☾ | 11

15 3 0
                                    

Der erste Prinz mied seitdem Augenkontakt wie die Pest. Es ärgerte mich nicht, im Gegenteil, ich hatte eine gewisse Ruhe im Putzen gefunden, die mich entspannte. Niemand achtete auf mich. Niemand wusste überhaupt meinen Namen, gar von meiner Existenz. Ich war nur ein winziges Staubkorn in einer schattigen Ecke. Nun, bis eines Tages ein Mann vor mir aufragte, die weiße Uniform so strahlend, dass ich die Augen zusammenkneifen musste. Ein Butler aus dem inneren Palast. "Mitkommen. Eure Hoheit, die Königin, befielt es." 

Eines musste ich zugeben: Die Königin mit ihren braunen Augen strahlte eine unvergleichliche Würde aus. Ihr Gesicht hatte begonnen zerfurcht von den Jahren der Weisheit und Erfahrung zu werden, doch ihr scharfer Blick schaffte es trotzdem, mich schlucken zu lassen. 

Ihr Gesicht war hart und unnachgiebig wie Stein, doch die feinen Rillen darin zeugten von Jahren der Intrigen und Manipulation. Jede Falte erzählte eine Geschichte, und ihr Mund war stets zu einem kühlen Lächeln verzogen, das mir immer noch einen kühlen Schauer über den Rücken jagte. Sie trug die Last ihrer Macht wie eine schwere Rüstung, und ihr eisernes Gesicht zeigte keinerlei Anzeichen von Schwäche. 

Mir wurde es klar, dieser Blick, ich hatte ihn schon mehrmals gesehen. Er ließ keinen Zweifel daran, dass sie bereit war, alles zu tun, um ihren leiblichen Sohn die Krone dieses Königreiches auf den Kopf zu setzen. 

Verzogene Augenbrauen, ein irritiertes Seufzen. Wie Wellen eine stille Wasseroberfläche beunruhigten, zerbrach der eiserne, feste Gesichtsausdruck der Königin. "Es reicht nicht. Ab heute wirst du die persönliche Magd vom ersten Prinzen. Gib dir gefälligst Mühe.", murrte sie und ein halbherziges Handwinken deutete mir, mich bloß zurückzuziehen. Mit gesenktem Haupt leistete ich Folge. 

An jenem Abend landeten zum ersten Mal Blicke auf mir. "Sie ist nicht einmal eine Woche hier und wird zur persönlichen Dienerin Eurer Majestät." "Ach was, ich wette, sie ist nur da, um sein Bett warm zu halten." Kichern aus allen schattigen Ecken. "Ihr Aussehen ist ihre einzige Stärke. Wenn sie nicht Biancas Ebenbild wäre, würde sie noch immer ärmlich den Boden schrubben." "Vergiss nicht, wer du bist. Eine gebrauchte Hure des feindlichen Königs. Du bist sogar niedriger als die älteste, ärmste Sklavin des gesamten Königreiches." Die letzten Worte waren direkt an mich gerichtet. 

Beinahe hätte ich laut aufgelacht, meine Mundwinkel zuckten. Sie hatten Recht. Mein Aussehen war meine einzige Stärke, und ich war nur noch eine niedere Sklavin dieses Landes. Fort waren mein Königreich, mein Ruhm, meine Diamanten. Fort meine Krone. Trotzdem würde dieser Fakt jedes Mal einen Stich ins Herzen versetzen. 

Am nächsten Morgen begrüßten mich nicht sanfte Sonnenstrahlen, sondern das Prasseln von Regen. Mit einem Murren drückte ich das Gesicht ins Kissen. Bis mich Donner zusammenzucken und aufrappeln ließ, die braunen Haare zerzaust wie ein Vogelnest und die Augenlider so schwer wie Blei. Das Wetter war ein Vorbote dessen, was mich an jenem Tage in den privaten Gemächern des Prinzen erwarten würde, da war ich mich sicher. 



Unlikely AllianceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt