Kapitel 1 - 1000 Jahre Fest

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Einst lag Parafran – die schönste aller Welten – in einem tiefen und dunklen Nebel ohne Licht, ohne Sterne, ohne das Wasser in den Flüssen oder den Schnee auf den hohen Gipfeln der Berge. Doch laut der Legende haben die höchsten aller Magier, welche damals über die unüberwindbaren Berge hierherkamen, den einst dunklen Landen das Leben geschenkt und die Dunkelheit mit ihrem niemals endenden Licht besiegt, welches fortan im Himmel über Parafran das neue Leben beschützte. Und der stets wiederkehrenden Dunkelheit wart täglich nur die Dauer einer Nacht zugesprochen, um sich über die blühenden Wälder und hohen Gipfel der Welt zu entfalten, während sie vom ewigen Licht am Himmel in Form der unzählbar vielen Sterne bewacht und wieder verscheucht wird. Die Magier, welche die wunderbaren Berge im Norden als ihren Wachtposten über Parafran wählten, blickten letztlich von den Gipfeln herab auf ihre neue Welt, auf ihre Hügel und Weiten, und beim Anblick ihres Werkes weinten sie, denn sie wussten, dass sie ein solches Wunderwerk niemals wieder vollbringen könnten. Und die Tränen ihrer heiligen Augen flossen die Berge herunter in das Land und formten so die Seen und Flüsse ihrer Welt, formten das Meer und schließlich das Leben. Denn erneut waren die höchsten aller Magier von der Anmut der ihr zu Füßen liegenden Welt so in ihren Bann gezogen, dass sie beschlossen, Lebewesen zu erschaffen und ihnen das größte ihrer Werke zu übergeben, denn diese Schöpfung sollte keiner Zelle dieser Welt vorenthalten bleiben. Und so erschufen sie zuerst die Tiere in den Wäldern, die Vögel in den Wolken und die Fische in den Seen, Flüssen und Meeren.

Doch als diese zu viele wurden, war das Land, das die Magier erschaffen hatten, von der Überzahl dieser Geschöpfe übermannt. Und so erschufen die Magier die Menschen, geschickte Handwerker und ausgezeichnete Händler. Sie erschufen auch die Elfen, die weisesten und begabtesten Wesen der neuen Welt mit einem unstillbaren Durst nach Wissen und Geistern, welche denen der heiligen Magier nahekamen. Geschaffen wurden diese höchsten Arten, um die Geschöpfe der Welt in einem Gleichgewicht zu halten und stellvertretend für die Magier deren größtes Werk zu pflegen und zu beschützen. Geschaffen, um die Welt zu besiedeln und deren kostbare Geschenke nicht verwehren zu lassen.

Die Menschen und Elfen verfolgten diese ihre wichtigste Aufgabe bedauerlicherweise nur einige wenige Zeitalter. Es begab sich, dass die Magier ihr Werk in sicheren Händen glaubten und sich in ihre hohen Berge zurückzogen, um sich nach ihrer harten Arbeit niederzulegen und ihre Geschöpfe die Welt in ihrer eigenen Verantwortung beschützen können. Die Menschen und Elfen entwickelten sich, wuchsen zu einem großen, fortschrittlichen Volke und die Magier waren nichtmehr gesehen. Nur ihre Magie blieb in den Landen Parafrans und ließ Glück und Friede in den Herzen ihrer Geschöpfe. Aber die Menschen und Elfen sahen sich bald als die neuen, einzigen Herrscher Parafrans, doch waren sie sich über den Anspruch der Herrschaft nicht einig. Der Mensch wollte ebenso herrschen wie der Elf, der sich gleichermaßen als Oberster sah – und es konnte keine friedliche Einigung erzielt werden. Und diese Einigung blieb den Bürgern der Welt verwehrt. Der Konflikt, der sich langsam breitmachte, erreichte sie alle. Und so kam es, dass Parafran, die eine Welt, das eine Land, in zwei große Königreiche gespalten wart, eines beherrscht von Elfen, das andere beherrscht von den Menschen.

Der Tag vor dem Ende, so wurde er fortan genannt, - ein kalter neunzehnter Dezember -, war der Tag, ab welchem die Welt Parafran zwei volle Jahrhunderte des Krieges sah. Ein Krieg zwischen Elfen und Menschen. Ein Krieg der Generationen, welcher ewig erschien und kein Ende zeigte. Ein Krieg, welcher die schönste aller Welten in großen Teilen vernichtete und sie beinahe zurück in die Dunkelheit verbannte, aus der sie einst entstanden war. Doch als das ewige Licht den Boden, auf dem die Menschen und Elfen unerbittlich kämpften, nicht mehr hatte erreichen können, denn der Nebel des Krieges wart zu dick geworden, rief das Licht die Magier aus ihrem Schlafe empor. Und die Magier, voller Zorn und Trauer, konnten die Zerstörung ihrer Welt nicht fassen. Wälder waren vernichtet, Tiere kaum noch vorhanden, die Geschlechter der Menschen und Elfen beinahe ausgestorben und das Wasser wart von den jeweiligen Feinden vergiftet. Keine Frucht wuchs mehr an den Sträuchern, kein Obst mehr an den Bäumen und die einst endlosen Felder waren verbrannt und verwüstet vom nicht endenden Kampfe. Da erhoben sich die Magier aus ihren Thronen in den Bergen des Nordens und sprachen einen solch mächtigen Zauber, dass das ewige Licht der Dunkelheit Platz machte und die Elfen und Menschen Jahrzehnte in der Finsternis lebten.

Parafran - Der Verlorene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt