Kapitel 3

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Ethan

Und denk daran, Ethan, ich erwarte Ergebnisse von dir‹, schallen die Worte meines Vaters durch meinen Kopf. Das zweiwöchentliche Essen mit ihm hatte länger gedauert, als ich angenommen hatte. Dass er mir eine Predigt über meine Methoden hielt, war nicht anders zu erwarten. Nach seiner Meinung müsste ich skrupelloser sein, auch wenn ich dies meines Erachtens war.

Doch er wies mich auf mein Zögern in manchen Angelegenheiten hin. Ich tendierte nämlich dazu, meinen Verstand öfter zu nutzen. Doch für meinen Vater war das nur ein Zeichen meiner scheinbar verweichlichten Ader, die ich von meiner Mutter geerbt hätte. Ich selbst konnte das nicht beurteilen, denn ich hatte nie die Chance gehabt, sie kennenzulernen. Sie starb bereits bei meiner Geburt. Einer meiner größten Fehler, die ich unwissentlich begangen hatte.

Ich drückte die Tür auf, und sie knarrte unter dem Gewicht des schweren Holzes. Ein Raum mit gedämpftem Licht kam zum Vorschein. Einige braune Ledersessel standen im mittleren Bereich des Raums, und darunter lag ein Perserteppich. Das Holz im kleinen Kamin knisterte leise und brachte eine entspannte Atmosphäre mit sich.

An der Wand hing eine Dartscheibe, die O'Connor angebracht hatte, um seiner Langeweile zu entfliehen. Er hatte bisher nur einige Male geworfen. Doch nachdem er mehrmals gegen mich verloren hatte, hing die Zielscheibe nur trostlos vor sich hin.

O'Connor kann sich wohl denken, dass ich weiß, wie man wirft. Bei mir zu Hause wird mit Messern geworfen, und diese Tradition werde ich weitergeben.

»Na endlich, es wird auch Zeit, dass du dich blicken lässt, Taysten«, stieß Orlow gelangweilt aus und warf seinen Kopf zurück, sodass ich sein Gesicht bis zur Nase sehen konnte. Seine Augenbrauen waren durcheinander und sein rotbraunes Haar zerzaust. Wie immer waren seine Füße nicht auf dem Boden, sondern auf dem Hocker gestützt, um sich zu entspannen. Seine Schuhe schienen nicht sonderlich sauber zu sein, was mir widerstrebte.

Orlows barschen Gruß ignorierend ging ich an ihm vorbei und setzte mich auf den Sessel, der direkt zum Kamin zeigte. Für meine Verhältnisse war es etwas zu warm, doch für Orlow und O'Connor war es nie warm genug.

Ich zupfte an meinem schwarzen Pullover, der über meinem weißen Hemd war. In dem Versuch, die Wärme weniger zu spüren, schob ich meine Ärmel hoch.

Der Holzscheit im Kamin knackte und verlangte nach mehr, um die Flammen zu befeuern. O'Connor bemühte sich jedoch nicht, etwas zu tun. Ihm war bewusst, dass ich die erdrückende Wärme nicht leiden konnte. Sie hatte etwas Unangenehmes und Erstickendes an sich.

»Ich wurde aufgehalten«, gab ich trocken zurück und starrte ins Feuer. Die gelben und roten Töne mischten sich zu einem Orange. Langsam änderte sich der Farbton vor meinen Augen, und mir war, als würde ich etwas Braunes sehen. Der dunkelbraune Zopf erschien vor meinen Augen. Die Haare schwangen weich hin und her, bis SIE vor mir stehenblieb. Das Mädchen machte keine Anstalten, sich zu bewegen, selbst nachdem ich sie darauf hingewiesen hatte, dass sie mir im Weg war.

Grundsätzlich war sie nur vor mir, und es gab genug Platz, um an ihr vorbeizugehen. Prinzipiell wich mir aber immer jede Person aus und ging meinen Aufforderungen nach. Doch SIE, sie scheute sich nicht davor, mich in Grund und Boden zu ignorieren.

Wer ist sie? Sie hatte einen Koffer bei sich. Ist sie neu? Sie schien nicht mit dem Campus vertraut zu sein. Wer läuft schon mit einer Karte über den Schulhof? Wer kommt so spät ins Schuljahr?

»Ist alles in Ordnung? Du scheinst nicht anwesend«, gluckste O'Connor und ließ sich quer auf den rechten Sessel neben mich fallen. »Warum sollte ich das nicht sein?« antwortete ich und wollte mich nicht von den Fragen in meinem Kopf ablenken lassen.

Orlow schaute mich schief an. Er trank aus einer Glasflasche sein Sprudelwasser. Er bevorzugte die Sorte, die in der Kehle brannte.

»Weswegen auch immer du später als geplant gekommen bist, du hast echt etwas verpasst«, gähnte er laut und stellte die Flasche auf den Boden ab. Die Feuchtigkeit des Flaschenbodens perlte auf dem Perserteppich. Die Wassertropfen gesellten sich zu den weiteren Flecken, die Orlow verursacht hatte. Die Reinigung war jedoch nicht unsere Sorge.

Ich lehnte mich zurück und faltete die Finger.

»Was habe ich denn so Großartiges verpasst?«, fragte ich, auch wenn es mich nicht wirklich interessierte. Er konnte meiner Stimmlage wohl merkbar entnehmen, dass er mir nichts Schwachsinniges mitteilen sollte. Alles, was nicht ansatzweise in meinen Interessensbereich gehört, ist eine Zeitverschwendung.

O'Connor schnaubte und rückte seinen Körper auf. Er konnte enorm viel in Erfahrung bringen, was manchmal ein Vorteil sein konnte. Andererseits konnte er auch sehr viel reden. Fast 75 Prozent seiner Worte waren also Schwachsinn.

»Johnson hat einen auf Samariter gemacht, indem er einer neuen Schülerin mit dem Koffer geholfen hat. Er trug ihn für sie die Treppe hoch. Dieser Schleimer«, schnaubte O'Connor und verdrehte die Augen, »wer kommt ausgerechnet jetzt ins Schuljahr?«

Na, das hört sich nach etwas Interessantem an. Und das ist eine berechtigte Frage.

Meine Ohren spitzten sich bei der Information.

»Hör doch auf, der Mustertyp und Lehrerliebling hilft nicht jedem Püppchen. Besonders nicht, wenn er selbst Hand anlegen muss. Der macht sich doch nicht die Hände schmutzig«, gurgelte Orlow wieder mit seiner Wasserflasche in der Hand. Er musste aufstoßen, was eine seiner unappetitlichen Verhaltensweisen war.

Verdammter Johnson, natürlich kann er es nicht lassen und muss jemandem in Not helfen. Arschkriecher. Aber dass er keine Angestellten schickt und selbst etwas tut, ist neu. Warum also die Neue?

»Wie heißt das Mädchen?«, kam die Frage aus meinem Mund. Ich hatte mehr an die Worte gedacht, konnte sie aber nach der Aussprache auf meiner Zunge schmecken. Die unbedachten Worte hatten meinen Verstand schneller verlassen, als ich von mir selbst gedacht hätte.

»Das kann ich noch nicht sagen. Es ist aber seltsam, dass die Schule sie jetzt noch aufgenommen hat. Das passiert nur in Ausnahmefällen. Vielleicht hat Johnson das mit seiner feinen Nase gerochen und ist deswegen tätig geworden«, antwortete O'Connor mir grüblerisch und strich über sein stoppeliges Kinn.

Was zum Teufel will Johnson von ihr?

»Weiß man, wie die Neue auf das blonde Engelchen reagiert hat?«, bohrte ich nach. Eventuell war es ihr Verhalten mir gegenüber, das ich vergleichen wollte. Außerdem konnte ich Johnson mit jeder Zelle in meinem Körper nicht ausstehen und wollte alles Mögliche erfahren, was sich gegen ihn entwickelte. »Soweit ich in Erfahrung gebracht habe, ist sie nicht auf ihn eingegangen, hat sich aber bei ihm bedankt und sie haben sich vorgestellt. Ich habe ihren Namen aber nicht, noch nicht.«

Sie hat Johnson also anders behandelt als mich, warum? Mich hat sie mit kalter Schulter ignoriert.

Ich malte abfällig meine Zähne und stützte mich von meinem Sessel auf. Beide Jungs schauten zu mir auf. »Wohin des Weges, du bist doch erst neu angekommen?«, fragten sie nahezu im Gleichklang. Ich zupfte meine Kleidung zurecht. »Ich habe noch etwas zu erledigen«, log ich angefressen.

Wenn meine Stimmung herabfiel, bevorzugte ich einen Ort nur für mich. Einen Platz, um nachdenken zu können.

Mit gleichmäßigen Schritten trat ich zur Tür, doch bevor ich hinaustrat, kam mir ein Einfall.

Ich werde sicherlich nicht billigen, dass man mich einfach ignoriert.


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⏰ Letzte Aktualisierung: 6 days ago ⏰

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