Der Fahrende Ritter

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Die Sonne stand tief am Himmel, welcher in ein rotes Licht getunkt war. Lia schloß kurz die Augen und genoss die Wärme auf ihrer Haut. Ihren kleinen Beutel voller Geld hatte sie parat, damit sie gleich den Fahrenden Ritter bezahlen konnte. Sie war schon ein paar Mal mit ihm gefahren, immer wenn sie in die Winkelgasse wollte. Sie hätte auch Flopulver benutzen können, jedoch fand sie, dass die Fahrten mit dem Fahrenden Ritter nie langweilig waren und man immer neue Teile Englands sah.

Lia stellte sich an den Straßenrand, neben sich platzierte sie ihr Gepäck. Sie zückte ihren Zauberstarb, streckte ihn von sich weg und schwang ihn kurz. Es knallte kurz laut und ein Bus mit drei Stockwerken tauchte auf. Er kam vor ihr abrupt zum Stehen und jemand kam herausgetreten. "Willkommen im Fahrenden Ritter, dem Nottransport für gestrandete Hexen und Zauberer. Strecken sie einfach die Zauberstabhand aus, steigen sie ein und wir fahren sie, wohin sie wollen. Mein Name ist Stan Shunpike und ich bin für heute Abend ihr Schaffner", leierte der junge Mann herunter als müsste er ein Gedicht in der Schule vortragen. "Wohin möchten Sie?", fragte er Lia, als er mit seiner Ansprache fertig war. "Zum Tropfendem Kessel bitte", antwortete sie. Sie ist schon länger nicht mehr mit dem Fahrenden Ritter gefahren, was sie daran bemerkte, dass sie Stan Shunpike noch nie zuvor gesehen hatte. Er sah auch noch relativ jung aus. Wenn sie in hätte schätzen müssen, würde sie ihn auf vielleicht 19 Jahre schätzen.

"Das würde Elf Sickel machen", sagte Stan. "Für dreizehn Sickel gibt es noch eine heiße Schokolade und für fünfzehn sogar noch eine Wärmeflasche und Zahnbürste in der Farbe deiner Wahl dazu", fügte er hinzu. Lia gab Stan elf Sickel und er half ihr, ihr Gepäck in dem Fahrenden Ritter unterzubringen. Nachdem Lia auf ihrem Bett, welches zum Glück in der untersten Etage lag, Platz genommen hatte, knallte es wieder und sie fand sich in einem ganz anderen Teil Englands wieder. Lange fuhren sie jedoch nicht auf dieser Straße, da sie kurz darauf mit einem knall in einem anderem Ort landeten. Beim Bremsen spürte Lia, wie sich ihr der Magen umdrehte, als sie mitsamt ihres Bettes nach vorne geschleudert wurde. Mittlerweile bereut sie ihre Entscheidung, mit dem Fahrenden Ritter zu fahren fast. Ihr wurde beim Autofahren so gut wie immer schlecht und der Fahrende Ritter fuhr nun mal nicht wie ein ganz Normales Auto.

Die Türen gingen auf und Stan  ging aus dem Bus raus. "Willkommen im Fahrenden Ritter, dem Nottransport ...", hörte sie ihn wieder mit seiner Ansprache anfangen, konzentrierte sich jedoch nicht sonderlich darauf. Jetzt, wo der Fahrende Ritter angehalten hatte, realisierte sie wieder, dass diese Fahrt zum Tropfendem Kessel nicht wie jede andere zuvor war. Sie würde nicht am nächsten Tag wieder Zuhause sitzten. Nein, sie würde in wenigen Wochen im Hogwarts Express sitzen. Sie würde auf die Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei gehen. Vielleicht würde sie sogar Freunde finden. Das Lächeln stahl sich erneut in ihr Gesicht und Glücksgefühle durchströmten sie. 

Ein Knall riß Lia  aus ihren Gedanken und der Fahrende Ritter war wieder auf jener Strecke, auf welcher sie zuvor waren, bevor sie herausgewunken  wurden. Neben ihr hatte ein Junge platz genommen. Er strich sich immer wieder seine dunklen, struppigen Haare über der Stirn glatt und wirkte auf Lia fast so, als würde er gerade zum ersten Mal mit dem Fahrenden Ritter fahren. Das konnte sie auch daran erkennen, dass der Junge dreizehn Sickel bezahlt hatte, was bedeutet, er hatte sich eine heiße Schokolade mitbestellt. Lia hatte diesen Fehler auch schon mal gemacht. Danach war ihr ganzes Oberteil übergossen mit heißer Schokolade.

Der Blick des Jungen blieb an der Zeitung hängen, welche Stan gerade las. Auf der Titelseite war ein Artikel mit Bild von Sirius Black zu sehen. "Der Mann da, er war auch in den Muggelnachrichten zu sehen", sagte der Junge, welcher Neville hieß. "Ja, die Muggel sollen auch die Augen nach ihm offen halten", antwortete Lia, als sie bemerkte, das Stan in den Artikel, welcher er gerade las, vertieft war. "Wer ist er denn?", fragte Neville, woraufhin Lia ihm eine Ausgabe des Tagespropheten gab, welche auf einem Beistelltisch gelegen hatte. "Bisher hat es noch nie jemand geschaft aus Askaban auszubrechen", erzählte Lia. "Black ist der Erste. Jetzt suchen alle wie verrückt nach ihm. Für Hogwarts werden sogar neue Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen". Lia beobachtete, wie Neville den Artikel las und diesen anschließend auf die Seite legte. Kurzzeitig verrutschte dabei seine Haare im Gesicht. Lia bildete sich ein, dort etwas gesehen zu haben. Eine Art Narbe vielleicht. Aber Nevilles Hand drückte schon wieder die Haare auf seiner Stirn platt, weshalb sie sich nicht weiter darauf konzentrieren konnte.


Mittlerweile waren Lia und Neville die letzten Passagiere im Fahrenden Ritter, welcher gerade auf London zuraste. Die beiden hatten sich noch etwas Unterhalten und Lia hatte das Gefühl, als ob sich die beiden gut verstehen würden. Neville würde wahrscheinlich auch nach Hogwarts gehen, mutmaßte sie. Vielleicht könnte er ja ein Freund werden?

Der Fahrende Ritter hielt am Tropfendem Kessel an. Der Tropfende Kessel war ein unscheinbares Gebäude, welches für Muggelaugen nicht sichtbar war. Lia hatte ihre Koffer hervorgeräumt und stand vor Neville, bereit aus dem Fahrenden Ritter auszusteigen. Gleich, als sich die Türen öffneten sprang Lia aus dem Bus heraus, dicht gefolgt von Neville. Lia wollte sich gerade verabschieden, als sie jemanden im Eingang zum Tropfenden Kessel stehen sah. Es war Fudge, der Minister für Zauberei. "Da bist du ja, Harry", sagte er. Lia drehte sich zu Neville, oder besser gesagt Harry um. Jetzt ergab es auch Sinn, dass er sich die ganze Zeit die Haare auf der Stirn platt gedrückt hatte, dachte sie sich. Für einen kurzen Moment hat sie gedacht, der Zauberreiminister war wegen ihr da. Sie war im Zauberreiministerium nicht angemeldet, weshalb sie für die nicht existierte. Wenn Fudge von ihr windbekommen würde, gäbe es sicherlich eine Menge ärger.

Lia nahm die Griffe ihres Koffers in die eine Hand, denn Katzenkorb in die andere und schaute nochmal zu Harry, welcher wie versteinert da stand. "Tschau Harry", sagte sie mit einem Grinsen auf dem Gesicht und trat in den Tropfenden Kessel ein.

She is a Riddle// Der Gefangene von AskabanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt