Eine Hand wedelt vor meinem Gesicht auf und ab. Ich reagiere nicht. Meine Gedanken sind immer noch bei der Stimme in meinen Kopf. Ich starre Kiran unentwegt an. War er es wirklich? Das starke Verlangen zu ihm zu gehen überkommt mich. Gerade will ich einen Schritt vormachen, als mir plötzlich jemand leicht ins Gesicht schlägt und meinen Namen ruft. Ich schrecke hoch und bemerke, dass mich alle anstarren. Vor allem Kiran. Ich zucke zusammen und weiche einen Schritt zurück. Ari sieht mich abschätzend an: "Sky?" Hörst du mich?" Ich sehe meine beste Freundin langsam an. "Ari?", frage ich ängstlich. "Sky, du warst total weggetreten, wir haben ganze fünf Minuten versucht dich anzusprechen. Was war den los? Du hast Kiran die ganze Zeit über ganz entsetzt angesehen!", fragt sie. "Ich, ich weiß nicht!", antworte ich, drehe mich um und stürme aus dem Klassenzimmer. "SKY!", höre ich Ari noch schreien, bevor ich aus dem Schulgebäude renne. Ich denke nicht darüber nach, wohin ich laufe. Nur weg von ihm und dieser schrecklich peinlichen Situation. Ich laufe in den Wald neben der Schule. Äste schlagen mir ins Gesicht, doch ich renne weiter. Nach gefühlten Stunden bleibe ich endlich stehen. Tränen laufen mir über das Gesicht. Jetzt ist es wohl klar, warum ich es hasse, im Mittelpunkt zu stehen! Ich lehne mich erschöpft an einen Baum, sinke langsam nach unten, auf den Boden und lasse meinen Tränen freien Lauf. Der Geruch des Waldes tröstet mich. Ich habe mich im Wald immer schon wohl und geborgen gefühlt. Erst nachdem ich mich beruhigt habe, wird mir schmerzhaft bewusst, dass ich ja gar nicht weiß wo ich bin. Verzweifelt stehe ich auf und schaue mich um. Nichts kommt mir bekannt vor. In diesem Teil des Waldes war ich noch nie. Ich beschließe einfach weiter zu gehen, irgendwann muss dieser Wald ja zuende sein. Entschlossen streiche ich mir die letzten Tränen aus den Augen und gehe los. Nachdem ich mindestens dreißig Minuten gegangen bin, höre ich ein leises Knacken hinter mir. Ich drehe mich um und sehe in die gefährlich glitzernden Augen eines rießigen Tieres. Genauer gesagt eines schwarzen Wolfes. Sein Fell sieht aus, als währe es aus Schatten. Man kann es nicht richtig erkennen. Ich weiche erschrocken zurück und ein leiser Schrei entkommt mir. Er sieht mich drohend an und kommt langsam näher. Eine mit sehr scharf aussehenden Krallen besetzte Pfote nach der anderen. Wie in Zeitlupe kann ich zusehen, wie der Abstand zwischen uns immer kleiner wird. Ich weiche noch einen Schritt zurück und renne mit dem Rücken an einer Felswand an. Nein! Keine Fluchtmöglichkeit, denke ich und blicke mich panisch um. Dann wird mir schlagartig bewusst, dass ich diese Situation höchstwarscheinlich nicht über leben werde. Der rießige schwarze Wolf vor mir, die Felswand hinter mir. Zur Seite wegzurennen wäre warscheinlich keine so gut idee. Der Wolf wäre sicher schneller als ich. Das wars jetzt, denke ich. Das soll meine Leben gewesen sein. Erbärmlich! So hatte ich mir meine Zukunft bestimmt nicht vorgestellt. Tod im Wald zu liegen, zerfleischt von einem schwarzen Wolf. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, bin ich verloren. Wärend ich in meinen Gedanken versunken bin, ist der Wolf bis auf zwei Meter an mich herangekommen. Erst jetzt wird mir bewusst, wie groß er eigentlich ist. Seine Augen sind mit meinen auf einer Höhe. Das ist unmöglich, denke ich entsetzt. Es gibt keine so großen Wölfe. Der Wolf zieht seine Leftzen bedrohlich hoch. Dann bleibt er regungslos einen Meter vor mir stehen und schnuppert in der Luft. Da zischt plötzlich ein dunkelroter Blitz an mir vorbei. Er trift den Wolf direkt am Kopf und wirft ihn ein paar Meter weit zurück. Er prallt gegen einen Baum und jault schmerzvoll auf. Ich starre ihn ungläubig an. Was was das?? denke ich und drehe mich langsam in Richtung des Blitzes um. Was ich sehe ist kaum zu glauben. Da steht Charlie, umgeben von dunkelroten Rauchwolken und Blitzen. Auch ihre sonst so blauen Augen leuchten in einem unglaublichen dunkelrot, es sieht aus aus, als würden auch aus ihnen Blitze sprühen. Neben ihr steht Grany. Sie sieht mich entsetzt an und mustert meinen ganzen Körper einmal gründlich von oben bis unten. Ich sehe, wie sie erleichtert ausatmet als sie sieht, dass ich weitgehend unverletzt bin. Ich schaue sie erstaunt an. Dann wandert mein Blick wieder zu Charlie. "Was? Was bist du?", frage ich sie tonlos. "Und wage es ja nicht mich anzulügen! Ich kenne Charlie fast mein ganzes Leben lang, dass sie so etwas die ganze Zeit vor mir verschweigt trifft mich sehr. "Skriana! Es tut mir leid! Ich wollte dir schon früher etwas darüber erzählen." Sie sieht an sich hinunter und dann wieder zu mir. Ihre Augen sind inzwischen wieder blau und auch die roten Wirbel um sie sind verschwunden. Ich nicke benommen. Kann es sein, dass ich mir sie nur eingebildet habe? Ich sehe vorsichtig zu dem Wolf. Er liegt noch immer bewusstlos unter dem Baum. Ihn habe ich mir also nicht eingebildet. Ich sehe wieder zu Charlie. "Dann erzähl es mir jetzt!", sage ich und sehe sie fordernd an. "Okey!", sie seuft leise und beginnt zu erzählen: "Also, der Wolf!", sie nickt einmal in seine Richtung, "ist kein normaler Wolf. Seine Art wird unter den Magiern Schattenwolf genannt. Es gibt dunkle und helle Magier. Die dunklen Magier werden Nagaaŕ genannt. Die Hellen Shiroc. Hell und Dunkel. Keine Seite kann ohne die andere existieren und doch sind sind wir Todfeinde. Die Shiroc verachten die Nagaaŕ dafür, dass sie die Magie missbrauchen und für ihre Zwecke einsetzten. Und die Nagaaŕ verachten die Shiroc davür, dass sie es nicht tun. Doch wie bei den Menschen auch, sind nicht alle Nagaaŕ böse und alle Shiroc gut. Viele hassen sich für das was sie sind. Zum Beispiel auch Kiran. Er wurde als Nagaaŕ geboren, doch er hat sich für ein Leben als heller Magier entschieden. Er verachtete sich dafür, was er war. Er wird zwar äußerlich immer ein Nagaaŕ bleiben, doch im Herzen und im Geist war er nie einer. Du kannst die Nagaaŕ und die Shiroc durch ein Zeichen auf dem Oberarm auseinander halten. Die Nagaaŕ haben drei ineinander verschlungene Mondsicheln auf der Schulter und die Shiroc eine weiße Sonne mit langen flammenden Stahlen. Kiran hat immer noch das Zeichen der Nagaaŕ und das kann man auch nicht ändern. Damit muss er leben." Sie sieht mich mit traurigen Augen an und erzählt weiter: "Der Schattenwolf gehört zu den Dunklen. Er ist sowas wie ein Spion oder Reittier der Ragaaŕ." "Und warum hat er mich angegriffen? Ich hab ihm oder den ähh, Nagaaŕ nichts getan!", rufe ich und schaue den schwarzen Wolf am Boden wütend an. "Er hat dich angegriffen, weil er den Befehl dazu bekommen hat, dich aufzuspüren und zu töten. Die Nagaaŕ haben schreckliche Angst vor dir!" Ich schaue sie erstaunt an. "Die Nagaaŕ haben Angst vor MIR??? Warum den das? Was kann ich denen den schon tun?? Ich meine, ich bin nur ein normales Mädchen und das sind mächtige Magier! Was haben die den schon vor mir zu befürchten?" Charlie sieht mich schmunzelnd an: "Eine ganze Menge Skriana! Eine ganze Menge. Denn du bist ganz sicher nicht normal! Du bist ein Phönix! Weder hell noch dunkel. Du bist das mächtigste Wesen unter den Magiern und allen anderen Geschöpfen! Du konntest nach dem Unfall deiner Eltern, dauernd irgendwelche Stimmen hören. Das waren die Stimmen derer, die dich töten wollen. Denn die Aufgabe eines Phönix' ist es das Gleichgewicht zwischen dunkel und hell zu waren und zurzeit überwiegt das Dunkle sehr stark. Es gibt nur noch wenige weiße Magier. Für viele Shiroc ist die dunkle Seite sehr verlockend. Das berauschende Gefühl der Macht über andere. Es ist schwer ihm zu wiederstehen. Viel schwerer ist es von Dunkel zu Hell zu wechseln. Es gibt nur wenige die es geschaft haben und ich lebe schon sehr lange auf dieser Welt. Ich bewundere Kiran dafür! Magier sind nicht unsterblich! Aber wir leben, wenn wir nicht getötet werden viel länger als Menschen. Ich bin z. B. schon über 500 Jahre alt. Wie alt genau, weiß ich nicht." Sie lacht leise auf. "Es gibt noch so viel was du wissen musst, aber das erzähle ich dir bei Gelegenheit. Auf jeden Fall musst du von hier weg. Die Nagaaŕ wissen jetzt wo du bist und sie werden nicht lange brauchen bis sie hier sind." Ich sehe Charlie und Grany, die bis jetzt noch gar nichts gesagt hat, entsetzt an. "Ich kann nicht gehen! Was ist mit Ari? Was wenn sie ihr etwas antun?" "Arietta kommt auch mit! Sie ist eine Flusselfe. Sie kennt sich in der Natur aus", antwortet Grany. "Sie ist was?? Das wird ja immer verrückter!" Ich schaue Charlie und Grany fragend an: "Und was gibt noch alles?" "Das erkläre ich dir später. Jetzt müssen wir los! Arietta und Kiran warten schon auf uns", antwortet Charlie. "Okey, aber eine Frage hab ich noch!", sage ich. "Grany? Was bist du?" Grany sieht mich an und lacht. "Ich bin ganz normaler Mensch." "Wirklich!", frage ich ungläubig und fange auch zu lachen an. "Ja, wirklich. Ich habe nur die Gabe andere Wesen zu erkennen", antwortet sie. "Also doch nicht ganz normal! Hätte ich mir auch denken können", sage ich und lache. Wir gehe los, aus dem Wald heraus. Den bewusstlosen Wolf lassen wir einfach liegen. Wir haben keine Zeit mehr ihn wegzubringen! Ari und Kiran warten schon auf uns! Wir müssen uns beeilen.
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Stimmen
De TodoSkirana wohnt bei ihrer Großmutter seit sie denken kann. Ihre Eltern kamen bei einem Autounfall ums Leben. Sie hinterließen ihr ein dunkles Geheimnis. ~ ~ Ich habe Angst! Angst meine Augen zu schließen! Angst davor einzuschlafen! Angst vor den Stim...