07. Der richtige Weg

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Ich drückte mich tiefer in den Schatten der Hauswand, während ich beobachtete, wie Edoardo und seine Handlager den jungen Mann grob in das Auto zerrten. Alles war dunkel. Diese Straße war perfekt, um Widersacher für immer verschwinden zu lassen. Einer der Wachen stieg vorne ein, der setzte sich neben dem Gefangenen auf die Rückbank. Edoardo sah sich nochmals kurz um, bevor er Anstalten machte, um das Auto rumzulaufen und ebenfalls an der Vordertür einzusteigen.

Das war meine Chance. Keine Sekunde brauchte ich, um diese Gelegenheit zu begreifen, die sich mir bot. Mein Kopf war wie leer gefegt. Alle Zweifel und besorgten Gedanken hatte ich in das letzte Eck meines Gehirns verbannt. Mit einer geschmeidigen Bewegung bückte ich mich und zog die Pistole aus der Halterung. Die Waffe fühlte sich schwer an. Im Gegensatz zu davor war die Unsicherheit gesunken. Noch immer behagte mir das Gefühl, diese Waffe in der Hand zu halten, nicht wirklich. Doch dieses Mal konnte ich es so weit kontrollieren, um einen klaren Verstand zu behalten. Ohne weiter nachzudenken, gab ich meine Deckung auf und stürzte auf Edoardo zu.

Dieser hatte mit dem Angriff sichtlich nicht gerechnet. Überrascht klappte ihm der Kinnladen auf, als ich mit der Mündung der Waffe direkt auf sein Herz zielte. Alarmiert sprangen die Wachen aus dem Auto.

,,Keine Bewegung und Waffen fallen lassen!", kalt und beherrscht schallte meine Stimme durch die enge Straße. Die Männer gehorchten sofort. Welche Ironie, dass Männer einander zuhörten und sich respektierten. Aber einer Frau wagten sie es sich erst dann nicht entgegenzustellen, wenn sie mit einer Pistole in den Händen auftauchte. Was für eine traurige Gesellschaft.

,,Komm näher, Edoardo", befahl ich dem Mann. Es fiel mir seltsam leicht meinen ehemaligen Freund mit einer Schusswaffe zu bedrohen. Die Person, die mir vor ein paar Jahren die Welt bedeutet hatte.

Hilfesuchend sah Edoardo zu seinen Wachen. Ungeduldig entsicherte ich die Pistole. Edoardo zuckte bei dem Geräusch zusammen und näherte sich mir vorsichtig. Kaum hatte er mich erreicht, drückte ich ihm die Waffe an die Schläfe. Kaum drückte das kalte Metall gegen seine Haut, beschleunigte sich mein Herzschlag. Ich musste nur abdrücken und die Kugel würde seinen Schädel durchbohren. Das Gefühl so viel Macht in meinen Händen zu halten, fand ich gleichzeitig berauschend und beunruhigend.

,,G- geht es um Ihren Vater? Hat mein papá ihn i- irgendwie verärgert?", Edoardos Stimme zitterte stark. Es überraschte mich, dass er es überhaupt schaffte vollständige Sätze zu bilden. Kurz verwirrte mich die Aussage, doch dann begriff ich. Natürlich, der hielt mich immer noch für Sofia.

,,Es enttäuscht mich, dass du mich nicht wiedererkennst", erwiderte ich spöttisch. Gerne wäre ich näher auf unsere Vergangenheit eingegangen, ihm unter die Nase gerieben, wer in diesem Moment wortwörtlich am Abzug stand. Doch dafür hatten wir keine Zeit.

,,W- wiederkennen?", zufrieden beobachtete ich, wie Schweißperlen auf Edoardos blasser Stirn traten. Seine Angst wurde mit jeder Sekunde intensiver, drohte ihn zu zerreißen. 

,,Schluss jetzt mit diesen netten Erinnerungen", fauchte ich und die Wachen tauschten angesichts meiner plötzlichen Verärgerungen einen alarmierten Blick. Doch noch immer wagte es keiner der beiden, nach den am Boden liegenden Waffen zu greifen.

,,Ihr beide steigt vorne ein und keine krummen Spielchen, sonst knall ich ihn ab", wandte ich mich an die beiden Männer. Meine eigene Unsicherheit schaffte ich offensichtlich gut hinter einer selbstbewussten Maske zu verstecken, denn die beiden öffneten widerstandslos die Autotüren. 

,,Rein mit dir, auf die Rückbank", grob drängte ich Edoardo zu dem Auto, der sich widerstandslos auf die Bank setzte. Noch immer die Waffe auf ihn gerichtet, drehte ich mich zu dem fremden Mann um, der das ganze Geschehen nur schweigend, mit einem leichten Lächeln auf den aufgeplatzten Lippen beobachtet hatte.

,,Und du kommst auch mit", forderte ich ihn auf. Ich kannte den Mann nicht. Obwohl er offensichtlich nicht zu den Mafiosi gehörte, wollte ich keine Zeugen zurücklassen. Jetzt wo ich meinem Ziel so nahe war, wollte ich keinesfalls ein unnötiges Risiko eingehen.

,,Signorina, du siehst echt anziehend aus mit einer Waffe in der Hand. Aber wenn dir so viel an meiner Gesellschaft liegt, hättest du auch nur nett fragen können", die dunklen Augen des Mannes funkelten amüsiert. Bevor ich antworten konnte, fuhr er bereits gelassen fort: ,,Mir liegt nicht viel an dem guten Edoardo, aber ich will natürlich nicht, dass du meinetwegen dein Druckmittel verlierst." Widerstandslos stieg er auf Edoardos rechter Seite ein. 

,,Wie fühlt es sich an, in dieser Position zu sein? Eine ganz neue Erfahrung für dich, nicht wahr?", mit einem unschuldigen Lächeln beugte sich der Fremde zu Edoardo. Na ja so unschuldig ein Lächeln mit einer blutigen Lippe und aufblitzenden Schalk in den Augen eben aussehen konnte. Edoardos Augen verengten sich gefährlich, doch die Pistole an der Schläfe hielt ihn von einer Antwort ab. Noch immer wusste ich nicht, ob es mich beeindruckte oder anwiderte, wie sorglos der Mann mit seinem Leben spielte. So als hätte er nichts zu verlieren. 

,,Ich bin auf der Suche nach Irene Romero. Führt mich dorthin, wo sie gefangen gehalten wird und Edoardo wird nichts passieren", stellte ich meine Forderungen. 

,,In Ordnung", das erste Mal meldete sich der Mann hinter dem Lenkrad zu Wort. Falls er beunruhigt war, ließ er es sich zumindest nichts anmerken. Ich hoffte inständig, dass dies nicht bedeutete, er würde noch eine Ass im Ärmel haben. 

Der Wagen startete. Wir rollten über die holprige Straße. Bei jeden unsanften Durchschütteln des Wagens stieß die Waffe Edoardo grob an den Kopf. Jedes Mal biss er die Zähne zusammen, um sich einen ängstlichen Laut zu verkneifen. In einem anderen Moment hätte ich vielleicht Mitleid mit ihm gehabt, doch noch immer loderte Addrenalin in meinen Adern und die Hoffnung auf Erfolg. Diese Gefühle ließen mich für einen kurzen Moment alles andere vergessen. Ich war auf dem richtigen Weg und noch war ich in dem naiven Glauben gefangen, dass mein Plan tatsächlich aufgehen konnte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 04 ⏰

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𝑩𝒆𝒍𝒍𝒂 𝑫𝒐𝒏𝒏𝒂. Original StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt