Tagebuch

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Vilu POV:

Angélica kommt auf mich zu und streckt mir ihre Hand entgegen: „Komm mit, Vilu...ich muss dir was zeigen."Sie klingt nervös und ihre Hand zittert ein wenig. „Okay...",antworte ich unsicher und folge Großmamá. Sie bleibt vor der Komode neben der Treppe stehen und kramt in ihrer Handtasche, welche sie darauf abgestellt hat. Ein viereckiges Päckchen, eingepackt in einfaches Geschenkpapier, kommt zum Vorschein. Sie verbirgt es unter ihrer Jacke und steigt die Treppe hinauf und steuert zu meiner Verwunderung direkt auf Angie's Zimmer zu. 

Wir betreten das Zimmer.„Schließ die Tür hinter dir, ja?", sagt sie und ich befolge ihre Anweisung. Großmamá zündet die Kerze auf dem Tisch wieder an und kommt auf mich zu. 

„Also Vilu...", sie zieht das Päckchen hervor und reicht es mir. Zögernd nehme ich es ihr ab. Es fühlt sich an wie ein Buch. „Was...was ist das, ich meine wofür?Warum?", stottere ich aber sie lächelt mich nur an: „Pack es aus." Vorsichtig packe ich es aus. Ich hatte Recht. 

Ein, in Jeansstoff eingebundenes, Buch kommt zum Vorschein. Es hat ein kleines silbernes Schloss und auf der Vorderseite ist ein Wort...nein...ein Name gestickt worden. Als ich ihn lese habe ich das Gefühl mein Herz würde aussetzen: Àngeles.

 Angie...ihr Tagebuch...das kann doch nicht sein...

Diese Wortfetzen schwirren mir durch den Kopf und lassen mein Herz rasen. Ich lasse mich auf dem Bett nieder, bevor meine Beine unter mir zusammen brechen. 

Großmamá setzt sich neben mich: „Alles klar? Geht es dir gut, Vilu?" Ich nicke und blicke sie fragend an: „Das ist Angie's Tagebuch, nicht wahr?" Sie nickt und ergreift das Wort: „Ich habe es nachdem die Polizei es beschlagnahmt hat..."

 Ich unterbreche sie: „Was soll das heißen? Hat die Polizei ihr Tagebuch gelesen?" 

"Ja, das hat sie. Sie haben nach Spuren gesucht für ihr Verschwinden. Und...wegen der ständigen Streiterreien zwischen Angie und mir, haben sie den Schluss gezogen, dass sie einfach nur abgehauen ist." Sie schnaubt empört, redet dann aber weiter und ich wage nicht sie zu unterbrechen: „Sie ist gerade in die Pubertät gekommen und es war halt normal. An dem Tag an dem sie verschwunden ist haben wir uns heftig gestritten. Nur wegen einer Kleinigkeit, nichts weltbewegendes. Dann ist sie einfach raus gerannt...und nicht mehr zurück gekehrt. Ich hatte nicht mal eine Chance mich bei ihr zu entschuldigen. Es ist alles meine Schuld" Das letzte geht in einem Schluchzen unter und ich schlinge rasch die Arme um sie um sie zutrösten. „Es ist nicht deine Schuld, das konnte doch keiner wissen. Wenn es nicht dann passiert wäre, dann wäre es wann anders passiert." 

Wir lösen uns voneinander. „Danke.", flüstert sie leise, fängt sich dann aber wieder, „Gut, auf jeden Fall habe ich das Tagebuch an mich genommen und es aufbewahrt." „Und hast du es gelesen?", stelle ich die Frage , die mir schon die ganze Zeit im Kopf herum schwirrt. Eine leichte Röte überzieht ihre Wangen und sie senkt den Blick: „Ja, ich habe einen Teil gelesen. Aber nicht alles. Nur das Ende. Weil...weil ich wollte wissen wie sie...was sie gedacht hat, wenn wir uns gestritten haben. Ich wollte sie verstehen.Aber ich denke mal jetzt ist der Zeitpunkt gekommen an dem ich es dir geben kann. Schließlich hast du ja auch das Tagebuch von Maria gelesen und Angie wäre bestimmt froh, dass du es bekommen hast." 

Ich streiche über den Einband, dann blicke ich auf: „Der Schlüssel? Es muss doch einen Schlüssel geben." Großmamá beginnt an ihrer Kette zu nesteln und erst jetzt bemerke ich den kleinen silbernen Schlüssel an ihrer Kette. Während sie mit der Kette kämpft spricht sie weiter: „Sie hat angefangen darin zuschreiben als sie 10 Jahre alt war." Endlich gleitet der Schlüssel von der Kette und sie reicht ihn mir. Ehrfürchtig nehme ich ihn entgegen. „Danke! Danke, für all das!", ich falle ihr um den Hals. Sie drückt mich an sich und gibt mir einen Kuss auf die Wange.„Ich habe dich lieb, aber ich muss jetzt los! Tschau!", mit diesen Worten verabschiedet sie sich und lässt mich allein zurück.

Gedankenverloren streiche ich über das Buch. Dann nehme ich den Schlüssel und beginne es aufzuschließen.Es knackt kurz, so als wäre das Schloss eingerostet, dann springt es auf. Ich lege das Buch beiseite und nehme meine Kette ab, an der bereits der Schlüssel zu meinem Tagebuch hängt, und hänge den Schlüssel dazu.

Ich beschließe es mir zum Lesen im Sessel gleich neben dem Bett gemütlich zu machen. Da die Nachttischlampe nicht mehr funktioniert, nehme ich die Kerze vom Tisch und stelle sie auf den Nachttisch. Schnell schnappe ich mir das Tagebuch, lasse mich im Sessel nieder und schlage das Buch auf.

 Auf der ersten Seite steht in einem kleinem Kasten „Dieses Buch gehört" und darunter in einer geschwungener Handschrift der Name Angie. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und wird noch breiter als ich die nächste Seite aufschlage. Ich beginne zu lesen:

Liebes Tagebuch!

Ich bin so froh, dass ich dich jetzt habe. Endlich kann ich mit jemanden meine Gedanken und Sorgen teilen. Endlich jemand der mir zuhört, ich weiß,das klingt kitschig, aber so ist es. Obwohl ich meine Familie liebe und sie mir auch oft versichern, dass sie mich genauso lieben, habe ich oft das Gefühl allein zu sein und nicht geliebt zu werden.

Meine ältere Schwester Maria ist eine berühmte Sängerin und alle Welt liegt ihr zu Füßen. Ich liebe und bewundere sie auch, aber in ihrer Nähe komme ich mir immer so klein und unscheinbar vor. Mamá und vor allem Papá kümmern sich nur noch um ihre Karriere. Maria's Ehemann Germán ist ein richtiger Kotzbrocken. So ein arroganter Idiot der sich nur um Maria und um seine Tochter Violetta kümmert und Maria's Familie ist ihm egal. Mich bemerkt er nicht mal.

Ich halte inne. Was hat sie da geschrieben? „Maria's Ehemann Germán ist ein richtiger Kotzbrocken. So ein arroganter Idiot..." Diese Worte hallen in meinem Kopf wieder. Ich wusste nicht, dass sie ihn nicht leiden konnte. Rasch lese ich weiter, aber es kommt nichts weiter interessantes. Nur lauter Mädchenkram wie zum Beispiel Jungs, Streit mit Freundinnen und immer wieder tauchen Streitsituationen zwischen ihren Eltern und ihr auf. Aber keine weiteren Beleidigungen über Papá. Aber ein anderer Abschnitt lässt mich aufhorchen:

Violetta ist ein wahrer Schatz. Sie ist so niedlich. Ich habe das Gefühl,dass sie, obwohl sie noch so klein ist, die Einzige ist die mich versteht und mich wirklich liebt. Letztens war ich mal wieder traurig und sie kam zu mir und hat mich getröstet.Als wäre es selbstverständlich hat sie mich umarmt und meine Tränen weggewischt. Ich habe sie so lieb und würde alles tun um sie zu beschützen...

Tränen laufen mir über die Wangen und tropfen hinab. Sie hat mich so geliebt...nein...sie liebt mich noch...sie ist ja nicht tot...oder doch? Ich schluchze auf.

Plötzlich klopft jemand. Ich schrecke hoch.

„Vilu? Violetta, wo bist du?"

Sooo...hier das 3. Kapitel...

Und vielen,  vielen Dank an die fleißigen Kommentar-Schreiber der letzten  beiden Kapitel!♥

Von nun an werde ich versuchen jeden Samstag oder Sonntag zu updaten!♥♥♥

Angst wird nicht siegen - Angie StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt