Zwischen Nähe und Distanz

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Am nächsten Morgen wachte Jisung mit einem merkwürdigen Gefühl im Bauch auf. Die letzten Tage mit Minho hatten ihn mehr aufgewühlt, als er sich eingestehen wollte. Es war nicht so, dass Minho irgendetwas Auffälliges getan hatte – ganz im Gegenteil. Es waren die kleinen, unaufdringlichen Gesten, die ihm nicht aus dem Kopf gingen: der kurze Blick hier, die flüchtige Berührung da. Jisung war verwirrt, weil er nicht wusste, wie er all das deuten sollte.

Als er die Küche betrat, fand er Minho wie erwartet am Tisch vor, der bereits seinen Kaffee trank. „Morgen," sagte Jisung, während er sich einen Toast in den Toaster schob.„Morgen," antwortete Minho, ohne von seinem Handy aufzusehen. „Schlafen gut?"„Ja, einigermaßen," log Jisung und setzte sich ihm gegenüber.Minho legte sein Handy beiseite und musterte ihn kurz. „Du siehst müde aus."„Danke für die charmante Feststellung," entgegnete Jisung sarkastisch und biss in seinen Toast.„Hey, ich meine es nur gut." Minho lehnte sich zurück, ein kleines Lächeln auf den Lippen. 

„Vielleicht solltest du dir heute etwas Ruhe gönnen."

„Vielleicht," murmelte Jisung und warf ihm einen Seitenblick zu. Es war dieses Lächeln, das ihn immer wieder aus dem Konzept brachte. Minho schien immer eine Spur von Selbstsicherheit in seinen Worten zu haben, als wüsste er mehr, als er sagte.Der Tag verlief relativ normal – Proben, Meetings und ein paar Stunden im Studio. Doch egal, wie sehr Jisung sich bemühte, seine Gedanken bei der Arbeit zu halten, Minho schlich sich immer wieder in sein Bewusstsein. Besonders dann, wenn Minho sich plötzlich neben ihm wiederfand und ihn mit einem freundschaftlichen Klaps auf die Schulter ermutigte, was Jisungs Herz jedes Mal ein wenig schneller schlagen ließ.

Als sie später an diesem Abend zurück in ihre Wohnung kamen, war die Atmosphäre entspannter. Sie hatten beschlossen, den Abend mit einem Film ausklingen zu lassen, um ein bisschen vom Stress der letzten Tage abzuschalten. Jisung saß auf dem Sofa und durchforstete die Streaming-Dienste, während Minho in der Küche zwei Schüsseln Popcorn machte.

„Wie wäre es mit einem Horrorfilm?" schlug Minho vor, als er ins Wohnzimmer kam und sich neben Jisung setzte.Jisung zog eine Augenbraue hoch. „Wirklich? Ich dachte, du stehst nicht auf Horror."Minho zuckte mit den Schultern. „Manchmal braucht man einen kleinen Adrenalinkick."Jisung lachte und wählte einen Film aus. „Na gut, aber beschwer dich nicht, wenn du später nicht schlafen kannst."

Der Film begann, und obwohl Jisung anfangs versuchte, sich auf die Handlung zu konzentrieren, war er sich plötzlich der Nähe zu Minho mehr bewusst als alles andere. Minho saß dicht neben ihm, ihre Schultern berührten sich leicht, und Jisung konnte die Wärme spüren, die von ihm ausging. Es war eine seltsame, aber nicht unangenehme Intimität, die sich dazwischen ihnen aufbaute.

Als der erste Schreckmoment im Film kam, zuckte Jisung unwillkürlich zusammen, und Minho lachte leise. „Angst?"„Natürlich nicht," protestierte Jisung, obwohl sein rasender Puls ihn verriet.Minho beugte sich leicht zu ihm hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: „Keine Sorge, ich bin hier, um dich zu beschützen."

Die Worte waren spielerisch, aber sie ließen Jisung erröten. Er war sich sicher, dass Minho den Effekt, den er auf ihn hatte, genau wusste. „Sehr beruhigend, danke," murmelte Jisung und versuchte, sich wieder auf den Film zu konzentrieren.

Doch die Spannung zwischen ihnen blieb bestehen. Minho lehnte sich zurück und legte einen Arm auf die Rückenlehne des Sofas, so dass seine Hand beinahe Jisungs Schulter berührte. Jisung konnte nicht anders, als sich dieser Berührung immer mehr bewusst zu werden. Es war, als würde die Luft zwischen ihnen knistern, und es machte ihn nervös und gleichzeitig neugierig.Als der Film schließlich endete und der Abspann lief, saßen sie einen Moment lang schweigend da. Jisung war sich unsicher, was er sagen oder tun sollte. Es war, als ob die letzten paar Stunden alles verändert hatten, obwohl nichts wirklich passiert war.Minho war es, der die Stille schließlich brach. „Es war ein guter Film."

„Ja, war ganz in Ordnung," stimmte Jisung zu, obwohl er kaum etwas von der Handlung mitbekommen hatte.

Minho musterte ihn erneut, sein Blick war durchdringend, aber nicht unangenehm. „Du bist heute ruhiger als sonst."„Nur ein bisschen müde," log Jisung erneut und stand auf, um das Licht im Wohnzimmer auszuschalten. „Vielleicht sollten wir ins Bett gehen."„Vielleicht," sagte Minho leise und erhob sich ebenfalls. „Gute Nacht, Jisung."„Gute Nacht, Minho."

Doch als Jisung in sein Zimmer ging und die Tür hinter sich schloss, konnte er den Gedanken an Minho nicht abschütteln. Da war mehr zwischen ihnen, als er zugeben wollte, und es begann, ihm langsam klar zu werden, dass diese Gefühle nicht einfach verschwinden würden. Er legte sich ins Bett und starrte an die Decke, während die Ereignisse des Tages in seinem Kopf kreisten.

Was bedeutete das alles? Was sollte er tun? Die Verwirrung in seinem Inneren wuchs, doch gleichzeitig war da auch eine leise Stimme, die ihm sagte, dass er vielleicht gar nichts tun musste. Dass die Dinge einfach ihren Lauf nehmen würden.Während er in den Schlaf driftete, hatte Jisung das Gefühl, dass die nächste Zeit in dieser Wohnung weitaus spannender werden würde, als er es sich je hätte vorstellen können.

Roomies//MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt