01 | Sophie

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»Okay. Wer hätte Interesse, mit mir zusammen beim Stück Regie zu führen?«

Meine Hand schnellt mit vollem Elan und ohne nachzudenken in die Höhe, bevor die Frage überhaupt zu Ende gestellt werden konnte. Dass mir ein paar meiner Mitstudenten im Sitzkreis auf der Bühne mit hochgezogenen Augenbrauen oder gerunzelter Stirn Blicke zuwerfen, ignoriere ich gekonnt.

Gänzlich allein liegt meine Aufmerksamkeit auf dem älteren Junior Studenten Blake Finch, der mir mit gekreuzten Beinen schräg gegenübersitzt.

Durch das schwache Bühnenlicht im Theatersaal der Bristol Universität sehe ich, wie seine Mundwinkel leicht zucken, während er nach seinem Stift greift und nickend etwas in sein bereitliegendes Notizheft schreibt.

Vorsichtig lasse ich meinen noch immer in der Luft schwebenden Arm sinken und warte gebannt darauf, dass Blake etwas sagt. Oder ob sich noch andere für diese Position melden und mir als Konkurrenten gegenüberstellen wollen. Aber keiner meiner Mitstudenten regt sich auch nur ein kleines Stück. Die Sekunden fühlen sich wie Stunden an und ich frage mich, wieso es solange dauert, einen Satz ins Heft niederzuschreiben.

Und dann endlich hebt Blake seinen Kopf. Seine Augen finden meine. Ich ziehe mir unbewusst meine Unterlippe zwischen meine Zähne.

»Dann willkommen am Bord, Sophie.«. Er lächelt mir zu und zeigt damit seine perlweißen Zähne. Mein Herz stottert für einen kurzen Augenblick darüber, dass er meinen Namen noch weiß. Wir sehen uns gerade das dritte Mal in dem Theater-Kurs, den ich jetzt im zweiten Semester besuche.

Am Anfang haben wir uns alle namentlich vorgestellt, damit jeder weiß, mit wem er es in diesem Studienhalbjahr zu tun hat. Blake ist mir sofort ins Auge gesprungen, wie er selbstsicher durch die große Saaltür geschritten ist und sich dabei mit Mrs Moretti, unserer Theaterleiterin, unterhalten hat.

Mit dickem Grinsen auf den Lippen setze ich mich aufrechter hin und atme tief durch die Nase ein und aus. Ich liebe das Theater und noch mehr freue ich mich, das Stück Romeo und Julia mit Blake zu planen, das Mrs Moretti für ihn ausgesucht hat.

Es ist für ihn eine Art Prüfung, das Stück allein zu organisieren und im besten Fall am Ende des Semesters aufführen zu lassen. In den kommenden Semestern wird wahrscheinlich auch das auf mich zurückkommen. Aber dann habe ich schon einmal Erfahrung gesammelt.

Sofort fängt mein Kopf an zu rattern. Wie sollten am besten die Kostüme aussehen? Und das Bühnenbild? Vielleicht könnte man eine neue Version von Romeo und Julia gestalten oder sollte man sich lieber am Original halten?

In meinen Fingerspitzen kribbelt es, da ich nur so vor Enthusiasmus nach meinem Notizblock und Stift greifen möchte, um meine ganzen Gedankenstränge niederzuschreiben. Jedoch ist beides verstaut in meinem Rucksack, der in der Ecke der Bühne liegt.

Es passiert nicht mehr viel in der Stunde und man verbleibt mit der Äußerung, dass wir uns in drei Tagen wieder hier versammeln und mit dem Grundgerüst des Theaterstückes starten. Mrs Moretti wünscht uns noch einen schönen restlichen Tag und dann sind wir aus dem Seminar entlassen.

Ich stehe vorsichtig vom harten Boden auf und wackle etwas mit dem Fuß, da dieser in der Zeit eingeschlafen ist. Ein Glück liegen hier Sitzkissen bereit, die wir uns am Anfang der Stunde nehmen konnten. Mit dem bloßen Hintern auf dem alten harten Holzboden zu sitzen, wäre am Ende eine Qual gewesen.


»Sophie bleibst du bitte noch kurz hier?«, ruft Blake zu mir rüber, bevor ich mich auf den Weg zu meinem Rucksack machen kann. Sofort nicke ich, ohne groß zu überzulegen, und bleibe wie angewurzelt auf der Stelle stehen.
Sehe dabei zu, wie die anderen um mich herum wuseln. Ihre Sachen schnappen und den Saal schnatternd verlassen.

Zum Glück habe ich jetzt frei und muss auch keine Schicht in der Bibliothek machen, in der ich seit Anfang meines Studiums jobbe. Was für mich heißt, dass ich alle Zeit der Welt habe. Mein Blick fällt kurz auf Blake und Mrs Moretti, die wahrscheinlich noch etwas Wichtiges zu besprechen haben, bevor er über den großen Saal wandert.

Vor der Bühne sind Stühle bis zur Wand nach hinten feinsäuberlich aufgereiht.
In der Mitte und jeweils links und rechts außen wurde eine große Lücke gelassen, damit die Leute ohne Probleme den Saal verlassen oder auf ihre Plätze gelangen können.


Ich lege meinen Kopf in den Nacken und schaue nach oben, zu der mit Stuckleisten geschmückten Decke, wo sich in der Mitte eine große Glaskuppel befindet und somit das Tageslicht ohne Probleme in den Raum eindringen kann.

Chasing LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt