Konfrontation

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Finley schlief die Nacht tief und ruhig, ungestört von den Ereignissen des Vortages. Als der Morgen graute, stand er auf und machte sich daran, die leeren Flaschen vom Abend zusammenzusammeln. Er warf sie geräuschvoll in vier große Wannen, die er anschließend nach draußen brachte. Der Morgen war still, fast friedlich, und während er die letzten Flaschen wegtrug, wanderte sein Blick zu Levin, der gerade aufwachte. Finley nahm seine Schultasche, nickte Levin kurz zu und verschwand dann in einer nahegelegenen Gasse, die ihn auf direktem Weg zur Schule führte.Dort herrschte bereits Aufregung. Das Hauptthema des Morgens waren die Brandanschläge, die in der vergangenen Nacht die Stadt erschüttert hatten. Die Atmosphäre war angespannt, Schüler flüsterten miteinander, tauschten Gerüchte und Theorien aus. Heute sollte die Feuerwehr einen Besuch in seiner Klasse abtatten, und die Aufregung war greifbar.Levin war einer der Feuerwehrmänner, die für den Unterricht eingeteilt waren. Pünktlich zum Beginn der Stunde betrat er den Klassenraum, gekleidet in ein enges Feuerwehr-T-Shirt, das seine gut definierten Muskeln betonte, und eine einfache Jeans. Die meisten Schüler, die gekommen waren, drehten sich neugierig zu ihm um, während über die Hälfte der Klasse fehlte – vielleicht aus Angst oder aus anderen Gründen.Als Levin den Raum betrat, verstummten die leisen Gespräche. Finley, der bereits mit ein paar anderen Schülern in der Klasse saß, hob den Kopf und warf dem Feuerwehrmann einen kurzen Blick zu. Ein leiser Seufzer entwich ihm, bevor er seinen Kopf wieder auf den Tisch legte, erschöpft und desinteressiert.Levin, der die leichten Anzeichen von Müdigkeit und Desinteresse bemerkte, runzelte leicht die Stirn, aber er ließ sich nichts anmerken. Er nahm am Lehrerpult Platz und öffnete seinen Laptop. Über einen Beamer projizierte er Bilder von den Bränden des vergangenen Abends an die Wand – brennende Gebäude, Rauchschwaden, die in den Himmel stiegen, und das hektische Treiben der Feuerwehr. Während die Bilder an die Wand geworfen wurden, begann Levin sachlich und ernsthaft über die Ereignisse zu berichten.Finley hörte nur halbherzig zu. Die Bilder und Erzählungen lösten in ihm keine neuen Reaktionen aus; er hatte sie bereits gesehen, kannte die Geschichten. Seine Gedanken schweiften ab, und er fragte sich, warum er überhaupt zur Schule gekommen war. Die Müdigkeit lastete schwer auf ihm, und er hatte Mühe, wach zu bleiben.„Also, wenn irgendjemand von euch einen Tipp hat oder eine Ahnung, wer hinter den Bränden steckt, dann geht zur Polizei," sagte Levin, seine Stimme fest und ernst. „Aber denkt daran: Jeder, der den Täter schützt, macht sich genauso strafbar."Finley verdrehte die Augen und murmelte leise: „Wir sind doch keine Grundschüler mehr." Genervt von dem Vortrag, der ihm nichts Neues brachte, stand er abrupt auf und verließ ohne ein weiteres Wort die Klasse. Die stickige Luft im Raum war erdrückend, und er sehnte sich nach frischer Luft.Levin bemerkte Finleys Abgang sofort und fühlte, wie sich Ärger in ihm regte. Ohne zu zögern folgte er dem Jungen nach draußen, wo er ihn auf dem Schulhof einholte und ihm den Weg versperrte. „Was soll das?", fragte er streng, die Ungeduld in seiner Stimme war unverkennbar.Finley sah ihn ruhig an, seine Augen kühl und distanziert. „Ich brauche frische Luft. Die Fenster in der Klasse lassen sich nicht öffnen," antwortete er schlicht und machte einen Schritt zur Seite, um an Levin vorbeizugehen. Er setzte sich auf eine Bank, ließ die Sonne auf sein Gesicht scheinen und schloss die Augen, genoss die angenehme Wärme, die ihm viel wohltuender erschien als die stickige Luft im Klassenraum.Levin folgte ihm, immer noch verärgert. „Hör mal, das ist ja schön für dich. Aber ich mag es nicht, wenn man so wichtige Themen ignoriert," sagte er, seine Stimme leicht schneidend.Finley öffnete die Augen, drehte den Kopf aber nicht zu Levin. Seine Stimme klang genervt, als er antwortete: „Ich ignoriere es nicht. Ich verfolge die Brände im Internet über eure Homepage und die Nachrichten im Fernsehen. Außerdem sind wir keine Grundschüler mehr. Wir kennen die Konsequenzen."Levin ließ sich von Finleys Gleichgültigkeit nicht ablenken. „Tu nicht so genervt. Ich will einfach nicht, dass irgendwann Menschen zu Schaden kommen," meinte er offen und direkt.„Ich tue nicht so, ich *bin* genervt von euren Vorträgen," erwiderte Finley und drehte sich schließlich zu Levin um, seine Augen nun ernst. „Denkst du wirklich, wir brennen unsere eigenen Treffpunkte nieder?"Levin blieb still, aber seine Miene verriet, dass er Finleys Worte nicht einfach hinnehmen würde. „Eure eigenen Treffpunkte? Du scheinst einiges darüber zu wissen. Treffpunkte von wem?"Finley stand auf, seine Stimme wurde entschlossener. „Jugendtreffs, da, wo keine Erwachsenen erwünscht sind. Wo wir feiern und es niemanden stört. Wir können in Ruhe über Probleme sprechen und uns gegenseitig Tipps geben, ohne eure Hilfe. Wir werden selbstständig, auch ohne euch."Levin nickte langsam, als er diese Informationen aufnahm, seine Stirn leicht gerunzelt. „Schon klar. Und wenn ihr euch untereinander zofft... kann es sein, dass ihr da manchmal ein wenig... übertreibt?"Finley schnaubte leise und sah Levin direkt in die Augen. „Was geht dich das an? Wir sind jung. Da gehört Streit und ein paar blaue Flecken dazu," sagte er und warf einen Blick auf die Uhr. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, als er hörte, wie es zur Pause klingelte. „Zeit vorbei," sagte er spöttisch.Levin seufzte, der Ärger wich einem müden Ausdruck. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging zurück in die Klasse, um seine Sachen zusammenzupacken. Die Erschöpfung des letzten Abends hatte ihn eingeholt, und er sehnte sich nach Schlaf.Finley sah ihm grinsend nach und schloss sich dann seinen Freunden an, die ihn sofort neugierig ausfragten, was Levin gesagt hatte und wie er reagiert hatte. Die restlichen Stunden vergingen für Finley schnell. Kunst und Sport, seine Lieblingsfächer, boten ihm die Ablenkung, die er brauchte, und ließen den Morgen schließlich hinter ihm verblassen.

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