Kapitel 5 - Nächtliche Unruhe

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Kapitel 5

Nächtliche Unruhe

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„Alles aufstehen! Sofort! Ein Überfall! Alle rauskommen!", schrie eine tiefe Stimme von unten. Leros hielt es für einen Traum und drehte sich auf die andere Seite, um weiterschlafen zu können, bis er spürte, wie der Boden unter ihm so wie sein Bett vibrierte. Er schaute auf und sah, dass sein ganzes Zimmer, nein, der ganze Flur in großem Aufruhr war.

Die Männer rannten im Nachthemd auf die Treppe zu und hingen sich währenddessen ihre Gürtel mit Schwertern um.

Leros schoss nach oben, sprang aus dem Bett, schlüpfte in Socken und Stiefel und rannte dann ebenfalls – so schnell er konnte – auf die Treppe zu, was in seiner Hose wesentlich einfacher war als im Nachthemd wie manch anderer. Wann würde er denn endlich mal wieder in Ruhe schlafen können, dachte er sich, während er die Stufen hinabsprang.

Von draußen hallten noch immer zahlreiche Rufe durch die Bäume, doch die gesamte Herberge schien in Bewegung zu sein.

Unten angekommen war sich Leros sein Wams über und sprang durch die Tür nach draußen; tatsächlich war er einer der ersten, der unten ankam, obwohl er so spät aufgestanden war.

Vor ihm tat sich ein unglaubliches Bild auf.

Einige der Bäume um die Wägen auf der anderen Seite standen in Brand, die Brücke über den Bach war eingebrochen. Vier oder fünf Pferde hatten sich losgerissen und rannten wild beim Stall und der Herberge umher; Haro und ein weiterer Leibwächter versuchten vergebens, die Tiere zu beruhigen.

Bei den Wägen tummelten sich etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Männer mit Kapuzen und langen Mänteln, die gemeinsam die Wägen der Karawane leerten und anschließend in der Dunkelheit des Waldes verschwanden. Die Wachen, die ein solches Szenario eigentlich verhindern sollten, lagen regungslos daneben auf dem Boden.

Leros erblickte einen der fremden Männer auf der Seite des Baches, auf der auch die Herberge erbaut war, welcher über einem zu Boden geschlagenen Wachmann hockte und dessen Taschen leerte.

Sofort rannte Leros auf ihn zu und überrumpelte den Räuber, wodurch dieser einen Schmerzensschrei losließ.

Der Mann zog ein kurzes Schwert aus seinem Mantel und ging damit auf Leros zu, welcher ebenfalls sein Schwert herausnahm und zu einem Hieb ausholte.

Der Räuber hatte große Mühe, diesen Schlag abzuwehren. Leros holte erneut aus, dann noch einmal.

Sein Gegner ging bei jedem Schlag einen großen Schritt zurück und konnte sein Schwert unter der Wucht der Schläge nur schwer in den Händen halten.

Leros schlug noch einmal zu, der Räuber tat einen Schritt zurück und landete mit einem Fuß im sandigen Bett des Baches.

Erschrocken schaute er nach unten, was Leros ausnutze und mit einem gezielten Schlag auf das Heft des gegnerischen Schwertes sein Gegenüber entwaffnete.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht fiel der Räuber hin und landete mit einem gewaltigen Platschen im kalten Wasser des Baches, konnte sich aber erstaunlich schnell wieder aufrichten und wartete sehr schnell durch das Wasser zum anderen Ufer.

Leros konnte ihm bei Weitem nicht so schnell folgen und musste aufpassen, nicht auf einem der glatten Steine im Flussbett auszurutschen; er wollte den Räuber um keinen Preis laufen lassen.

Er schaute unter sich und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen.

Als er jedoch wieder aufschaute, war der Mann hinter zwei noch größeren Männern in Deckung gegangen, welche sich jetzt mit wutentbrannten Gesichtern auf Leros zubewegten.

Parafran - Der Verlorene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt