Kapitel 1

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Das Hospital war echt ätzend, aber immer noch besser als das Leichenschauhaus, dachte Ramona, während sie zu den Dämmplatten an der Decke über ihrem Bett hochblickte. Oder doch nicht? Nach allem, was ihr passiert war, war sie sich nicht mehr sicher. Sie war sich überhaupt bei gar nichts mehr sicher. Sie fragte sich, ob die ganze Geschichte reine Einbildung oder doch Wirklichkeit gewesen war. Sie fühlte sich komisch. Nicht komisch-lustig - niemand, nicht einmal ihr ärgster Feind hätte lustig gefunden, was sie durchgemacht hatte -, nein, komisch im Sinne von seltsam. Als ob sie nicht mehr sie selbst wäre. Fast als ob sie jemand anders wäre, der in Ramona's Haut herumlief. Doch sie konnte sich an alles erinnern. Sie wusste ihren Namen, ihre Adresse, wer ihre Freunde waren (nicht, dass sie sie so viele gehabt hätte), wer ihre Feinde (davon hatte sie genug), & wie sie aussah. "Wow", murmelte sie, "was passiert, wenn ich in den Spiegel schaue & gar nicht mich darin sehe?" Sie hatte noch gar nicht nach einem Spiegel gefragt. Seitdem die letzte Nacht wieder zu Bewusstsein gelangt war, hatte sie weiß Gott andere Sorgen geahnt als ihr Aussehen. Allein dieser Gedanke hätte sie darauf bringen können, dass etwas wirklich Merkwürdiges passiert war. Die alte Ramona hätte sofort nach einem Spiegel gefragt, spätestens zehn Sekunken, nachdem sie die Augen geöffnet hatte. Die alte Ramona? Wa um Himmels Willen sollte das heißen? Sie war doch immer noch die selbe.

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