„Max! Du hast mich erschreckt. Was machst du denn noch
so spät hier?“ fragte ich und lief zu Max, unserem Butler.
Max und ich vertrugen uns immer gut und waren wie Bruder
und Schwester. Und das, obwohl Max ganze fünfzehn Jahre
älter war, nämlich dreißig Jahre alt. Max hatte auch selbst
zwei Kinder, für die er manchmal wegen der Arbeit sehr
wenig Zeit hatte aber er kümmerte sich trotzdem
liebevoll um seine Kinder was mich manchmal an meine
Eltern erinnerte. Sie hatten nie Zeit für mich.
„James ist doch im Urlaub? Ich vertrete ihn... sozusagen.“
James war ebenfalls unser Butler, er war fünf Jahre jünger
als Max. Auch mit James konnte ich mich gut vertragen
nur wurden wir nie Freunde oder so. Er war oft arrogant
und dachte, er wäre etwas ganz besonderes und meinte sogar,
dass er mich herum kommandieren konnte.
„Ach so. Was ist mit Lilly und Rosie?“ fragte ich. Was sagte
eigentlich Max' Familie dazu? Max ging die Treppe hinunter
und gab mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen sollte.
„Die sind bei ihrer Oma. Ich dachte, ich bleibe mal hier.
Und das war wohl gar keine so falsche Entscheidung. Was
ist denn los? Hast du wieder Alpträume? Ich habe dich
gehört...“ Ich lief in die Küche und setzte mich auf einen
der Stühle: „Ja, war wieder ein Alptraum. Max, ich halte das
nicht mehr aus.“ Wieder kamen mir die Tränen in die Augen.
„Dann musst du mit ihm reden, Evelyn. So geht das doch
gar nicht. Kläre es mit ihm., dann wird es dir besser gehen.“
Max machte und heiße Schokolade uns setzte sich neben
mich: „Du und Mason, ihr kennt euch doch schon so lange.
Sag ihm, was du für ihn empfindest. Klar, ist das schwer,
aber es ist noch schwerer das alles in sich hinein zu stopfen
und vergessen zu wollen. So wird das doch auch nicht besser.
Ich denke, dass er dir zuhören wird, wenn du mit ihm darüber
redest. Wer weiß? Vielleicht redet er auch mehr mit dir.
Weißt du, was das eigentliche Problem ist? Du und Mason,
ihr kennt euch nicht gut genug. Bei der Freundschaft
zwischen seinen und deinen Eltern ging es niemals um euch.
Es ging nur um eure Eltern. Es war ihnen doch egal, ob ihr
Freunde werdet oder nicht. Nicht nur du bist schüchtern,
Evelyn sondern auch er. Wenn ihr euch nur einmal alleine
unterhalten würdet, würdet ihr mehr über euch herausfinden.
Wer weiß? Vielleicht habt ihr ja Gemeinsamkeiten?“
Max strich mir über den Arm. Es tat mir sehr gut, zu wissen,
dass es doch noch Menschen gibt, mit denen ich mich über
meine Probleme unterhalten kann. Max' Fürsorglichkeit war
wie die eines Vaters oder eines Bruders und es tat mir sehr
gut. Es linderte meinen Schmerz, wenn ich darüber sprach.
Und Max hatte Recht: Zwar kannten Mason und ich uns
schon sehr lange, aber wir sprachen kaum ein Wort
miteinander. Nur eben das aller nötigste wie „Wie geht es dir,
was machst du so?“ aber nie entstand eine richtige, feste
Freundschaft zwischen uns. Wir waren uns immer fremd.
Daher traute ich mich nicht, ihm zu sagen, dass ich ihn
liebte. Aber es belastete mich, ihm das zu verheimlichen.
„Du hast ja Recht, Max. Aber wie soll das denn gehen?“
„Ruf ihn an. Gehe die Sache erst mal langsam an. Rede mit
ihm, versuche ihn besser kennen zu lernen.“
Das sagte sich so leicht. Mit ihm reden. Das würde ich mich
nie trauen. Max merkte es wohl auch denn er legte seine
Hand auf meinen Arm und lächelte mich aufmunternd an:
„Die Donovans kommen morgen Abend zum Abendessen.
Deine Eltern haben sie eingeladen. Das wäre doch eine
Gelegenheit, was meinst du?“ Ich nickte, das war wirklich
DIE Gelegenheit. Wenn ich erst einmal mit ihm geredet
hatte, würden die Albträume auch aufhören. Aber was ist...
wenn das Gespräch nicht so lief, wie ich es mir vorgestellt
hatte? Wenn es mir danach nur schlechter ging? Aber es
musste funktionieren...das musste es einfach.
„Du versuchst es morgen einfach. Aber jetzt solltest du besser
ins Bett gehen, Evelyn.“ Ich stand auf und lief nach oben
während Max ins Wohnzimmer ging. Eigentlich würde ich
am liebsten gar nicht mehr einschlafen. Ich hatte ein zu
große Angst vor einem Albtraum...aber es ließ sich ja nicht
verhindern, also musste ich wohl oder über wieder ins Bett
gehen. Ich öffnete die Tür zu meinem Zimmer und ging
hinein. Dort war es eiskalt. Das Fenster war offen.
Erschrocken blieb ich stehen...das Fenster war doch vorher
zu, wieso war es jetzt offen. Und wer hatte es geöffnet?!
„Hallo? Ist da jemand?“ flüsterte ich. Wenn hier jemand war,
dann war er nicht mehr da. Die Person musste die Flucht
ergriffen haben. Ich schluckte ein paar mal und lief dann
auf das Fenster zu. Die Kälte ließ mich erneut zittern und
ich versuchte etwas zu erkennen: „Hallo?“ rief ich noch
einmal aber es antwortete mir keiner. Auf dem Fensterbrett
lag ein Umschlag auf dem mein Name drauf stand. Ich
öffnete ihn und fand einen kleinen Zettel auf dem mit
großen Buchstaben: „Komm um halb sechs zum Skydome.
Wir treffen uns vor dem „Nightlife Club“ B.“
Verwirrt starrte ich den Zettel an. Warum sollte ich um halb
sechs zum Skydome gehen? Und wer war B?