WILLOW

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Es war ein Harvard-Schal.

Die erste molekulare Verbindung mit der Natur dieses Planeten, nachdem ich aus dem Geburtskanal gezogen wurde, war nicht das Keratin der Haut meiner Mutter, sondern Zellulose. Genauer gesagt Baumwolle. Noch genauer gesagt: ein Harvard-Schal.

Ja, mein Ivy-League-Dad war so stolz auf sein runzliges Wesen, dass er die Taufe vorzog und sein schmieriges Neugeborenes statt Wasser mit Harvard-Fasern segnete.

Und das war erst der Anfang.

In einem Harvard-Body habe ich laufen gelernt, jedem Sonnenstrahl mit einer Harvard-Cap gestrotzt, und in meiner Schultüte zur Einschulung war eine Harvard-Trinkflasche. Ich habe sie niemals gewechselt und benutze sie noch heute.

Zu sagen, ich hätte mich auf das erste Semester an der Harvard Law School vorbereitet, wäre untertrieben. Ich habe mich nicht nur vorbereitet. Ich kannte jeden Kurs, der hier gelehrt wird, vor meinem zwölften Geburtstag, und habe das Constitutional Law abends vor dem Einschlafen gelesen, bevor ich mir vorgestellt habe, wie ich selbst den Hammer schwinge und von bunten Einhörnern in Richterrobe gefeiert zur Justitia getragen werde.

Und das alles, um jetzt, in dieser lebenswichtigen Vorlesung zum Zivilprozessrecht, jedes Wort von Prof. Dr. Hartfield auszublenden und stattdessen Benedict King anzustarren.

Benedict King.

Manchmal frage ich mich, ob sein Nachname wusste, dass er ihm gehören müsste, weil es so passend ist. Er ist nicht nur an der Law School der König, sondern auf dem ganzen Campus. Star-Quarterback von Harvard Crimson, obwohl Freshmen so gut wie nie ins Team kommen, das Objekt besessener Begierde aller Studentinnen und unter den Kerlen das Vorbild, zu dem sie alle aufsehen.

Für mich ist er jemand, um den ich einen weiten Bogen mache. Was sich als schwierig erweist, weil er mein Mitbewohner im Verbindungshaus ist. Und Mitglieder der Alpha-Phi-Omega-Verbindung, die für Einheit in Vielfalt steht, sollten eher händchenhaltend einen Kreis bilden und unsere sozialen und ethnischen Unterschiede lächelnd verschwimmen lassen statt sich zu ghosten.

Lässig sitzt er in dem alten Holzstuhl in der Reihe vor mir, schabt mit seinem Nike über den roten Teppich und kaut auf einem Fineliner herum, während er Professor Hartfields Vortrag lauscht. Sein braunes Haar steht genauso wild zu Berge wie heute Morgen, als ich ihn nur in Boxershorts aus seinem Zimmer habe kommen sehen, und das Licht, das durch die Fenster scheint, lässt seine grünen Augen funkeln.

»Wenn wir über Kausalität im Deliktsrecht sprechen«, sagt Dr. Hartfield, deutet mit der Fernbedienung auf seine Fallfolie und lockert mit der anderen seine Krawatte, weil er voll in seinem Element ist, »müssen wir also nicht nur fragen, ob das Handeln des Beklagten den Schaden des Klägers tatsächlich verursacht hat ...« Plötzlich wirbelt er herum und deutet mit seiner Fernbedienung auf mich, als würde er mich mit ihr erdolchen wollen, weil ich Benedict angestarrt habe. »Sondern was noch, Miss Sullivan?«

Mein Name kommt nur verzögert bei mir an. Als ich zusammenzucke und mich abwende, hat Benedict seinen Kopf schon gedreht und mich dabei erwischt, dass ich ihn angegeiert habe wie eine sabbernde Bulldogge.

»Miss Sullivan?«

Panisch sehe ich Dr. Hartfield an. »Ja?«

»Kausalität«, entgegnet er. »Nicht nur die Handlung des Beklagten, sondern was noch ist relevant?«

»Ach so. Ja, natürlich. Ähm ...« Ich richte mich in meinem Stuhl auf und kralle meine Nägel in den Stoff meiner Baggyjeans. Im Augenwinkel erkenne ich, dass Ben mich immer noch ansieht. Sein Blick nagt an mir wie eine blutsaugende Stechmücke. »Ob die Handlung rechtlich gesehen eine ausreichend direkte Ursache war, um, ähm, die Haftung zu begründen.«

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