Angels of Death Fanfic

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Sie rannte. Äste peitschten ihr ins Gesicht, dornige Büsche zerkratzten ihre Beine. Doch sie musste es tun. Sie konnte nicht anders. Plötzlich sah sie ein Licht. Lagerfeuer. Jemand hatte im Wald eine Party veranstaltet. Dumme Leute gab es wohl überall. Dumpf hörte sie Musik, doch konnte sie die Laute keinem Lied zuordnen. Trotzdem setzte sich direkt in ihrem Kopf ein Ohrwurm fest. Baby I'm dancing in the dark... Was eine Ironie. Wenn die Situation ihr nicht so schon genug zusetzen würde, wäre sie wohl in schallendes Gelächter ausgebrochen. Oder vielleicht auch nicht. Schallendes Gelächter passte nicht zu ihr. Sie brach in Tränen aus. Was war nur falsch mit der Welt? Ihre Beine hielten sie nicht mehr, so fiel sie vornüber, kauerte sich auf dem Boden zusammen, atmete Erde ein und hustete sie wieder aus.

~ ▪︎ ~

Sie war dort gewesen. Es hatte keinen Zweifel gegeben. Warum, zum Teufel, schaute ich also jetzt diesem falschen Gesicht entgegen? Die Beschreibung, die Silhuette, alles passte genau auf dieses Mädchen. Und trotzdem spürte ich es. Ich spürte, dass es nicht da war. Dass es das falsche Mädchen war.

,,Entschuldige." Menschen mochten es nicht, wenn man sie zu lange anstarrte, deshalb blickte ich jetzt stattdessen auf die braune Flüssigkeit, die aus ihrem Becher heraus in alle Richtungen verlief. Ich hatte ja nicht ahnen können, dass sie so tollpatschig war. Aber es war auch egal, schließlich war es die falsche. Von dem Tisch, der dem Unglück am nächsten stand, schnappte ich mir ein paar Tücher - das Pärchen war ganz auf sich selbst konzentriert, würde also kaum ein Problem damit haben - und machte mich daran, den Schaden einzudämmen. Wenn es tatsächlich das richtige Mädchen war, hatte ich zehn meiner Lebensjahre - oder eher Todesjahre - damit verbracht, einer surrealen Hoffnung hinterherzujagen. In meine Wut vertieft hatte ich mit meiner Hand innegehalten und die heiße Schokolade - die mittlerweile eher kalt als warm war - hatte sich auf meine Hand und um meinen rechten Schuh verteilt. Die Sohle meiner Sandalen, die ich gestern in dem anliegenden Billigladen für 50% Rabatt ergattert hatte, sogen sich voll. Schade, ich hatte auf zumindest drei Tage gehofft, jetzt musste ich sie schon nach dem ersten wegschmeißen. Das falsche Mädchen war verschwunden. Vermutlich aufs Mädchenklo, ihr weißes Kleid hatte ziemlich viel von der Schokolade abbekommen.

Ich wischte die letzten Tropfen auf. Als ich aufstand, quitschten die Sandalen unschön, deshalb zog ich sie kurzerhand aus und schmiss sie beim Rausgehen in den nächsten Mülleimer. Draußen überlegte erst, einfach wieder zu gehen. Aber wozu war ich dann überhaupt gekommen? Also blieb ich.

Genervt kickte ich einen Stein ins Wasser. Fast eine Stunde hatte ich vor dem Café gewartet. Hatte 47 Minuten für nichts verschwendet. Wobei Minutenzählen an diesem Punkt wohl auch nichts mehr brachte. Es war Zeit. Ich würde es tun. So stellte ich mich hin, klopfte mir den Dreck von der Hose, und manövrierte meine nackten Füße an den Scherben vorbei auf die Brücke, neben der ich gesessen hatte. Neue Sandalen zu kaufen, war mir unnötig vorgekommen. Nicht für die kurze Zeit. So stürzte ich mich hinunter.

~ ▪︎ ~

,,Oh mein Gott, Angie, hast du das gesehen?! Da vorne, der Typ hat sich gerade von der Brücke gestürzt!" Erschrocken schaute ich erst zu meiner Freundin, dann auf die Stelle, zu der sie deutete. ,,Was, wirklich? Ich schau mal nach." Ein Auto raste dicht an mir vorbei, als ich über die Straße rennen wollte. Huch. Kurz blieb ich stehen und wartete, bis die Ampel rot wurde und eine Lücke entstand. Dann eilte ich zu der Stelle, zu der Alina gedeutet hatte.

(14.06.2021)

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