Kapitel 14 Teil 1: Trennung

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Munins Kopf lag gebettet auf Nexals Oberschenkeln. Beide starrten sie in den Nachthimmel, während der Gott des Todes mit den Fingern durch Munins Haare fuhr.

„Ich bin kein Held", murmelte Munin. „Ich habe die Kan nicht aufhalten können. Und dann auf der Seite der Kan die Sem nicht. Ich habe so viele Unschuldige getötet ... Und wofür? Um am Ende als Gefäß zu dienen, das nichts tun muss, außer existieren und sich raushalten. Und sogar das hätte ich heute fast vermasselt. Und selbst wenn alles gut geht, wird meine Existenz vielleicht nur dazu führen, dass die Menschheit lediglich neue falsche Götter bekommt."

Für eine halbe Minute reagierte der Todesgott nicht, bevor er fragte: „Bist du fertig?"

„Hm?"

„Bist du fertig mit jammern?"

„Du klingst wie Zeph", brummte Munin. „Kannst du nicht etwas netter sein, zu einem im Sterben liegenden Mann?"

Nexals Hand hielt inne. Nach mehreren Atemzügen fuhr sie mit ihrer Arbeit fort. „Hm."

„Hm?"

„Ich weiß nicht, wie ich dich aufheitern kann", sagte er und sah auf ihn herab. Ein Lächeln zierte seine Lippen, aber seine Augen ertranken in Trauer. „Ich weiß nicht, wie ich dein Leid lindern kann."

„Fürs Erste ist deine Gesellschaft genug, während ich meine letzten Atemzüge aushauche."

Die Finger in seinem Haar erzitterten. „Kannst du aufhören, von deinem Tod zu reden?"

Das Grinsen konnte Munin sich nicht verkneifen. „Von dir?"

„Von deinem – " Nexal ließ sich dazu herab, die Augen zu verdrehen. Dann tätschelte er seinen Kopf.

„Wie viele können schon sagen, im Schoß des Todes gelegen zu haben." Er gluckste und seufzte. „Zum Glück habe ich so eine attraktive Aura."

„Die hattest du." Der Atemzug, den der Gott des Todes ausstieß, war so leidend, als wäre er derjenige, der unvorstellbare Schmerzen ertrug. „Ich bereue es, dir das gesagt zu haben."

„Moment. Die hatte ich? Vergangenheitsform?"

Der Todesgott linste nach unten. „Ja. Zephyrins Aura ist mit deiner verschmolzen und die Neda haben ihren Teil beigetragen. Was dabei herausgekommen ist ist ... grotesk."

Eine Haarnadel bohrte sich in Munins Herz. „Wieso bist du dann hier? Immer wieder zurückgekommen?"

Sachte zogen Finger an einzelnen Strähnen. „Vielleicht finde ich ja doch noch andere Dinge attraktiv an dir."

Als Munin in Gelächter ausbrach, zuckte Nexal zusammen. Der Gott stützte ihn im folgenden Hustenanfall.
Stöhnend sank er schließlich wieder in Nexals Schoß und zog die Decke zurecht. Der Sternenhimmel im Spiegel war erloschen und zeigte jetzt ein Meer, aus dem die Morgensonne emporstieg.

„Ich habe wirklich alles vermasselt, hm?", wollte Munin wissen. „Hätte ich dich damals nicht hintergangen, hätten wir Jahrzehnte gehabt."

„Vielleicht." Nexal verschob den Blick und starrte Löcher in die Bettdecke. „Ich bereue es, dir nicht früher verziehen zu haben."

„Der Kuss des Todes wird mich aber nicht noch früher umbringen, oder?"

Damit erntete er sich eine gehobene Augenbraue. „Wir werden es wohl nie erfahren."

„Also verwehrst du mir meinen letzten Wunsch?"

„Du sprichst im Fieberwahn."

„Ich kann Fieber haben und dich küssen wollen."

The End?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt