18. Entscheidungen

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Hallo ihr Lieben, das Bild oben stammt nicht von mir, sondern von m_ardant (Instagram). Alle Rechte am Bild sind ihr vorbehalten!

Viel Spaß beim Lesen an diesem heißen Tag. 

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18. Entscheidungen

Am Samstagnachmittag saß Valerie an ihrem Schreibtisch und korrigierte Tests ihrer 10er. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab und ihre Augen glitten zum nasskalten Novemberwetter nach draußen. Graue Wolken hingen tief am Himmel und der Regen prasselte gegen die Fensterscheiben. So trübe wie der Nachmittag war, so trübe war auch ihre Stimmung.

Immer wieder tippte sie mit dem Korrekturstift auf ein leeres Blatt Papier und sah zu, wie die rote Tinte in Form von Punkten langsam trocknete und dunkler wurde. Dabei schoss eine Erinnerung, wie die abgeschossene Kugel aus einer Pistole gleich, in ihr Bewusstsein:

Ihre Mutter am Esszimmertisch - in ihren letzten Tagen – und das Blut, das sie gespuckt hatte und die dunkelroten Blutstropfen auf der teuren Damasttischdecke. Valerie hatte zugesehen, wie sie langsam trockneten, während ihre Mutter von Sanitätern ins Krankenhaus gebracht wurde.

Ein tiefer Schmerz durchzog ihr Herz bei dieser Erinnerung und sie legte den Stift beiseite, starrte nachdenklich auf die Regentropfen, die an der Scheibe hinunterliefen.

Der Streit mit Luise lastete schwer auf ihr und sie fragte sich, wie sie die Situation wieder ins Reine bringen konnte. Sie seufzte.

Immer wieder ging Valerie die Worte in ihrem Kopf durch. Der Schmerz und die Wut der letzten Nacht lagen schwer auf ihr und sie konnte sich kaum auf ihre Arbeit konzentrieren. Wieso musste das so eskalieren? War es wirklich falsch von ihr, Zeit mit Emma zu verbringen?

Sie seufzte tief und legte den Stift beiseite. Vielleicht hatte Luise ja recht. Emma war eine gute Freundin, aber ihre Abende endeten oft in einem chaotischen Nebel aus Alkohol und Marlboro Red. Valerie erinnerte sich an einige Nächte, an denen sie sich am nächsten Morgen kaum erinnern konnte, wie sie nach Hause gekommen war.

Luise machte sich wirklich Sorgen um sie. Diese Sorge konnte sie nicht einfach ignorieren, oder?

„Vielleicht hat sie recht", dachte Valerie verbittert. „Vielleicht hat sie wirklich Sorge, dass ich meine Gesundheit gefährde." Aber gleichzeitig konnte die junge Frau den bitteren Geschmack von Fremdbestimmung nicht aus ihrem Mund bekommen. Es war eine Sache, sich Sorgen zu machen und eine andere, ihr vorzuschreiben, mit wem sie ihre Zeit verbringen sollte.

Valerie seufzte und legte die Hände in den Schoß.

Wo hörte Fürsorge auf und wo fing Kontrolle an?

Der Tag zog sich in die Länge. Valerie versuchte, sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren, aber immer wieder drifteten ihre Gedanken zurück zu Luise. Vielleicht war auch Eifersucht im Spiel. Vielleicht fühlte sich Luise bedroht durch Valeries Beziehung zu Emma? War das wirklich der Grund für ihren Kontrollzwang?

Ein Mangel an Vertrauen?

Oder die Angst, dass Valerie ihre wie auch immer geartete Beziehung nicht ernst nehmen würde?

Oder war sich Luise selbst nicht sicher, was aus ihnen werden sollte und stieß Valerie deshalb auf diese Weise von sich?

Kurz vor 17 Uhr erhob sie sich ratlos von ihrem Schreibtisch und ging die Treppenstufen ins Erdgeschoss, wo sie ihren Briefkasten leerte. Neben einigen Werbeflyern holte sie einen großen, dicken Briefumschlag aus dem Briefschlitz.

Sie stutzte, als sie den Briefkopf las.

Kanzlei Wittkamp und Partner

Fachanwälte für Steuer- und Erbrecht, Wirtschaftsrecht, Notare

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