1. "Ein neues Zuhause"

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Das Quietschen der Bremsen riss ihn aus seinem Halbschlaf. Er nahm seine Reisetaschen und lief aus dem Zug. Nun stand er hier, am Bahnsteig auf dem Weg zu seinem neuen zuhause für die nächsten zehn Jahre. Der Bahnsteig war voller Kinder, alle wuselten durch die Gegend, aufgeregt und voller Neugierde auf ihr neues Heim. Severus war nicht aufgeregt, es war ihm um ehrlich zu sein egal auf welche Schule er ging, denn es war jedes Mal gleich. Die Leute spürten seine verschlossene Art und mieden ihn, er hatte nie wirkliche Freunde gehabt. Doch er beschwerte sich nicht, er fand es eigentlich ganz gut seine Ruhe zu haben und für sich zu sein. Nur seine Eltern hatte es gestört. 'Du bist immer so allein, Severus. Sprich doch mal jemanden an, die sind alle bestimmt ganz nett.', hatte seine Mutter mit sorgenvoller Stimme gesagt und als nach der Grundschule die Entscheidung anstand auf welche Schule er gehen sollte und sein Vater in der Zeitung die Anzeige des Internats sah kamen sie auf die Idee ihn dorthin zu stecken. Er hatte mit den Achseln gezuckt, seine Eltern hatten das als ein 'ja' gedeutet und nach den Ferien war er mit vielen Tränen verabschiedet und in den Zug geschubst worden. Nun war er hier, er schulterte eine Tasche, nahm die andere in die Hand und folgte der Masse an Kindern. Schließlich stand er an einer Straße, eine Gruppe schwarzer Vans hielt am Rand und in schwarz gekleidete Männer und Frauen teilten die Kinder in die Autos ein. Es sah nicht wirklich nach einem Transport zu einer Schule aus, eher nach einer Massenentführung oder irgendeinem anderen Verbrechen. Severus musste schmunzeln bei der Vorstellung wie leicht man über 100 Kinder mitten in der Öffentlichkeit entführen könnte ohne, dass jemand etwas merken würde. Auch er ließ sich von einem schlecht gelaunten Mann in einen der Vans schubsen, seine Reisetaschen wurden ihm genommen und nicht gerade sanft in den Kofferraum geworfen und schließlich landete er neben einem dicklicheren, freundlich lächelndem Jungen, der jedoch nachdem Severus ihn einmal mürrisch anguckte etwas wegrutschte und ihn die Fahrt über in Ruhe ließ. Er sah die Landschaft an sich vorbeiziehen, erst Häuser und Läden, doch nach einer Weile wurden aus den Häusern Bäume und kurze Zeit später sah er die ersten Dächer über den Bäumen aufragen. Das Auto hielt auf einem geschotterten Platz vor einem riesigen alten Schloss mitten im nirgendwo. Das hatten die in der Anzeige also mit 'naturverbunden' gemeint. Eine ältere, ebenfalls völlig in schwarz gekleidete Frau diktierte die neuen Ankömmlinge in verschiedene Richtungen. Die Autotür wurde aufgemacht und er stieg aus, nahm seine Tasche entgegen, ging dann jedoch nicht mit allen anderen Kindern mit auf die Schule zu sondern sonderte sich unbemerkt ab. Er wollte sich sein neues Zuhause erst einmal selbst anschauen und alles für sich erkunden. Erst noch vorsichtig schlich er um das große Gebäude herum aber als weit und breit niemand zu sehen war entspannte Severus sich und trat auf den großen Schulhof. Eine große Wiese erstreckte sich so weit man sehen konnte, weiter hinten war ein riesiger See, Felder erstreckten sich fröhlich blühend. Es gab keinen Zaun, der den Schulhof einteilte und irgendwie beruhigte ihn das. Er kam sich frei vor. Als er sich weiter umschaute entdeckte er ein riesiges Fußballfeld, an den Seiten waren riesige Tribünen von denen man das ganze Feld sehen konnte. Er musterte alles genauer als seine Sicht plötzlich verschwam.

Die steinernen Tribünen waren voller Schüler, kein Platz war mehr frei. Alle standen jubelnd, riefen verschieden Namen und verfolgten mitfiebernd das Spiel. Doch als sein Blick auf das Spielfeld fiel erschrak er. Es wurde kein Fußball gespielt. An langen, nach oben ragenden Stäben waren Kreise befestigt, wie die durch die die Delfine in Veranstaltungen springen mussten. Eine Gruppe Schüler in Rot und Grün gekleidet jagten sich auf fliegenden Besen. Erstaunt musterte er das komische Geschehen als er plötzlich etwas goldenes im Augenwinkel aufblitzen sah. Rasend schnell flog eine goldene Kugel mit weißen Flügen auf ihn zu. Er konnte sich nicht rühren, er war wie festgewachsen und sah das komische Ding auf ihn zufliegen. Immer näher kam das Geschoss seinem Gesicht, er spürte den Wind den die Flügel erzeugten.

Plötzlich stolperte Severus über irgendetwas. Erschrocken wich er zurück, vor ihm war ein leeres Fußballfeld. Keine jubelnden Schüler, keine fliegenden Besen. Was war das denn gewesen? Er richtete sich auf, klopfte den Dreck von seiner Hose und schaute sich verwirrt um. Keiner schien etwas bemerkt zu haben. Ein Gong ertönte aus Richtung der Schule und er beschloss sich wieder zu den anderen Schülern zu gesellen. Er betrat den nun leeren Haupteingang und folgte dem Stimmengewirr bis er vor einer großen Holztür stand. So leise wie möglich öffnete er sie und versuchte sich möglichst unbemerkt in eine der letzten Reihen zu setzten. Er befand sich in einer riesigen Halle, lange Tische standen überall und auf den Bänken hatten sich anscheinend alle Schüler der Schule niedergelassen. Neben ihm spielten ein paar Jungs heimlich auf ihren Handys und interessierten sich nicht für ihn. Die neu angekommen stellten sich alle vor eine Art Bühne auf der ein weiter Tisch stand an dem die Lehrer saßen. Als Severus nach oben schaute sah er, dass ein blaues Tuch über die Decke gespannt war, ein paar Wolken und sogar die Sonne waren darauf angebracht. Es sah süß aus. Vor Kopf des Tisches so, dass er über die ganze Halle schauen konnte, saß ein alter Mann mit einem unglaublich langem Bart und neben ihm ein gutes dutzend in schwarz gekleideter Erwachsener. Eine in schwarz gekleidete Frau stand vorne und rief nun einzeln die Namen von Kindern auf, diese mussten sich dann nach vorne auf einen Stuhl setzten und mussten einen Zettel aus einem alten Hut ziehen. Auf diesem stand dann entweder Gryffindor, Slytherin, Ravenclaw oder Hufflepuff stand. So hießen die vier Häuser in die die Schüler hier unterteilt wurden. Severus fand die Namen ziemlich eigenartig und langsam machte er sich Sorgen wo er hier gelandet war.

„Severus Snape.", rief die Frau nun seinen Namen auf. Langsam schleppte er sich nach vorne und zog einfach wahllos einen Zettel. Slytherin. Der Name gefiel ihm am besten von allen. Er bewegte sich auf den Tisch zu, der zu diesem Haus gehörte. Am Anfang hatten noch Leute applaudiert, wenn ein neues Kind gekommen war, jetzt sahen sie gelangweilt aus. Sie erlebten das auch jedes Jahr, da wäre er auch gelangweilt. Er setzte sich an eine freie Stelle auf der Bank, ein paar Schüler nickten ihm zu, sonst schien ihn keiner großartig wahrzunehmen. Er drehte sich halb um den Schülern, die noch vorne standen besser zuschauen zu können. Ein junges Mädchen ging nach vorne, ihr gang war federnd und leicht und ihre rotbraunen Haare ließen ihr Gesicht strahlen. In diesem Moment wunderte Severus sich, dass er sie noch nicht bemerkt hatte, obwohl sie vor Lebensfreude nur so strahlte. Fasziniert schaute er ihr zu, wie ihre Augen aufgeregt leuchteten und sie dann schließlich leise „Gryffindor" von ihrem Zettel ablas. Fast war er enttäuscht, dass sie in ein anderes Haus kam und gleichzeitig wunderte er sich, wie sie es geschafft hatte ihn so schnell zu verzaubern. Doch anscheinend war er nicht der einzige. Kaum hatte sie sich auf die Bank gesetzt verwickelte ein ebenfalls neuer Junge sie in ein Gespräch. Serverus wunderte sich, was sie an sich hatte. Die ganzen Jahre hatte er sich nicht für irgendjemanden, sei es ein Mädchen oder ein Junge, interessiert. Und jetzt auf einmal war sie da und faszinierte ihn allein durch ihre Art. Er glaubte nicht an Liebe auf den ersten Blick, das tat er auch jetzt nicht, aber er fand sie auf jeden Fall interessant. Und er wollte sie unbedingt näher kennenlernen.

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