Kapitel 1

12 1 2
                                    


Ohne noch einmal in den Spiegel zu sehen knallte ich die Tür hinter mir zu. Ich wusste auch so, dass ich scheiße aussah. Immerhin konnte ich die Augenringe förmlich fühlen. Die schwarzen Haare, wenn sich sowas überhaupt so nennen durfte, standen wild vom Kopf ab, als wäre ich gerade Achterbahn gefahren, was natürlich nicht der Fall war. Im Gegenteil, ich hatte sie mir eigentlich gerade erst gekämmt. Eigentlich... und uneigentlich waren meine schwarzen Locken nicht zu bändigen und ich hatte es auch irgendwann einfach aufgegeben. Man musste nicht den ganzen Morgen im Bad stehen und versuchen sich mithilfe des Glätteisens einigermaßen die Haare zu richten, wenn man wusste, dass es nicht mal fünf Stunden halten würde. Besonders nicht, wenn es so wie an diesem Tag leicht nieselte. Da viel mir doch wirklich besseres ein, um die Zeit rumzukriegen... schlafen zum Beispiel... auch wenn das in diesem Haushalt so gut wie unmöglich war. Besonders nicht, wenn mal wieder ein erster Schultag an einer neuen Schule auf dem Plan stand und Dorothea, mein Vormund, um sechs Uhr das Haus verlassen musste. Um diese Zeit hatte sie mich nämlich geweckt, weil sie sich nicht sicher war, ob Munin sich daran erinnern würde, mich zu wecken. Der Rabe schien sich nämlich nur an wichtiges zu erinnern... pardon, für ihn wichtiges... Und den Eindruck, den ich an meiner neuen Schule hinterlassen würde, gehörte offenbar nicht dazu. Eigentlich jedoch, war ich an diesem Tag gar nicht mal wirklich sauer darauf geweckt zu werden. Denn der Albtraum, den ich mal wieder gehabt hatte, war nicht schön gewesen. Das Problem war nur immer, dass ich mich hinterher nicht mehr, oder nur verschwommen, an die Geschehnisse im Traum erinnerte. So wusste ich dieses mal, wie eigentlich fast immer, dass es gebrannt hatte... Ich hasste Feuer, und keiner schien zu wissen warum. Ich war mit dem zarten Alter von einem Jahr zu Thea gekommen, einer Hexe des Waldes, als ein kleines Bündel mit schwarzem Haar und lustig wechselnder Augenfarbe, je nachdem, wie ich gelaunt war. Thea wusste, bzw. behauptete sie noch immer, dass sie keine Ahnung gehabt hatte, wie ich zu ihr gekommen war, oder was ich eigentlich wirklich war. Tatsache jedoch blieb, dass ich kein normaler Mensch war, sondern magisches Blut durch meine Adern floss. So toll sich das jetzt auch anhören mag, so beschissen ist es. Wir fielen viel zu schnell auf, wenn wir nicht höllisch aufpassten, was wir taten, doch bis zu diesem Tag, hatten wir es nicht geschafft, länger als ein halbes Jahr an einem Ort zu leben. Meistens lag das an mir. Ich musste zur Schule gehen, fiel aber auf, wenn ich nur mal ein bisschen wütend oder schlecht gelaunt war, und mich nicht ganz im Griff hatte. Seltsame Dinge geschahen um mich herum seit ich denken konnte, ins Besondere, wenn ich sauer war. Meine Augen wurden glühend Rot und Gegenstände begannen sich selbstständig zu machen. Ich wusste, dass diese seltsame Macht, die die Dinge dazu verleitete, von mir kam, konnte sie jedoch nicht kontrollieren. Ich war keine Hexe, dass hatte Thea mir tausendfach bestätigt und so konnte sie mir nicht sagen, was ich tun konnte, um etwas zu ändern. Bis auf die Kunst der Selbstbeherrschung, Diese hatte ich jedoch in all den Jahren tatsächlich perfektioniert und so war der erneute Umzug von York nach Edinburgh nicht meine Schuld, sondern die Munins. Der Rabe, der die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben schien, nach eigener Aussage, hatte sich verplappert. Und während es für mich völlig alltäglich war, einen sprechenden Raben zu sehen, war es für die Dame, die an diesem Tag in unserem Laden gewartet hatte, ein Schock gewesen. Thea schien nur darauf gewartet zu haben, denn innerhalb einiger Tage hatten wir alles gepackt und nach Schottland gefahren, wo ich nun auf dem Weg in die neue Schule war. Leicht deprimiert sah ich zum grauen Himmel auf, während mir winzige Wassertropfen ins Gesicht flogen. Natürlich regnete es, wie sollte es auch anders sein in Großbritannien. Außerdem hatte ich nie Glück, auch nicht beim Wetter an einem ersten Schultag. Ich seufzte und bog langsam um die Ecke. Jap, dass sah nach Schule aus. Mehrere Schüler standen in kleinen Kreisen zusammen oder liefen gemeinsam in Richtung des großen Hauptflügels. Ich seufzte und versuchte mich zu konzentrieren. Ich hellte meine Augen zu einem Eisblau auf und lief dann auf den Haupteingang zu. Während mich die anderen Schüler neugierig beobachteten, bat ich stumm Mutter Natur, sie solle sich das mit dem Regen doch noch mal überlegen und betrat dann das Gebäude.


Nightmare - Wer ist sie wirklichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt