Kratzer

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Ein Traum. Ja. Die Geschehnisse der Nacht mussten nur ein Traum gewesen sein, zumindest dachte ich dies als ich an diesem Morgen meine Augen öffenete. Die hellen Strahlen der Sonne beleuchteten mein Zimmer und von dem Wesen war keine Spur zu sehen, zumindest lies sich auf den ersten Blick nichts dergleichen erkennen.

Ich wischte mir mit meiner rechten Hand den Schlaf aus den Haaren, schlug meine Decke zurück, schwang meine Beine vom Bett und griff nach meinen Anziehsachen, welche ich gestern Abend einfach achtlos in einem wirren Knäul auf den Boden vor mein Bett geworfen hatte.

"Das war nur ein Traum" sagte ich mir immer wieder, während ich mich anzog und mich aus meinem Zimmer in das Bad begeben wollte, bei dem es sich, praktischer weise, von meinem Zimmer aus gesehen, gleich um den nächsten Raum des oberen Stockwerks handelte.

Doch gerade als ich meinen Fuß über die Schwelle meiner Tür setzen wollte...erblickte ich sie. Vor schreck machte ich einen Schritt zurück und rieb mir die Augen, um sicher zu gehen dass ich mir dass nicht einbildete.

Nein. Es war keine Einbildung, kein Traum. Sie waren echt: Die drei langen, tiefen Kratzer auf der Innenseite meiner Zimmertür welche aussahen als hätte jemand versucht sie mit einem Beil von Innen aufzubrechen.

Erschrocken streckte ich meine rechte Hand nach den Vertiefungen aus und berührte eine von ihnen, wobei es sich für mich anfühlte als wenn mir jemand einen Stromschlag verpasst hätte.

"Das war nur ein Traum" versuchte ich zu mir selber zu sagen, doch diese Kratzer...sie waren die pure Realität. Aber dass konnte doch nicht sein...

Erneut musste ich einfach einen von ihnen berühren, wobei mein Blick durch die offene Tür meines Kleiderschrankes fiel. Dabei erschrack ich erneut den dort, aus dem dunklen Inneren des Schrankes, blickten mich finstere Augen an.

Ich machte einen großen Schritt auf die Schranktür zu, griff mit meiner rechten Hand nach ihr und riss sie mit einem Rucken komplett auf. Ich musste meinem Verstand einfach klar machen dass das heute Nacht verdammt noch einmal nicht viel mehr war als ein Traum. Ein Traum der nun zuende war.

Tatsächlich erwartete mich im Inneren des Schrankes nur der vertraute Anblick meiner Sachen. "Nur-Ein-Traum!" schrie ich mich selber an, was meinem Verstand jedoch keine Erklärung für die Kratzer hinter der Tür lieferte. Diese konnte ich nicht so einfach mit einem Handgriff entfernen.

Um mich zu beruhigen, machte ich mich endgültig auf den Weg ins Bad.

In diesem war alles hell und freundlich, ein Raum in dem ich mich sicher und geschützt fühlte. Ich wusch mich, putzte meine Zähne, duschte mich mit heißem Wasser. Alles um mich irgend wie herunter zu fahren.

Nach dem ich mich im Anschluss daran, angezogen hatte, lief ich die Treppe herunter ins Erdgeschoss wo ich mir in der Küche eine Tasse heiße Milch zubereitete, den Fernseher anschaltete und es mir anschließend auf einem Stuhl am Küchentisch bequem machte.

Die warme Milch beruhigte mich etwas, während ich versuchte meine Gedanken zu sortieren. "Das war nur ein Traum" sagte ich immer und immer wieder zu mir selber, doch fand ich dabei keine Erklärung für die Kratzer hinter meiner Zimmertür. Gestern Abend waren sie auf jeden Fall noch nicht da gewesen, dies wusste ich genau.

Ich drückte auf einen Knopf an der Fernbedienung um den Fernseher in der Ecke der Küche einzuschalten. Im normal Fall begab ich mich in mein Zimmer um Fernsehen zu schauen oder machte es mir auf dem großen Sofa im Wohnzimmer bequem, doch darauf hatte ich im Moment irgend wie keine Lust.

Irgend wie fühlte ich mich hier in der Küche sicherer als anders wo im Haus, ungeachtet der Tatsache dass es mir allmählich gelang mein Gehirn davon zu überzeugen dass ich wirklich nur geträumt haben musste.

Zumindest bis ich hinter mir das leise Tropfen des Wasserhahns über der Spühle vernahm. Langsam drehte ich mich herum.

Tatsächlich fielen dicke, klare Wassertropfen aus dem unteren Ende des silbernen Hahns. Beim Aufprall auf den Boden des Beckens verursachten sie die typischen Geräusche:

Tropf, Tropf, Tropf.

Verwundert stand ich auf. Als ich in die Küche gegangen war hatte der Hahn noch nicht getropft, da war ich mir zumindest sicher.

Ich starrte auf die Tropfen, welche im Abstand eines Herzschlages herunter fielen.

Dann, urplötzlich, veränderte sich die Flüssigkeit welche aus dem Hahn kam. Aus dem zuvor klaren, dünnflüssigen Wasser wurde eine dickflüssigere, schwerere Masse. Ihr Aufschlag auf dem Boden des Beckens verursachte ein deutlich lauteres Geräusch.

Und dies war noch nicht alles. Die dicke Flüssigkeit hatte zudem eine vollkommen andere Farbe wie dass Wasser. Sie war...rot.

So rot wie frisches Blut.

DunkelSchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt