1 | Die erste Begegnung

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M⃥i⃥n⃥g⃥i⃥ P⃥o⃥v⃥:

„Beeile dich, Yunho! Sie sind fast da!", hetze ich meinen besten Freund panisch. Ich darf ihn unter keinen Umständen an den ekelhaften Haufen von gruseligen Zombies verlieren, welcher uns unerschüttert verfolgt, denn dies würde meine ohnehin herausgeforderte Psyche eindeutig nicht aushalten. Allein die bloße Imagination lässt meine Brust genau auf der Höhe des, mit Adrenalin geladenen, heftig pochenden Herzes schmerzvoll zusammenziehen, während der 25-Jährige entschlossen das Tempo erhöht, die letzten paar Schritte keuchend kurze Zeit später zu mir aufholt, fest meine linke Hand mit seiner rechten verschränkt, um mir das wärmende Gefühl zu geben, er sei da und ich muss nicht einsam um das Überleben kämpfen.

Wer auch immer unsere gemeinsame Zukunft schreibt, bitte beschütze den Älteren, falls sich mir die Möglichkeit dazu nicht mehr bieten sollte. Ich werde mein Bestes geben, ihm ergebnisreich Schutz zu gewähren, schließlich versprachen wir uns optimistisch, vereinigt zurück in die Zivilisation zu kämpfen. Außerdem ist Yunho seit längerem mehr als ein bester Freund, zumindest für mich.

Wir kennen uns aus dem zweiten Jahr der Oberstufe, da meine Eltern mich voller positiven Gedanken auf eine zukunftssichere Schule mit einem Internat schickten. Meine Familie wohnt sehr abgelegen, weit weg von der riesigen Hauptstadt Südkoreas, weswegen ich guten Mutes bin, dass sie unversehrt sind.

An meinem ersten Tag im großen Schülerheim hatte niemand außergewöhnlich viel Interesse daran, mit mir befreundet zu sein, wobei ich von meinen drei gleichaltrigen Zimmergenossen nichts, außer blanke Ignoranz zu spüren bekam, als bestand ich schlichtweg aus Luft. Einen Monat nach dem missglückten Schulstart saß ich wie üblich einsam an einem abgelegeneren Tisch, stocherte geistesabwesend und appetitlos in meinem mickrigen Abendessen herum. Zuvor zwang ich erschöpft meine trägen Mundwinkel dazu, nach oben zu wandern, bat den Typen bei der Ausgabe respektvoll, meine Portion freundlicherweise auf die Hälfte zu minimieren, weshalb es nicht ganz so schlimm wäre, ließe ich trübsinnig ein paar Bissen auf dem weißen, farblosen, industriell hergestellten Teller übrig. Eine Dreiviertelstunde musste ich hier noch quälend verbringen, danach wurde entweder etwas Uninteressantes zum morgigen Tag angesagt oder wir wurden hastig in unsere Zimmer verscheucht. „Ist hier noch frei?", lächelte ein silberhaariger, süß aussehender Junge strahlend, hinderte komischerweise meine unangenehmen Gedanken daran, weiter abstrakt, ablenkend von der einsiedlerischen Realität, um meinen leicht schmerzenden Kopf zu kreisen. Langsam zieht das ständige Denken körperliche Beschwerden mit sich. Würde es bizarr rüberkommen, wenn ich einfach aufstehe, mich überfordert in meinem Zimmer verschanze und meinen Körper für die restliche Nacht in eine dicke Decke einrolle?

Jup, definitiv. Also fällt diese Möglichkeit aus meiner kurzen Liste der aktuellen besten Ausreden leider hinaus.

„Theoretisch ja, wenn du genauso ignoriert und mit komischen Blicken angeblitzt werden möchtest", gab ich bedrückt murmelnd von mir, mied fluchtartig den unerwarteten Blickkontakt, da schleichend ein gewisses Maß an Nervosität meinen Leib in einen unruhigen Zustand versetzte. Was war bitte falsch mit mir? Kaum nahm sich jemand fremdes seine wertvolle Zeit in Anspruch, um sich mit einer simplen Frage an mich zu wenden, antwortete ich unverständlichen Mist. Dabei war der Jugendliche umwerfend schön und ließ meine Gefühle seit diesem Tag alleinig für ihn verrücktspielen. Zu Beginn war ich mir dessen keineswegs bewusst, stempelte es eilig in die gedankliche Schublade „Lange kontaktlos, deswegen war ich froh darüber, Aufmerksamkeit zu bekommen".

Hinter meinem Rücken hörte ich lautstarkes, nerviges Gekicher, weshalb sich automatisch jeder Muskel schützend verkrampft, meine Organe sich dazu entschieden, auf Hochtouren zu fahren. Höchstwahrscheinlich lästerten sie über meine natürlichen Haare. Es war unbeschreiblich fatal, denn immer, wenn ich den Versuch startete, sie zu färben, passierte absolut gar nichts. Die Farbe tropfte direkt, als wäre es das Normalste auf dieser Welt, auf den kalten Fliesenboden. Einmal rasierte ich mir sogar jedes einzelne Haar ab, bis man nur noch die blanke Kopfhaut sehen konnte. Am Morgen waren sie erneut auf derselben Länge wie zuvor, sie wuchsen einfach in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit, was die Frustration präsenter machte.

It's a matter of life or death - Ateez Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt