☾ | 12

14 2 0
                                    

"Was fällt dir ein?!" Mit trockenem Mund und auf den Boden gerichteten Blick zuckte ich zusammen, als mich seine Wut traf wie eine haushohe Welle. Vor Irritation zogen sich meine Augenbrauen zusammen. "Die Königin hat es befohlen.", beharrte ich und stolperte angesichts der wachsenden Flamme der Wut beinahe über meine Worte.

Schließlich seufzte ich und glättete das Gesicht. "Eure Majestät. Egal, ob Ihr den Pakt annehmt oder nicht, so schnell werdet Ihr mich nicht mehr los. Deswegen rate ich Euch, Ihre Entscheidung nochmals zu überdenken." Mein Gegenüber seufzte ebenfalls und rieb sich über die Stirn, seine hellen Augen legten sich in unerklärliche Schatten. "Geh."

Ich befolgte dem Wort, welches sich eher wie eine Empfehlung als ein Befehl angehört hatte. Erst, als die zwei Soldaten die Tür zum Arbeitszimmer, die sie flankierten, geschlossen hatten, konnte ich abermals durchatmen. Sonnenstrahlen streichelten meine Wangen wie die Mutter es bei einem Kind tun würde.

Der Hauptsaal der Gemächer des ersten Prinzen erstreckte sich vor mir. Glatte Säulen, umrankt von Blumen in jeden erdenklichsten Farben, und Palmen streckten sich gen Himmel und verloren sich. Als ich den Kopf in den Nacken legte, musste ich die Augen zusammenkneifen. Leuchtende Sonnen, glitzernde Sterne, fein gemalte Fantasiefiguren aus diversen Volksgeschichten. Kreaturen mit federnden Flügeln, mit Hörnern, mit Schwänzen und Hufen, gekleidet mit Gold und anderen Reichtümern. In der Mitte erstrahlte ein Kronleuchter doppelt so groß wie ich selbst, das Glas mystisch glimmernd im Sonnenlicht, welches durch die großzügigen Fenster fiel, die sich über mehrere Stockwerke erstreckten.

Ich schritt durch den Saal wie eine Maus in der gigantischen Höhle des Löwen. Nicht einmal ich, als ehemalige Prinzessin, kannte solche Reichtümer. Blinzelnd sog ich den süßlich frischen Duft ein und hätte beinahe die Augen vor Wonne geschlossen, stattdessen ging ich hastig weiter auf die ausladende Treppe zu, die zu den Balkonen führte. Glattes Marmor, welches wie Spiegel mir entgegenblickte. Ranken waren in das massive Gestein eingraviert, so zart, dass ich mich nicht traute, es zu berühren. In meinen Augenwinkeln blitzte Gold auf.

Am Ende der Treppe rieb ich wohlwollend über jene Muskeln, die mich missmutig hinaufgetragen hatten und nun vor Anstrengung murrten. Ich wagte nicht, mich nochmals umzudrehen, denn ich befürchtete bei der Höhe ein gewisses Schwindelgefühl. Anstelle sah ich nach vorne und musterte die drei Türen, die ihre Geheimnisse hinter massiven Holzschwingen verbargen.

Das Schlafzimmer, das Bad, die Ankleide. Denn das Esszimmer, das Arbeitszimmer, das Empfangszimmer und der Salon befanden sich unten. Ich schluckte den Kloß herunter, der sich in meiner Kehle gebildet hatte. Dies waren die privatesten Orte eines Palastes, wo nur die erfahrensten und loyalsten Diener arbeiten durften. Meine Existenz war ein klarer Beweis der Macht der Königin. Bei dem Gedanken jagte ein eiskalter Schauer den Rücken hinab und ich konnte nicht anders, als für eine Weile ins Leere zu starren und den Kopf darüber zu zerbrechen, wie zum Teufel ich an so einem Ort überleben sollte.

"Dienerin." Eine hohe Stimme riss mich aus den aussichtslosen Gedanken wie ein Sonnenstrahl durch eine graue Wolkenwand. Ich wirbelte herum. Eine Frau stand da, ihre gleißenden Augen bohrten sich direkt in meine. Angesichts der tausenden Diamanten, die sie schmückten, wich ich zurück und beugte mein Haupt, eine höfliche Begrüßung ratternd. "Dich habe ich noch nie hier gesehen.", verkündete die Fremde das Offensichtliche, und mit zusammengekniffenen Augen suchte ich nach ätzender Säure in ihrer zwitschernden Stimme. Doch außer Gleichgültigkeit konnte ich nichts vernehmen, und da begriff ich.

Ich war nur eine niedrige Magd, die Hände rau und beschmutzt und der Blick dumpf. Ein Ding, was jederzeit ausgetauscht werden konnte, und das mit nur einem Fingerschnippen. Ich war für sie keine Gefahr, und das trotz meiner Nähe zum ersten Prinzen. Die Ironie ließ mich innerlich rau auflachen, ein Ton, den ich lange nicht mehr gehört hatte.

"Dies ist mein erster Tag, Madame.", antwortete ich. Mein Rückgrat hatte begonnen, gegen die erniedrigende Position zu protestieren, indem es zog und brannte. "Fein, fein. Wie auch immer, sieh zu, dass du deine Arbeit gut machst." Mit einem Händewinken zog sie an mir vorbei in Richtung Schlafgemach, verfolgt von einem mehrstimmigen Klimpern und einer Wolke an lieblichem Jasmin. Als Soldaten sie eintreten ließen und schließlich die Tür schwerfällig in die Schlösser fiel, kroch sich ein schlichtes Schmunzeln auf meine Lippen. Ich wusste, dass ich erst nach einem ausgiebigen Bad ihren Duft loswerden würde.

Unlikely AllianceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt