seit ein paar Tagen auf der Insel. Sechs Neulinge, wie Nip oder Charlie.
Nick lachte ein wenig. "Das hat Jamie auch schon versucht, ihm klar zu machen. Er hat's nicht geschafft."
Ich verdrehte meine Augen und ging mit Charlie zu Jamie. Der schwarzhaarige Junge mit den hellblauen Augen, um die 13 Jahre erblickte mich und grinste mich begrüßend an. Charlie hüpfte mir von den Armen und lief zu ihm. Jamie war irgendwie zu Charlies Vorbild geworden, sein großer Bruder. "Hey, Mary und Charlie!"
Ich stellte mich neben ihm und er legte mir den Arm um die Schulter. Jamie war für mich und für all die Verlorenen Jungs der Insel, wie ein großer Bruder. Wir blickte immer hinauf zu ihm, taten immer das, was er auch tat.
Peter hockte vor uns, die anderen rundherum um ihn, und malte mit einen Stock eine grobe Karte von Nimmerland in die Erde. Unser Baum in der Mitte der Insel, im Osten eine Bergkette, das Piratencamp im Norden, die Seen im Westen, im Süden die Sümpfe und der Krokodilsteich, südwestlich die Dünen, am nördlichen Ende die Meerjungfrauenlagune und die Nordwesten das Grasland. Wir betraten das Grasland eher selten, da es das Revier der Vieläugigen war.
Jamie und ich hielten uns eher im Hintergrund. Wir kannten die Insel in- und auswendig. Ich beobachtete die verunsicherten Neulinge. Sie wirkten verwirrt, außer einer. Nip. Nip war mir schon am Anfang ins Auge gefallen. Er wirkte wie ein Klugscheißer, einer der immer der Beste sein wollte. Ich wusste, dass wegen ihm bald ein Streit vom Zaun brechen würde.
Das Piratencamp war ein Zweitagesmarsch von hier bis dort. Manchmal brauchte es sogar länger. Es kam darauf an, wie sich die Jungs anstellten. Ich wusste, dass der Überfall ein verlustreicher sein wird. Die Neulinge waren erst seit geringer Zeit auf der Insel und hatten noch keine Erfahrung, wie ich oder Jamie oder Nick oder Nebel.
Ich bemerkte, wie Jamie ein paar Schritte auf Peter zumachte. "Ich glaube nicht-"
"Glaube nicht." schnitt er Jamie ab und ein paar Jungen kicherten. Ich ließ einen finsteren Blick durch die Menge schweifen, der alle kichernden Jungs beschämt zu Boden blicken ließ. Alle außer einen Nip. Er starrte so lange, provozierend, zurück, bis Peter unseren Starrwettbewerb unterbrach.
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Marilynn und die Verlorenen Jungs | Die Chroniken von Peter Pan
FanfictionSie erinnert sich nicht mehr an ihr zuhause. Nur noch an Nimmerland. Ans Blut, Spiele, Spaß und ans Nie mehr Erwachsen werden. cc: keiner dieser Charaktere gehören mir / Christina Henry