Z e h n

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Zurück in meinem Bett (definitiv keine Ausflüge mehr für mich), kreisen meine Gedanken um Elias' Anschuldigung. Ich habe defintiv niemandem von der Affäre erzählt, also habe ich mir auch nichts vorzuwerfen! Wenn er so leichtsinnig war, eine Affäre mit einer Kollegin anzufangen, bin ich sicher nicht die Einzige, die davon Wind bekommen hat.  Blöder Elias. Blöde Steffi. Ich seufze. Wie konnte ich mich nur in dieses Chaos hineinziehen lassen? 

Elias' Affäre, Steffi, ist also verlobt. Schlimm genug, dass sie ihren Partner betrügt. Aber ihren Verlobten zu betrügen? Ich schnaube. Hat sie denn gar keine Skrupel? Ich hoffe fast, dass ihr Verlobter von der Affäre erfährt. Wie sehr es ihn auch verletzen wird – besser als sein Leben mit jemandem zu teilen, der ihm nichts als Lügen auftischt. Ich spreche das aus Erfahrung...

Vielleicht kennt er aber auch die Wahrheit. Vielleicht führen die beiden eine offene Beziehung? Nein, das passt nicht. Elias' Reaktion war viel zu extrem. Was hatte er nochmal gesagt? Dass er OP-Verbot hat...

Moment.

Elias hat OP-Verbot, weil er etwas mit Steffi hatte. Was nur bedeuten kann: Steffis Verlobter arbeitet auch in diesem Krankenhaus. Ist er Elias' Vorgesetzter? Es kann doch nicht sein, dass –

Es ist absurd. Absolut unmöglich. So einen Zufall kann es nicht geben. Aber... was wenn doch?

Was, wenn Sebastián – ausgerechnet Sebastián – Steffis Verlobter ist? Der Elias zuvor bei meiner Operation eingeteilt hat. Also Elias' Vorgesetzter ist. Ich spüre ein unangenehmes Ziehen in der Magengrube.

Und wenn ich in den Stunden, an die ich keine Erinnerung habe, irgendetwas in diese Richtung gesagt habe? Irgendetwas angedeutet? Aber das würde bedeuten, dass ich mit Sebastián gesprochen habe. Was absolut unwahrscheinlich ist. Warum sollten wir nach meiner Operation miteinander gesprochen haben? Das Ziehen in meiner Magengrube wird stärker.

Es ist ruhig im Zimmer (abgesehen von Karl-Heinz' Schnarchen). Die Tür öffnet sich, und ich halte unwillkürlich den Atem an.

Dr. Sebastián Vega sieht so attraktiv aus wie immer. Vielleicht etwas zerzauster als sonst, seine dunklen Haare stehen unordentlich ab. Und da ist ein wilder Ausdruck in seinen kastanienbraunen Augen. Weil er herausgefunden hat, dass Steffi ihn betrügt? Hör auf, Lena. Du siehst schon Gespenster. Ich schlucke schwer. 

Als er meinen Blick bemerkt, setzt er ein professionelles Lächeln auf. Er zieht sich einen Drehhocker heran, schlägt lässig die Beine übereinander, nur seine Schultern wirken etwas verkrampft. „Entschuldigen Sie, dass ich erst jetzt zur Visite komme, Frau Ritter." 

„Kein Problem", winke ich nervös ab, aber mein Magen dreht sich erneut.

 „Wie geht es Ihnen? Schwester Johanna hat mir berichtet, dass Sie die Narkose gut überstanden haben?"

„Mir geht's ganz gut." Ich zwinge mich zu einem verkrampften Lächeln.

Er nickt knapp, weicht meinem Blick aus und beugt sich über meinen Gips, um zu prüfen, dass er noch richtig sitzt. Als seine Finger meine Wade streifen, schnappe ich unwillkürlich nach Luft. Ich danke meinem Vergangenheits-Ich, dass ich geistesgegenwärtig genug war, am Freitagabend meine Beine zu rasieren.

„Der Gips sitzt gut. Haben Sie sonst irgendwelche Beschwerden? Übelkeit? Halsschmerzen? Erinnerungslücken?"

Ich zögere. „Äh, nein." Wirklich sehr überzeugend, Lena.

Er schaut auf, wirft mir einen zweifelnden Blick zu. „Nein?"

„Naja, also mein Hals tut ein bisschen weh..." Ich winde mich sichtlich. Aber was für einen Sinn hat es, es abzustreiten? „...und ich kann mich an die Zeit nach der Operation kaum erinnern."

Between HeartbeatsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt