Teil 1

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„Und du hast mich dazu gebracht, dass ich meinen Jungs vorschlagen werde, ob wir den nächsten Sommer nicht einfach wieder auf Tour mit reinnehmen." Das waren meine Worte. Und sie konnten nicht mehr rausgeschnitten werden, denn Millionen von Menschen hatten mir live dabei zugesehen, wie ich sie ausgesprochen hatte. Alles, was ich jetzt machen musste, war es, Thomas, meinen Freund, der, der unsere Beziehung eher aus der Öffentlichkeit raushalten möchte, zu überzeugen, einen Song, unseren Song, ein Liebeslied für mich, was schon mehr als 10 Jahre alt war, live zu spielen. Die Kunst lag in der Tat darin, nur Thomas zu überzeugen, denn wie Hannes und Nowi reagieren würden, konnte ich mir schon vorstellen: Sie würden ungläubige Blicke zu Thomas und dann wieder zu mir werfen und sagen, dass sie damit kein Problem haben, solange das für uns klar geht.
Ich setzte mich in mein Auto und fuhr nach Hause. Auf dem Weg überlegte ich mir, wie ich die Frage am besten formulierte. Ich konnte schließlich nicht einfach so zu Thomas gehen und sagen: „Du Thomas, wollen wir Ja mit auf die Setlist nehmen?", das funktionierte nicht. Ich musste ihm klarmachen, dass mich der Song so berührte und ich mir nichts mehr wünschte, als diesen Song auf der Bühne zu singen.
Ehe ich mich versah, war ich auch schon Zuhause. Ich schloss die Tür auf und ging in den 2. Stock nach oben, öffnete die Wohnungstür und meldete mich mit einem „Ich bin wieder da". Als ich keine Antwort bekam, sah ich mich in der Wohnung um. Auf dem Herd in der Küche brodelte ein Auflauf, den Thomas scheinbar versucht hatte warm zu halten, jedoch war von ihm dort keine Spur. Auch im Bad war das Licht bereits aus. Als jedoch auch im Schlafzimmer niemand war und das Bett meines Sohnes ebenfalls leer, begann ich mich zu sorgen. „Thomas?", fragte ich etwas unruhig. Wieder keine Antwort. Ich ging nochmal alle Räume ab, ohne Erfolg. Langsam wurde ich wirklich unruhig. Nervös knetete ich meine Hände und sah mich ruckartig um. Bis die Wohnzimmertür in mein Blickfeld geriet und mir bewusst wurde, dass ich vollkommen vergessen hatte, dort nachzusehen. Ich öffnete die Tür und mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich den Fernseher sah, der noch an war und Thomas, der auf der Couch schlief und unseren Sohn im Arm hatte, der seine Augen ebenfalls geschlossen hielt. „Da seid ihr ja", lächelte ich und fuhr erst unserem Sohn, dann Thomas über die Haare. Verschlafen öffnete Thomas die Augen. „Oh, Steff, du bist wieder da", sagte er und schmiegte sein Gesicht an meine Hand, die immer noch auf ihm ruhte. „Ja, es war sehr schön", sagte ich glücklich. „Tut mir leid, Schatz. Wir haben gar nicht bis zum Ende geguckt. Motti und ich sind einfach eingeschlafen", sagte Thomas verschmitzt. „Ist nicht schlimm. Was ist, tragen wir den kleinen Mann in sein Bett?", sagte ich und blickte auf unseren Sohn, der nach wie vor tief und fest schlief. Thomas nickte und ich nahm den Kleinen auf den Arm und schaffte ihn in sein Zimmer. Behutsam deckte ich ihn zu und streichelte ihn über sein Gesicht. „Schlaf gut", flüsterte ich und küsste ihn auf die Stirn. Schließlich verließ ich sein Zimmer und ging zu Thomas in die Küche, der inzwischen meine Portion Auflauf auf einen Teller serviert hatte. „Danke Schatz", sagte ich und küsste Thomas auf die Wange. Ich setzte mich an den Tisch und Thomas mir gegenüber. Keiner von uns sagte etwas, ich beobachtete nur, wie Thomas an mir herab sah. „Du bist unheimlich hübsch", sagte er und ich sah in ungläubig an, während ich rot wurde. „Ach hör doch auf", sagte ich und senkte meinen Blick. „Nein wirklich, Steff. Ich bin so glücklich, dich zu haben", sagte er und griff nach meiner freien Hand. „Ich doch auch", sagte ich und grinste. „Hat bei euch Jungs alles geklappt?", fragte ich , um das Thema zu wechseln. Ich mochte es nicht, wenn Thomas mir ständig sagte, wie toll und schön ich bin. „Ja, es hat alles funktioniert. Motti wollte heute sogar 2 Teller Auflauf essen", lachte mein Freund. Ich lachte auf: „Er kommt eindeutig nach dir", sagte ich. „In der Hinsicht auf jeden Fall", Thomas grinste. „Wie war's bei dir?", fragte er. „Auch schön. Die Talents sind inzwischen einfach so krass. Dort Entscheidungen zu treffen wird langsam unmöglich. Aber der Abend war eben auch sehr anstrengend. Sobald ich aufgegessen habe, falle ich einfach nur noch in mein Bett und schlafe morgen bis um 11", erzählte ich und unterdrückte ein Gähnen. „Das glaub ich dir", lachte Thomas, „kann ich noch was für dich tun?" „Nein, ich denke nicht, danke", sagte ich, stand auf und räumte mein Geschirr in die Spühlmaschine. „Ich geh duschen, ja?" sagte ich. „Alles klar, ich räum noch kurz auf und geh schon mal ins Bett", antwortete Thomas. „Ist gut", sagte ich und ging ins Badezimmer.
Beim Duschen und Zähne putzen schlief ich fast im stehen ein und musste zusehen, mich wach zu halten. Umso schöner war es, als ich alles erledigt hatte und ins Schlafzimmer ging, um zu Thomas unter die Bettdecke zu schlüpfen. „Komm her", sagte mein Freund, legte einen Arm um mich und ich kuschelte mich an ihn. Meinen Kopf legte ich auf seiner Brust ab. „Ich bin verlor'n in deiner Mitte", begann ich zu singen. „Was?", lachte Thomas und sah mich an. Ich kicherte. „Machst mich zum Kämpfer, ohne Visier", sang ich weiter. „Alles gedreht, Sinne wie benebelt. Ich bin so heillos betrunken von dir", beendete ich die Zeilen. Er küsste mich auf den Scheitel: „Wie kommst du denn jetzt darauf?", fragte er. „Ich weiß nicht, ich hatte heute die Idee, den Song wieder live zu spielen", sagte ich. Thomas setzte sich auf, sodass ich es ihm automatisch gleichtun musste. Er sah mich ernst an. „Steff, wir haben den Song seit 10 Jahren nicht mehr live gespielt. Du weißt was der Song für mich, für uns bedeutet." „Ja, das ist ja genau der Grund. Thomas, ich liebe dich. Dieser Song ist so wunderschön und besonders. Ich möchte ihn wieder in der Welt verbreiten. Alle sollen wissen, was du mir geschenkt hast", sagte ich. „Ach ich weiß nicht", sagte Thomas nachdenklich, „ich hab Angst, dass der Song irgendwann keine Bedeutung mehr hat, weil wir ihn schon so oft gehört haben. Das ist wie wenn ich jeden Tag Ich liebe dich zu dir sagen würde. Es würde irgendwann nichts Besonderes mehr sein und an Bedeutung verlieren. Ich möchte nicht, dass das mit dem Song passiert." Ich nickte verständnisvoll. „Ich kann das verstehen. Aber kannst du nochmal drüber nachdenken?", fragte ich und sah Thomas mit meinem Rehaugen-Blick an. „Och Steff", lachte er und schlug mich auf die Schulter, „aber nur weil du es bist." Er gab mir einen Kuss auf die Nasenspitze. „Aber jetzt schläfst du erstmal. Du bist nämlich schon müde, das sehe ich." Ich kicherte und kuschelte mich wieder an ihn ran. „Gute Nacht Thomas!" „Gute Nacht Steff!"

Ja... auf der Setlist?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt