Geburtstag

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Vilu POV:

„Hallo!? Ich bin Zuhause!", rufe ich laut und befördere meine Tasche mit einem Wurf in den Sessel. Verwirrt blicke ich mich um, wo sind sie denn alle? „Papá, Olga, Ramallo? Wo seid ihr alle?", rufe ich, erhalte aber keine Antwort. Ich schaue in der Küche, in Papás Büro und im Garten nach, aber keine Spur von ihnen.

Schließlich nehme ich mir einen Apfel aus der Obstschale, schnappe mir meine Tasche und steige die Treppe hinauf. Meine Hand liegt schon auf der Türklinke meiner Zimmertür, als mein Blick auf die Tür neben meiner fällt. Sie ist nur angelehnt. Das ist aber seltsam, sonst steht sie nie auf!? Und täusche ich mich oder fällt nicht ein leichter Lichtstrahl hinaus auf den Flur?

Diese Tür und das Zimmer dahinter sind fast schon heilig. Es ist das Zimmer meiner Tante Angie. Sie ist vor circa zehn Jahren spurlos verschwunden. Damals war sie erst 12 Jahre alt. Ich habe kaum Erinnerungen an sie, nur ein paar kleine, leicht verschwommene.

Erinnerung

Ein junges Mädchen mit blonden Locken und großen,blauen Augen.

Sie nimmt meine Hand und zieht mich mit sich, hinüber in den Park zu einem Spielplatz.

Sie hilft mir auf die Schaukel und beginnt mir Schwung zu geben.

Ich lache. Sie lacht ebenfalls. Ein glockenhelles Lachen, wie von einem Engel.

Ich fliege immer höher, meine Beine baumeln frei in der Luft.

Aus dem Augenwinkel sehe ich sie lächeln. Ein breites Lächeln.

Erinnerung Ende

Eine andere Erinnerung kommt mir in den Sinn:

Erinnerung

Ängstlich blicke ich hinunter. Warum bin ich hier hoch geklettert?

Der Baum scheint so unendlich hoch zu sein.

Vilu!", eine bekannte Stimme ruft mich.

Sie kommt angelaufen und klettert zu mir hinauf.

Flink wie ein Eichhöhrnchen.

Oben angekommen greift sie nach meiner Hand und hilft mir hinab.

Mit ihrer Hilfe geht es ganz einfach, ohne Angst.

Erinnerung Ende

Obwohl sie so klein sind, sind sie für mich sehr kostbar, genau wie die wenigen Erinnerungen an Mamá.

Naja, auf jeden Fall hat die Polizei die Suche nach Angie nach circa einem Jahr abgebrochen mit der Erklärung Angie wäre wahrscheinlich nur von Zuhause ausgerissen. Großmamá war fuchsteufelstwild. Nach Angie's Verschwinden und dem Tod meiner Mutter und meines Großvaters hielt es Großmamá nicht mehr in diesem Haus aus, mit den vielen Erinnerungen an ihre beiden Töchter und ihren Mann. Sie gab es an meinen Papá ab und zog in eine kleine Wohnung, eine halbe Stunde von hier entfernt. Angie's Zimmer aber haben wir unberührt gelassen. Es ist immer noch alles so, wie Angie es verlassen hat. Als würde sie jeden Moment herein spaziert kommen. Mamá's Sachen hingegen haben wir in ein kleines Dachzimmer gebracht. Ihr Zimmer habe ich nun. Ich glaube sie haben Angie's Zimmer so gelassen, weil sie immer noch die Hoffnung haben, dass sie gefunden wird. Mamá's Tod aber ist gewiss.

Stutzig geworden stelle ich meine Tasche ab und öffne vorsichtig die Tür. Kerzenlicht erhellt das dunkle Zimmer. Meine Augen müssen sich kurz an das Dunkle gewöhnen aber dann sehe ich es: alle haben sich hier versammelt. Gleich neben der Tür stehen Olga und Ramallo. Olga hat den Kopf auf seine Schulter gelegt und schnieft leise. Komischerweise erinnert Ramallo sie nicht an den „persönlichen Sicherheitsabstand", sondern scheint es sogar zu genießen. Weiter hinten im Raum sehe ich Papá und Großmamá mit dem Rücken zu mir stehen.

Angst wird nicht siegen - Angie StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt