Kapitel 19

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Es war schwer zu sagen, wo es von hier aus hinzugehen hatte und was überhaupt zu tun war. Custos fühlte sich machtlos mit den neuen Herausforderungen, die sich ihm aufzwängten und derart unbestreitbar wirkten, dass er damit zu kämpfen hatte, sich nicht wieder wie ein kleines Kind zu fühlen, das nur darauf wartete, dass sein Vater jene Probleme löste, die ihn zum Weinen brachten.

„Ein König zerbricht nicht, wenn er Probleme sieht, sondern fasst neuen Mut und macht sich an die Aufgabe, sie zu lösen", hatte er immer gesagt und ihm das Haar zerzaust, bevor er die kleinen Ärgernisse seines Sohnes beseitigte. Er war sich niemals zu gut, seinem Sohn zu erklären, wie er sich helfen konnte, selbst wenn er trotzig war und nicht recht zuhören wollte. Doch nichts davon war auf diese Situation anwendbar und auch spätere Jahre der Ausbildung und der Übungen änderten nichts daran, dass sein Kopf leer blieb, wenn er nach etwas suchte, das ihn nun voranbrachte.

Wie konnte es nur zu alldem kommen? War damit nicht im Grunde seine gesamte Mission beendet? Er wusste, dass es unwahrscheinlich war, dass Eton wieder mit den Bruchländern zusammenfinden würde und auch, dass er sich nicht wahrlich König nennen konnte, doch dachte er stets, zumindest die Ehre wiederherstellen zu können, die seinen Ahnen geraubt wurde. Tief in ihm hatte er darauf gehofft, dass sie womöglich das Problem mit den Flüchen lösen würden und man ihnen dafür danken würde, dass sie die Welt retteten. Sicherlich hätte er es niemals gewagt, diese Gedanken bewusst in seinen Verstand voran sprießen und dort gedeihen zu lassen, doch war es nun, als hätte man ihre Wurzeln gesalzen und die zarten, ersten Blätter verbrannt. Diese Toten waren keine Verbrecher oder Verräter der Gesetze, sondern das genau Gegenteil. Wachen, die es schützten und in ihren Bemühungen ein unverdientes Ende fanden. Zwar wollte er genauso wenig eingesperrt werden wie die anderen auch, doch war das sicherlich nicht der Weg, den er dabei beschreiten wollte. Wer akzeptierte schon jemanden, der in die Ermordung zweier Ragand-Wachen involviert war? Es fühlte sich an wie eine Niederlage und Baishou war daran schuld, dass sie sie einstecken mussten. Es spielte keine Rolle, ob er nun eingesperrt war oder nicht und es hatte auch kein Gewicht, dass jeder von ihnen sie eher als jemanden sah, der beschützt werden wollte. Hätte Keres sich unschicklich verhalten, wäre er auch dafür verantwortlich gewesen, da er entschied, sie vorerst bei ihnen zu halten. Sie begleitete die Gruppe auf seinem Pferd und war damit zu seinem Problem geworden und er hatte dafür geradezustehen, wenn sie etwas anstellte. Das war doch selbstverständlich. Baishous Ego war ein wiederkehrendes Ärgernis und er verstand nicht, warum die anderen das nicht sehen wollten. Zunae sollte diese Ansicht von ihnen allen noch am ehesten mit ihm teilen, so wie der Mann mit ihrer Freundin umging, und doch saß er nun allein an einem Baum gelehnt auf dem Boden, während sie sich irgendwo einige Meter entfernt mit dem großen Mann aufhielten. Es war absurd.

Frustriert ließ er den Kopf nach vorne rollen und zog die Fersen weiter an, um seine Ellbogen auf den Knien ablegen zu können, während er sich hinter seinen Armen verbarg. Er glaubte gesehen zu haben, dass Ahidan längst wieder dabei war zu rauchen, als wäre nichts gewesen. Der Rauch schimmerte selbst in der absolut wirkenden Finsternis des Waldes noch leicht fliederfarben und war wie ein Leuchtfeuer, das auf sie aufmerksam machte, doch Custos hatte keine Nerven, um sich damit zu befassen. Sie würden schon wissen, was sie taten. So wie sie es immer glaubten, nur um die Situation damit weiter zu verschlimmern, doch diesmal durften sie es alleine ausbaden.


Er wollte helfen, all die Leute Volesans und darüber hinaus zu retten und nun fühlte es sich an, als würde er fallen. Womöglich mischte sich Vidonea in all dies ein und manipulierte, was ihr ein Dorn im Auge war. Die Kontrahentin von Leben und Tod versuchte seit jeher, das fragile Gleichgewicht zu zerstören und wenn man es sich genau betrachtete, waren sie dabei nur allzu leichte Ziele. Angreifbar, verletzlich und völlig ahnungslos. Ilead mochte die Tyil Ca'em geschaffen haben, doch war es Vidonea, die sie korrumpierte und zu den Flüchen machte, die sie nun mit aller Macht unterstützen wollte. Es würde Sinn ergeben und Custos konnte sich in die Hoffnung flüchten, dass er all dies nicht hätte aufhalten können. Was sollte er schon gegen etwas tun, das die Grundessenz der Existenz als Ziel ins Auge fasste? Er war nur ein einfacher Sterblicher, der versuchte, göttlichen Idealen gerecht zu werden.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 28 ⏰

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Gial'dara - Die Legende der Flüche [MMG]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt