Mit einem tief aus dem Herzen stammenden Seufzer betrachtete Luke Foster das neongelbe Schild. Das kleine Büro vor seinen Augen war nunmehr zu seiner letzten Hoffnung geworden. Wie ein Strohhalm im großen Ozean, an den er sich verzweifelt klammerte. Er hatte schon den gesamten Bahnhof abgesucht, jedoch nicht den geringsten Hauch eines Hinweises auf den Verbleib seines Koffers gefunden. Nun stand er direkt im Hamburger Hauptbahnhof vor dem Schild auf dem in großen, leuchtenden Lettern „Fundbüro“ stand.
Luke war müde. Es war inzwischen spät geworden, etwa halb zwölf am Abend und es war kalt.
In seinem Eifer den Koffer zu finden hatte er alles um sich herum vergessen.
Seine Jacke war im Hotel verblieben und nun kroch die Kälte allmählich in jede Faser seines Körpers.
Er betrat das Büro. Eine kleine Glocke begrüßte ihn mit ihrer hellen Stimme. Es war niemand zu sehen. Luke schaute sich in dem kleinen Raum um. Er war spärlich, aber funktional eingerichtet. Ein langer Tresen, dahinter zwei Bürotische mit Stühlen und ein großes Regal mit Fundsachen.
Etwas weiter hinten befand sich eine Tür, die in einen weiteren Raum führte.
„Hallo? ...Hallo, ist noch jemand hier?"
Lukes Stimme zerschnitt die Stille des Raumes.
Niemand antwortete ihm. Einige Minuten verstrichen und Luke wandte sich zum Gehen, da erscholl eine weibliche Stimme gedämpft aus dem hinteren Raum.
„Einen Moment bitte, ich komme sofort.“
Luke sah eine junge Frau aus der Tür kommen. Sie schien erst sechszehn zu sein, doch genau wusste er es nicht. Sie hatte zerzaustes Haar, ihre Augen waren höchstens zur Hälfte geöffnet und sie trug ein Namensschild. Sam hieß die junge Frau
„Es tut mir sehr leid, ich muss wohl eingeschlafen sein. Wie kann ich ihnen helfen?“
„Mein Name ist Luke Foster. Ich habe etwas von äußerster Wichtigkeit verloren.“
Luke schilderte der nun allmählich erwachenden Sam was passiert war und was er vermisste.
„Sie haben also einen schwarzen Aktenkoffer verloren, in dem sich ein Buch befand. Das Buch ist sehr alt. Gut, ich werde einmal hinten nachsehen.“
Mit diesen Worten verschwand Sam im hinteren Raum.
Etwa zehn Minuten dauerte es, bis sie wieder kam.
„Tut mir leid, es ist nichts dergleichen bei uns abgegeben worden. Ich kann sie aber gern in die Datenbank aufnehmen, dann lassen wir ihnen den Gegenstand zukommen, wenn er abgegeben wird.“
Mit diesen Worten reichte sie Luke einen Bogen Papier. Er füllte ihn schnell aus und gab ihn ihr zurück. Nun da seine letzte Hoffnung gestorben war musste er weitere Schritte einleiten.
Sam nahm ihren Blick von dem Zettel und sah Luke an.
„Ist es ein wissenschaftliches Buch?“
„Äh, ja sowas in der Art. Hören Sie...das Buch ist sehr gefährlich. In den Falschen Händen kann es verheerende Schäden verursachen. Es ist ein okkultes Werk, das nur Forschern zusteht.“
„Also gut“, sagte Sam, „Ich werde ganz besonders auf ihren Koffer achten und wenn ich ihn bekomme, sofort zu ihnen ins Hotel bringen. Ich muss zugeben, sie haben mich etwas neugierig gemacht."
Lukes Blick wurde kalt bei diesen Worten. Mit festem Blick sah er Sam an.
„Ich glaube sie verstehen mich nicht. Neugier kann in diesem Fall tödlich enden, Sam. Mit diesem Buch ist nicht zu spaßen. Weniger starke Persönlichkeiten wurden schnell von ihm verführt und es würde eine Katastrophe geben. Also bitte lassen sie die Finger davon.“
„Na schön gut. Ich lasse die Finger davon, aber...”
„Egal was sie gerade vorhatten zu sagen. Die Antwort lautet NEIN!”
Luke verzichtete darauf, noch mehr zu sagen. Er war sich sicher, dass Sam nun nicht mehr unbedingt scharf darauf war in dem Buch zu stöbern, falls sie es wirklich bekommen sollte.
Nun hatte er ein echtes Problem. Noch dazu musste er seinem Boss dringend Bericht erstatten, damit weitere Schritte eingeleitet werden konnten, damit das Problem nicht allzu schwerwiegend wird.
Schweren Herzens hatte er noch am späten Abend ein Telegramm aufgesetzt.
Nun konnte er nur noch hoffen, dass das Buch von selbst wieder auftauchte.

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Das schwarze Buch
NouvellesLuke Foster, ein verzweifelter Reisende, sucht im Hamburger Hauptbahnhof nach seinem verlorenen Aktenkoffer. Im Fundbüro trifft er auf die verschlafene Mitarbeiterin Sam, die ihm bei der Suche hilft. Doch Lukes Koffer enthält ein gefährliches Buch...