Offensichtlich genauso irritiert starrte Hyunjin zu Felix zurück.
Wie in Schockstarre war er in der Tür öffnenden Position verharrt, die Klinke noch immer in der Hand. Er holte zwar Luft, als wenn er etwas sagen wollte, runzelte dann aber nur sprachlos die Stirn. Eine durchaus plausible Reaktion für diese Situation - ohne Frage. Allerdings war Felix der Meinung, dass seine eigene Verwirrung die von Hyunjin noch toppen musste.
Denn der Größere sah aus, ob er geradewegs von einem Monsun überrascht worden war. Seine Harre waren tropfend nass und die Sachen hingen ihm feucht am Körper.
Also sprach Felix das Erste aus, was ihm in den Sinn kam: "Warum bist du so klatschnass?"
"Ich war oben im Dachtrassen-Pool baden - nochmal etwas abspannen vor morgen. Allerdings habe ich mein Handtuch im Zimmer vergessen", erklärte Hyunjin, als hätte es Felix wissen müssen. Und sicher konnte er beim genaueren Hinsehen erkennen, dass Hyunjin Flipflops und Badehose trug. Und war das eine Schwimmbrille in seiner Hand? Felix wollte gerade zur Frage ansetzen, da schien Hyunjin zu einer falschen Erkenntnis gelangt zu sein, "Ahh, willst du zum Pool? Ich kann es nur empfehlen."
"Nee, ganz im Gegenteil, ich bin auf dem Weg zum Zimmer. Ich komme nur gerade vom Coach. Gespräch wegen morgen und so", begann der Blonde, bevor er sich stoppte und anschuldigend seine Augenbraue hochzog, "Was ist das eigentlich mit dir? Wie kann es sein, dass ich schon wieder auf dich stoße?"
"Müsste ich das nicht eher dich fragen?", ein verspieltes Lächeln malte sich auf die Lippen des Anderen, während er die nassen Haare nach hinten strich, "Soweit ich das aufm Schirm habe, bist du bis jetzt immer in mich gerannt, nicht andersrum. Du kommst wohl nicht von mir los?"
Felix machte den Mund auf, um zu widersprechen, aber schloss ihn gleich daraufhin wieder. Denn Hyunjin hatte recht. Mehr noch als die unzähligen Momente, in denen sie plötzlich voreinander standen, war er neben ihrer ersten Begegnung mit ihm auch beim Grand Prix Upper Austria zusammen gestoßen.
Es war früh Morgens passiert, nachdem er sich einen Snack aus einem Automaten in der Hotellobby geholt hatte, da im Hotel noch nichts weiter aufhatte. Er wollte danach einfach wieder aus der Nische in den Hauptbereich der Lobby, als er gegen Hyunjin gerannt war. Zu seiner Verteidigung dachte er nicht, dass er auf andere Menschen um diese Uhrzeit achten müsste. Woher hätte er erahnen können, dass Hyunjin ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt auch zum Snackautomaten wollte?
"Alle guten Dinge sind drei, nicht?", zuckte er also stattdessen mit den Schultern und setzte ein provokantes Lächeln auf, welches sogleich von Hyunjin reflektiert wurde.
"Heißt das etwa, keine verhängnisvollen Begegnungen mehr?" - Das Wort verhängnisvoll machte seiner Bedeutung in Hyunjins Stimmfarbe alle Ehre - "Schade eigentlich, findest du nicht auch?"
"Dann dreh den Spieß doch um? Du hast genauso die Option, mich über den Haufen zu rennen."
"Was ein atemberaubendes Angebot", schmunzelte Hyunjin, während er einen Schritt näher kam. Sein Blick war dabei direkt und unmissverständlich zu deuten, als dieser zu Felix' Lippen abschweifte, "Vielleicht werde ich darauf zurückkommen. Andererseits haben die letzten Monate gezeigt, dass wir auch ganz ohne vorher zu kollidieren in solche Situationen gelangen können."
Der Blondhaarige konnte erneut spüren, wie die Luft zwischen ihnen nahezu knisterte, während alle vergangenen auch nur ansatzweise ähnlichen Momente durch seinen Kopf schwirrten - es waren nicht gerade wenige. Und dieses prickelnde Gefühl war süchtig machend nach mehr. Also hielt er den Blickkontakt, als er mit der Zunge schnalzte und seinen Kopf leicht schief legte: "Denkst du, das wird so weiter gehen?"
"Ich denke das nicht nur, ich weiß das sogar."
"Und woher willst du das wissen?", grinste Felix amüsiert, gab aber gleichzeitig der Versuchung nach Hyunjin näherzukommen.
"Intuition."
Trocken, aber gleichzeitig in Versuchung führend, ließ das Wort Felix' Grinsen noch größer werden: "Du bist unausstehlich."
"Ich glaube, du wolltest unwiderstehlich sagen", korrigierte Hyunjin - auf seinen Lippen lag noch immer das schmale Lächeln, in seinen Augen jedoch so viel mehr. Und Felix fiel auf, dass sich der Dunkelhaarige durchaus noch ein Stück vorgelehnt hatte. Er konnte nicht verhindern, dass sein Blick auf die vollen Lippen fiel, welche leicht im dimmen Licht des Treppenhauses schimmerten. Der Blonde wollte wirklich unfassbar gerne wissen, wie sie sich auf seinem anfühlen würden. Sein Grinsen hatte sich zu einem Hauch aus Verlangen gewandelt, während er das Prickeln selbst in seinen Fingerspitzen spüren konnte.
Er machte einen weiteren Schritt nach vorn, sein Herz schlug etwas schneller. Er wollte generell wissen, wie sich ihre Körper gegeneinander anfühlen würden. Würde Hyunjins Haut warm oder kalt unter seiner sein? Würde seine Sachen sich ebenso nass ziehen, würde Hyunjin sich gegen ihn pressen? Würden seine Lippen noch nach Chlor vom Poolwasser schmecken?
"Vielleicht wollte ich das tatsächlich", waren die Worte, mit welchen er noch einen kleinen Schritt auf Hyunjin zuging. Ihre Gesichter trennten nur noch eine Handbreite voneinander. Und gerade war Felix ernsthaft davor, diese Entfernung auch noch zu überbrücken, wenn Hyunjin nicht schneller wäre. Denn nach seinen Augen zu urteilen, war er mehr als bereit, es darauf ankommen zu lassen. Und erneut ging Felix durch den Kopf, dass Hyunjin dasselbe in seinen Augen lesen musste.
Plötzlich erklang der Ton des ankommenden Fahrstuhls neben ihnen.
Sofort wichen sie beide zurück und die Tür fiel zwischen ihnen ins Schloss. Augenblicklich musste Felix darüber lachen. Und als Hyunjin die Tür wieder öffnete, hatte dieser ein genauso breites wie wissendes Lächeln im Gesicht. Denn wenn es nur harmloses Flirten gewesen wäre, mit keiner ernsthaften Intention dahinter, hätte keiner von ihnen so reagieren müssen.
Die Frau, die aus dem Fahrstuhl stieg, ging ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen an ihnen vorbei. Und für eine Millisekunde schoss die Frage durch Felix' Kopf, wie die Situation sich ausgespielt hätte, hätten sie sich tatsächlich geküsst.
"Ich glaube, ich sollte jetzt gehen. Die nassen Sachen werden langsam kalt", setzte Hyunjin an, nachdem die Stöckelschuhschritte auf dem Granitboden am Verhallen waren. Felix nickte zustimmend und schob sich aus der Etage endlich ins Treppenhaus, während Hyunjin mit ihm die Plätze tauschte. Trotzdem verharrten sie erneut.
"Vergiss bloß nicht, dass du mir deine Erlaubnis erteilt hast."
Felix war kurz davor, nachzufragen, was er damit meinte, als es ihm klar wurde. Augenblicklich verdrehte er die Augen, aber an den Gedanken, in eine ähnliche Situation wie eben zu gelangen, konnte er ein Schmunzeln nicht unterdrücken: "Ich werde auf der Hut sein."
"Ich hoffe nicht zu sehr.", vielsagend huschte ein Lächeln über Hyunjins Gesicht, ehe er sich zum Gehen wandte. Felix ließ die Klinke los, wodurch die Tür klickend ins Schloss fiel.
Danach starrte er wie gebannt auf das Holz der Tür, während er alles noch mal in sekundenschnelle vor seinem inneren Auge abspielte - es war, als ob die Erkenntnis der gesamten Situation erst jetzt wirklich einsickerte. Langsam fuhr er sich übers Gesicht und anschließend durch die Haare. Mit einem tiefen Seufzen öffnete er nach einigen Sekunden - die auch Minuten hätten sein können - wieder die Augen und begann, die ersten Treppenstufen hinunterzulaufen.
Bis jetzt war alles immer reine Kopfsache gewesen, auch wenn es offensichtlich mehr als das gewesen war. Aber was würde passieren, wenn sie es wirklich darauf ankommen lassen würden? Er hatte absolut keine Ahnung, aber ein Teil von ihm - ein immer größer werdender Teil - wollte es unbedingt herausfinden.
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Hi liebe Leser*innen, ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen dieser Story und könnt euch etwas in diese fiktive Welt einsinken lassen. Ich freue mich sehr über die bereits zahlreichen Reads und Votes, über die Kommis sowieso. Ich wünsche euch eine tolle Woche, bis nächsten Sonntag ♡
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Like Drowning | hyunlix
Fanfiction[GER] Sobald Felix den Raum betrat, war er von Hyunjin wie magnetisch angezogen. Sein Augen hatten ihn innerhalb eines Augenblicks in der Menschenmenge wahrgenommen. Und als sich ihre Blicke trafen, war ihm klar, dass es ihnen beiden so ging. Es war...