Kapitel 7

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​​Der zweite Schultag fing an, wie der Erste. Es wurde sich auf dem Flur nach mir verrenkt, hinter vorgehaltener Hand getuschelt und mir nachgesehen, wenn ich schon längst vorbei gegegangen war.

Die Nacht war wieder heftig gewesen. Ich war einfach müde, gerädert und wünschte mir ein Schutzschild.

In mich zusammengesunken, trat ich in den Geschichtsraum und ließ mich auf meinen Platz hinter Nona und Nessa sinken. Sofort fingen beide an zu wispern und blickten auffällig oft zu mir herüber. Ich musste schlucken, als sich sah wie Nona die ordentlich nachgemalte Augenbraue immer wieder hob und mir abschätzige Blicke durch ihre starkgeschminkten Augen zu warf.

Schließlich drehte sich Nessa voll zu mir und lächelte mir betont freundlich ins Gesicht. „Wie geht's dir? Ist ja wirklich schlimm was da passiert ist!" Mitleidig legte sie die Stirn in Falten und schob die Unterlippe vor.

„Oh ja, tut mir so leid." Nona tat es ihr gleich, aber man musste nicht besonders intelligent sein, um zu sehen, dass es keine von ihnen es ernst meinte.

„Es geht.", antwortete ich ausweichend und hoffte ihnen damit keine Vorlage gegeben zu haben.

Nona verzog ihre Lippen sofort zu einem Haifischlächeln. „Genießt du deine fünf Minuten Fame. Ich bin vor zweit Wochen fast überfahren worden. Interessiert keinen. Aber sobald man natürlich fast umgebracht wird, scheint sich die Welt ja nur noch um einen zu drehen."

Ich atmete tief durch und blickte auf die Tischplatte. „Ich habe nicht danach gefragt."

„Stimmt das, dass du was du was mit diesem Lukas vom Schlossgymnasium hattest? Er soll ja nicht mehr mit dir reden. Was hast du da nur gemacht?" Nessa lächelte spöttisch. Ihr Blick taxierte mich herablassend.

„Wir waren Freunde. Ich weiß nicht, was sein Problem ist. Warum wollt ihr das überhaupt wissen?"

Nona lehnte sich vor. „Kann ja sein, dass du gefährlich bist. Dann würde ich nämlich nicht mit dir in einem Raum sein wollen."

Charly knallte plötzlich ihren Hefter mit voller Wucht auf den Platz neben mir. Wir zuckten alle drei überrascht zusammen.

„Alter, Nona. Du hast so einen Schatten, bei dir wäre ein Sonnenschirm absolute Geldverschwendung! Ihr habt sie doch beide nicht mehr alle. Macht ihr mal sowas mit! Echt, Empathie kennt ihr beide nur vom Hörensagen!"

„Dich hat keiner gefragt, Schlampe." Nona rollte mit den Augen und hatte kurzdrauf Charlys Finger in ihren Extensions.

„Ich kann dir auch gerne einen deiner Gelnägel abbrechen! Entschuldige dich, Bitch!"

„Warum? Knutschst du nicht jede Party mit einem anderen?"

„Slutshaming. Wie kreativ. Wenigstens suche ich mir meine Typen nicht im Internet. Wie läuft deine Suche nach einem Sugardaddy? Wie war das noch? Wer nichts im Kopf hat, muss reich heiraten?" Charly grinste und ließ Nonas Haare los. Dann drehte sie sich zu mir. „Der Reuvers ist garantiert wieder zu spät. Ich brauche einen Kaffee, lass uns schnell zu Kiosk."

Ohne ein Wort stand ich auf.

Nach der Doppelstunde hatte Charly noch mit unserem Lehrer über ihre Facharbeit aus dem letzten Schuljahr reden müssen. Ich hatte jedoch keine Minute länger in dem Raum bleiben wollen und war ohne sie raus auf den belebten Flur.

Die Lautstärke traf mich wie ein Faustschlag ins Gesicht. Kaum, dass ich auf dem Pausenhof stand, konnte ich schon die Blicke spüren. Kalt bohrten sie sich in meinen Rücken, die Schultern. Ich spürte sie eigentlich überall. Augenblick wurde mir schlecht und ich presste meine Tasche fest an mich, als ich quer über den Hof hastete und in der nächsten Tür Richtung Oberstufenraum verschwand.

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