Bevor du stirbst, muss ich dir noch was sagen. Wie sehr ich dich liebe und dass ich es bereue, jemals von deiner Seite gewichen zu sein. Denn nun kommt mir die Zeit, die wir miteinander hatten, so schrecklich kurz vor. Es zerreißt mir das Herz, als ich dich in unserer Hofeinfahrt bluten sehe.
Dein Hinterkopf sieht so seltsam verformt aus. Während du regungslos und zerbrechlich auf dem Boden liegst – wie das umgefallene, rostige Fahrrad neben dir – eile ich zu Dir heran. Die Erkenntnis trifft mich hart wie ein schwerer Stein, lässt mich fast neben dich fallen: Ich muss dir noch was sagen, bevor du stirbst. Wie sehr ich unsere Streite gehasst und unsere schönen Momente vergöttert habe. Denn nun kommt mir der Tag, an dem wir uns zum ersten Mal gesehen haben, vor wie eine Prophezeiung unseres Schicksals.
Du hast mir mit dem Fahrrad die Vorfahrt genommen und bist mir ins Auto gefahren. Ein neues Modell, ein schicker Schlitten und direkt ein tiefer Kratzer im Lack. Dafür habe ich dich angeschrien. Aber du hast dich entschuldigt und mir von dir aus deine Nummer gegeben. Falls es Probleme mit der Versicherung gäbe, hast du behauptet. Aber kurz danach haben wir telefoniert und uns an einem lauen Juniabend für eine Weinverkostung getroffen.
Als ich dich in deinem luftigen Sommerkleid gesehen habe, war ich dir schon gar nicht mehr böse wegen dem Auto. Die Karre war ohnehin viel zu prollig. Dafür ist mir dieser Abend mit dir als der schönste meines Lebens in Erinnerung geblieben. Wir haben nicht nur Wein, sondern auch voneinander gekostet und in einem der hohen Weinberge getanzt, unter den Sternen, bis spät in die Nacht.
Und nun liegst du da in der Dämmerung, den Kopf in einer roten Lache und mein Herz wummert.