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Angst hatte ich.
Ich war in diesem großen Haus die vielen Treppen hinter dem Mann mit den braunen Augen her gelaufen.
Die Frau in seiner Wohnung hatte ihn angeschrien.
Mich hatte sie nicht bemerkt, jedenfalls hatte sie mich nicht beachtet.
Vorsichtig schnuppernd trat ich in die Wohnung ein.
Ein köstlicher Duft strömte plötzlich durch den Raum, als die Frau wiederkam.
"Ich hab Nudelauflauf...", sie brach ab und starrte mich an. Dann den Mann.
"Mirko? Wa-was ist das?", fragte sie ihn mit zittriger Stimme.
"Äh...", stotterte der Mann. "Das ist mein neuer kleiner Freund."
"Was?"
"Ich... Ich hab ihn gefunden. In der Stadt. Er war ganz einsam."
"Mirko!", sagte sie drohend mit lang gezogenem O.
"Es ist kalt draußen und er lag im Regen."
"Das sehe ich", sagte die Frau und hielt sich die Nase zu. "Und das riecht man auch. Pfui, nasse Hunde sind so widerlich!"
"Aber er ist bestimmt froh, wenn er die Nacht hier verbringen kann und wir morgen nach seinen Besitzern suchen", sagte er lächelnd, doch der Vorschlag schien der Frau nicht zu gefallen.
"Er bleibt nicht hier, Mirko, nein! Das kannst du vergessen!", blieb sie hart.
"Anne, bitte!", der Mann schaute sie bettelnd aus seinen braunen Augen an.
"Nein. Und nenn mich nicht so, das tut nur mein Vater", damit verließ sie den Flur wieder.
Ich schaute verwirrt zu dem Mann hoch und legte den Kopf schief.
"Was machen wir denn jetzt, Kleiner?", fragte er mich und bückte sich. Er wirkte ernsthaft hin- und hergerissen.
"Lass mal sehen... Ein Halsband trägst du ja..."
Er fummelte an meinem Halsband herum und beugte sich über mich.
"Hm... Kein Schild... Kein Name... Nur ein rotes Halsband...", murmelte er. "Na, ich mach dich jetzt erst mal trocken", beschloss er.
Er hob mich hoch und trug mich leise an der Küchentür, hinter der die Frau verschwunden war, vorbeischleichend in ein Badezimmer.
Ich lehnte mich gegen seine Schulter und spürte die Wärme seines Körpers.
Zufrieden kuschelte ich mich in seine Halsbeuge.
"Hey, du!", lachte er. "Kuscheln können wir später! Erstmal muss ich dich abtrocknen."
Er setzte mich ab, nahm ein Handtuch und strich mir den Regen aus dem Fell.
Ich leckte seine Unterarme ab, dankbar, dass er sich um mich kümmerte.
"Mirko?", da war wieder diese nervige, hohe Stimme. "Was machst du im Bad?"
Der Mann schaute erschrocken zur Tür.
"Ich...", stammelte er. "Ich kümmere mich um den Kleinen."
Die Tür wurde aufgerissen.
Der Blick der Frau fiel auf den Mann mit dem mittlerweile schmutzigen Handtuch in den Händen, auf den Duschvorleger auf dem ich mit meinen nassen Pfoten Abdrücke hinterlassen hatte und auf mich, weil ich mich jetzt langsam immer weiter zurück schob, um mich zu verkriechen.
"Mirko, ich will nicht, dass dieser Köter mein Bad ruiniert, das ist dir klar, oder?", schimpfte sie. "Er hat alles dreckig gemacht!"
"Aber er muss sauber gemacht werden", hielt der Mann dagegen. "Und wofür haben wir eine Waschmaschine?"
"Das ist aber nicht deine Aufgabe ihn zu säubern", gab sie spitz zurück.
"Aber vielleicht ist es niemandes Aufgabe. Er braucht jemanden, der sich um ihn kümmert", gab er zu bedenken.
"Oho! Aber das wirst sicher nicht du sein!", sagte sie drohend.
"Aber er ist so klein und lieb - er stört doch garnicht!"
"Dich vielleicht nicht. Meinetwegen kann er für eine Nacht auf dem Balkon schlafen. Ein altes Handtuch würde ich auch opfern", bot sie an.
Der Mann stand auf und sagte nun zornig: "Annemarie! Das ist ein Welpe - ein Baby! Wie kannst du so herzlos sein? Er lag auf der Straße. Ich wette, sein Besitzer hat ihn ausgesetzt, weil er ihn nicht mehr haben wollte und du quatierst ihn auf dem Balkon ein?!"
Er bedachte mich mit einem liebevollen Blick und sie mit einem abfälligen.
Ich zog den Kopf ein und ließ die Ohren hängen.
"Ich will ihn aber auch nicht", sagte sie trotzig. "Und von einquatieren redet niemand, nur von übernachten!"
"Tja, Annemarie, dann willst du mich wohl auch nicht. Du unterstützt mich NIE!", zornig funkelte er die Frau an.
"Wenn du dich für den Retter der Welt hälst, richtig", erklärte sie trotzig.
"Nein, das verstehst du falsch. Im Moment halte ich mich nur für den Retter des Hundes. Vielleicht gehört er ja jemandem und ist nur ausgebüxt! Aber auch wenn nicht, werde ich den Teufel tun und ihn wieder aussetzen!", er war richtig laut geworden.
Sie starrte ihn erstaunt und gleichseitig böse an.
"Ach so?", keifte sie. "Na dann kannst du ja gehen! Vielleicht nehmen sie euch ja beide im Tierheim auf!"
"Du schmeißt mich raus?", er lachte bitter. "Weil ich einmal NICHT auf dich höre?"
Sie nickte langsam und hauchte tränenerstickt: "Ja. Ja, das tue ich."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 30, 2015 ⏰

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