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08:57 Uhr


Mari


Da war etwas Angenehmes an dem Chaos des Flughafens. Etwas Beruhigendes.

Die Menschenmassen strömten durch das große Gebäude wie eine Sintflut. Und ich rannte zwischen ihnen hindurch.

Niemand achtete auf mich, die junge Frau, die einen Sprint zwischen all den Passagieren hinlegte, während sie eine ziemlich ramponierte Reisetasche mitschleppte und einen Ausweis, der nicht ihr gehörte, an ihre Brust presste.

Alle waren zu beschäftigt mit sich selbst, um auf mich zu achten. Und ich konnte einfach inmitten ihnen untertauchen. Zum ersten Mal seit Langem fühlte ich mich an einem Ort sicher. Hier würde mich niemand finden.

Es war perfekt.

Und schon in geraumer Zeit würde ich im Flieger ans andere Ende der Welt sitzen. Dann würde mich niemand finden. Dann wäre ich endlich weg. Weg von hier. Frei.

Die Umstände waren perfekt. Und ich war zu spät.

Ich war verdammt noch mal zu spät.

Inzwischen sollte ich nicht mehr überrascht davon sein. Natürlich war ich zu spät. Mein ganzes Leben war eine Aneinanderreihung von Ereignissen, zu welchen ich zu spät kam, kurz verweilte, und dann zum nächsten hetzte.

Verspätungen zogen sich durch mein Leben wie ein roter Faden.

Vielleicht sollte ich dankbar dafür sein. Wenigstens eine Konstante in meinem Leben.

Vielleicht hatte das Schicksal auch einfach etwas zu viel Spaß dabei, mich durch mein Leben hetzen zu sehen. 

Wenigstens war ich inzwischen ziemlich gut darin, meine Verspätungen mit Sprints auszugleichen. In einem anderen Leben hätte ich wahrscheinlich eine ziemlich erfolgreiche Karriere als Athletin vor mir gehabt.

Aber in diesem Leben war ich nur ein verplantes Mädchen, das es irgendwie hinbekam durch einen von Menschen übersäten Flughafen zu laufen ohne von misstrauischen Security-Mitarbeitern aufgehalten zu werden und dabei ihr Bestes gab im Weg stehenden Koffern und Taschen auszuweichen.

Laufen. Ausweichen. Vermeiden. Inzwischen war ich ziemlich gut darin.

Ob es an Flughäfen vor Koffern und Taschen, Zuhause vor den Erwartungen meiner Eltern oder in meinem Leben vor Verantwortung und Verpflichtungen war.

Ich schien immer zu rennen. Manchmal freiwillig, manchmal von meinem Schicksal gezwungen. Aber stillsitzen war für mich nie eine Option gewesen.

Das war bestimmt kein gesundes Verhalten, das war mir bewusst, aber ich war bisher immer an mein Ziel gekommen.

Anscheinend auch dieses Mal. Da vorne schien auch schon mein Gate zu sein.

Ich warf einen Blick auf die Anzeige auf den Flachbildschirmen. Gerade noch rechtzeitig. Wenigstens eine Sache, die heute nicht schiefgegangen war.

Gerade wollte ich erleichtert aufatmen. Doch scheinbar hatte mein Schicksal andere Pläne.

Gerade war ich im Wartebereich vor dem Gate angekommen, als ich schmerzhaft mit jemanden kollidierte und mir scheinbar der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.

Verdammt!

Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Herz einen Schlag aussetzte, als ich mit schwindelerregender Geschwindigkeit auf den Boden zuraste und das daraufhin folgende Aufkommen mir die Luft aus den Lungen raubte.

Natürlich musste mir so etwas passieren. Ich atmete einmal tief ein und tief aus, um mich selbst etwas zu beruhigen, bevor ich meine Augen, die ich vor Schreck instinktiv fest zugepresst hatte, öffnete.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 16 ⏰

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